Berliner Speisemeisterei • Life as a chef 👨🏻‍🍳

Mein Name ist Steffen Sinzinger (42). Ich betreibe den Blog die Berliner Speisemeisterei seit mehr als 13 Jahren und schreibe hier über alle gastronomischen Themen, welche mich begeistern. Ich bin gelernter Koch und habe den Großteil meiner beruflichen Karriere in der Berliner Gastronomie verbracht. Ich freue mich, dass Du zur Berliner Speisemeisterei gefunden hast.

Skykitchen – Hochgenuss über den Dächern Berlins

Skykitchen – Hochgenuss über den Dächern Berlins

Sascha Kurgan ist im Skykitchen kein neues Gesicht, und dennoch sorgte er mit der Übernahme der kulinarischen Geschicke für einen Kurswechsel im Sternerestaurant des Skykitchens. Wie sehr er die Speisekarte an seine eigene Handschrift angepasst hat, haben wir in einem kürzlichen Besuch, bei dem wir die Voyage Culinaire ausprobiert haben, erfahren dürfen. Ein Essbericht.

Restaurant Skykitchen

Sascha Kurgan erfindet die Küche des Skykitchen neu

In letzter Zeit habe ich vor allem Restaurants besucht, die ich schon länger auf meiner Liste hatte. Dazu gehörten das Fusion-Cuisine-Konzept Dae Mon, die emanzipierte Gemüseküche des Restaurant HORVÁTHS oder das Rutz Zollhaus. Eine bisher noch unentdeckte kulinarische Erfahrung hatte ich mit der Skykitchen im Osten der Hauptstadt noch vor mir. Dieses Sternerestaurant thront im 12. Stock des „Andel’s Hotel“ über den Dächern dieser Stadt. Es gibt wenige Restaurants im Fine-Dining-Segment, die solch einen Premium-Ausblick bieten können. Mir fällt jedenfalls kein vergleichbares ein.

Es gibt mehr als nur eine gute Aussicht zu genießen

Doch hier gibt es nicht nur einen schönen Ausblick, sondern auch Spitzengerichte zu genießen. Dafür verantwortlich zeigt sich Sascha Kurgan, der seit dem Frühjahr dieses Jahres der neue Küchenchef ist.

Restaurant Skykitchen

Für Sascha ist es eher eine Wiederkehr als ein Neustart, war er doch bereits als Souschef und stellvertretender Küchenchef in diesem Haus tätig. Der 33 Jahre junge Herdkünstler hat neben dem Skykitchen, das nun schon seit 8 Jahren mit einem Stern im Guide Michelin geführt wird, Stationen wie dem Lorenz Adlon Esszimmer und dem Vendôme vorzuweisen. Letzteres hat wohl einen besonderen Einfluss auf ihn gehabt, führt er Joachim Wissler als großes Vorbild an. Wir sind gespannt.

Elegantes, fast wohnliches Interior

Doch zuerst sind wir von dem Look & Feel des Skykitchens beeindruckt. Die Inneneinrichtung strahlt durch die eleganten, aber bequem wirkenden blauen Sitzgarnituren, die durch die farbigen Kissen aufgelockert werden, ein sehr ansprechendes Ambiente mit Wohlfühlgarantie aus. Die dunklen Holztische im Metallrahmen sind ansprechend. Die vielen ausgesuchten Dekoelemente, die auf den Regalen und den Wänden verteilt sind, geben dem lichtdurchfluteten Raum Charakter. Ganz besonders der Sandmann im Vogelkäfig, der nostalgische Erinnerungen an die Kinderzeit hochkommen lässt.

Skykitchen – das Restaurant mit den zwei Gesichtern

Wenn es Nacht wird, verwandelt sich das Restaurant in eine gänzlich andere Stimmung. Von der Skyline der Hauptstadt eingerahmt, habt ihr im Skykitchen einen einzigartigen Ausblick über die Dächer Berlins. Es gibt sogar besondere Tische direkt am Fenster, bei denen ihr beim Dinieren dem Treiben der City zuschauen könnt.

Wein

Doch kommen wir zur Hauptattraktion, dem Essen. Im Skykitchen bietet das Team um Sascha Kurgan, Barbara Merll und Sharin Polte die sogenannte Voyage Culinaire an. Das sind sechs Gänge mit oder ohne inkludierender Weinbegleitung. Natürlich gibt es auch ein vegetarisches Menü oder eine alkoholfreie Begleitung zur Auswahl. Wir entschieden uns für das Menü mit und ohne Fisch oder Fleisch.

Snack

Snacks

Vorab brachte man uns zwei kleine Snacks in Form eines Auberginen Cornettos, gefüllt mit Salzkaramell, einer Gänseleber Zartbitter Ganache und Butter Popcorn, sowie einem Rote Bete Macaron, der eine Burrata-Crème in sich trug und mit einem Rote Bete Chip mit Kräutermayonnaise dekoriert wurde. Die Gänseleber hatte neben dem Salzkaramell und dem Butter Popcorn noch genügend Raum, um sich zu entfalten. Auch die Burrata-Crème wurde inmitten des Rote Bete Baisers gut in Szene gesetzt. So begannen wir den Abend mit einem leicht süßlich-pikanten Amuse.

BIO-Ei, Blumenkohl, Speckschaum

Die erste Vorspeise hingegen versprach eher salzig zu sein. Serviert wurde uns ein in Miso gebeiztes Onsen Egg mit Blumenkohl Cous Cous, Speckbrunoise und Kräutern. Auf dem Blumenkohlchip in Blütenform sitzt etwas Schinkenschaum, während das weiche Ei knusprige Speckwürfelchen und Kräuter wie Giersch, Gundermann und Dost zieren.

Schnell wird klar, dass nach wie vor der regionale und saisonale Schlag ein wichtiges Element in der Art zu Kochen enthalten ist, jedoch es nun ein wenig internationaler auf dem Porzellan zugeht. Das Spiel zwischen den unterschiedlichen Texturen, die durch den Speckschaum, den Chip und das zähflüssige Ei erzielt werden, sorgt auf dem Teller für ein Mehr an Komplexität. Solche vielschichtigen Erlebnisse sollen uns später noch öfter ereilen. Dieser Gang macht bereits Lust auf mehr und zeigt, dass Spitzenküche nicht zwangsläufig Luxusprodukte braucht.

Onsen Egg

Austern Carpaccio, Schmand, Austernluft

Jeder, der Austern mag, wird diesen Teller lieben. Denn uns erreicht mit Gang zwei eine Prise Meer, die in Form eines Austerncarpaccios, Spitzkohlsalat und Algenöl. Für die leicht scharfe Würze sorgt der Kimtschi Sud, welcher sich mit dem Algenöl um das rund eingesetzte Austerncarpaccio legte. Kaviar und Finger Lime sorgen für noch mehr jodige Noten, während der cremige Schmand alles miteinander verbindet. Ein herrlicher, frischer Gang mit Meeresfeeling.

Austern

Kingcrab, Gyoza, Krustentier Dashi

Zu einem meiner Lieblingsgänge zählt zweifelsfrei der nächste. Der japanisch inspirierte Zwischengang kommt mit einem gefüllten Gyoza, einer gefüllten Teigtasche also, Kingcrab, gebratenen Goldäppchenpilzen und Wasabimayonnaise daher. Alles wird mit einem vollmundigen Krustentier Dashi aufgegossen, während einige Tropfen von Krustentieröl den Eigengeschmack der Königskrabbe verstärken. Alles harmoniert bei diesem Gang. Ich mag diese reduzierte Art des Anrichtens, welche zwar nicht mit wenigen Komponenten auskommt, jedoch dabei nicht zu viel will.

Zwischengang

Kartoffeltartelette, Trüffel, Maitake

Ein staunendes „Wow“ wird uns bereits beim Anblick des Maitake-Gangs entlockt. Sascha weiß wirklich, wie Gerichte visuell in Szene gesetzt werden. Die natürliche Schönheit des Maitake Pilzes bleibt nahezu unangetastet. Daneben setzt er ein knuspriges Kartoffeltartelette, das mit einem Pilztatar gefüllt ist. Darauf gibt er dünn gehobelte Scheiben vom edelsten aller Pilze – dem Trüffel. Eine Kräuter- und Merrettichcreme lockern ein wenig die Umami-Overdose auf, die durch den Topinambursud noch komplettiert wird. Hier stimmt einfach alles. Sascha gibt spürbar mit jedem weiteren Gang mehr Gas. Auch der Mut, zu empfindlichen Zutaten wie Trüffel mit Meerrettich aufzuwarten, wird belohnt. Grandios.

Maitake

Rehrücken, Pfefferkirsche, Pfifferlinge

Nach diesem Pilzgang des Jahres haben wir uns wieder ein wenig beruhigt. Es wird Zeit für den Hauptgang. Die Herbst- und Winterzeit ist klassischerweise Wildzeit. Ein auf den Punkt gebratenes Stück Rehrücken richtet Sascha neben einer zart geschmorten Rehschulter an. Dessen Jus, die zum Glasieren der Schulter genutzt worden ist, benötigt in der Herstellung drei Tage und ist zudem aufgrund der Zutaten enorm kostspielig. Der Geschmack überzeugt vollkommen. Die samtige, kraftvolle Jus hat Körper und zeigt, wie Jus auf Champions League Niveau sich doch von „gewöhnlicher Bratensauce“ unterscheidet.


Für diese Premium Zutaten braucht es keine weitere Ablenkung als Beilage. So überzeugt Sascha mit dem Einsatz einer samtigen Selleriecreme samt karamellisierten Chip, gebratenen Pfifferlingen, süßem Holundergel und einer rehydrierten Pfefferkirsche samt einglegter Kirschblüte. Die Pfefferkirsche wird zuerst getrocknet, bevor sie dann später und unter Einsatz von N2O in einer Espumaflasche mit aromatisierter Flüssigkeit wieder hydriert wird.

Alles fügt sich bei diesem Hauptgang harmonisch zusammen. Dieser Gang besticht simpel und einfach durch Perfektion. Dieser Teller und vor allen Dingen die Jus sind zum Niederknien.

Joghurt, Verveine, Shiso

„Was soll jetzt eigentlich noch kommen“, fragen wir uns, als das Dessert eingesetzt wird. Uns erreicht ein Joghurt Mousse, das Verveine Maltosteine in sich trägt. Darauf gibt Sascha eine Nocke knallrotes Shisosorbet, auf dem Shisoschaum dressiert ist und eine dünne Baiserplatte mit Verveine liegt.

Dessert

Dieser kleine Turm ist umgeben von einem Verveine-Birkensud mit Verveine Öl und Tupfern von Shisogel. Wir sind entzückt von dieser nicht nur optischen Meisterleistung.

Petits fours & Fazit der Skykitchen

Bei den Petits fours in Form eines Kaffee Cornettos mit Kaffee Ganache und Pâte feuilletine sowie dem Schokoladenkeks mit Kokos Panna Cotta und Yuzugelée ziehen wir Resümee. Wir hätten den Besuch nicht so lange aufschieben dürfen. Denn Sascha hat jegliche Aufmerksamkeit verdient. Man kann sehr gut die kulinarische Verbundenheit zu Joachim Wisslers Art zu Kochen erkennen, wenngleich es natürlich nun die Aufgabe ist, eine eigene Handschrift zu kreieren.

Petit Fours

Sascha hat Gang für Gang die Spannung erhöht und immer mehr kulinarische Handwerkskunst gezeigt. Es ist offensichtlich, dass er Gerichte mit Sud oder aufgegossenen Fonds mag. Klassische, kalte Vorspeisen haben wir hingegen nicht erblickt. Wir sind gespannt, wie sich Sascha in den kommenden Monaten mit seinem Ansatz ein Standing erarbeiten wird und sind sicher, dass er das Zeug dazu hat, ein richtig Großer seiner Zunft zu werden.

Für Berlin ist er jedenfalls eine große Bereicherung. Wir kommen gerne wieder.

Funfacts zum Skykitchen

Restaurant:Skykitchen
Küchenchef/-in:Sascha Kurgan
Auszeichnungen:✱ 1 Stern im Guide Michelin
3 Hauben Gault Millau
7 Gusto Pfannen
FF+ Feinschmecker
XXX+ Schlemmer Atlas „Spoons“
90-92 Falstaff „Fork“
HHH+ Großer Guide
Adresse:Landsberger Allee 106, 10369 Berlin
Kontakt:+49 30 453 053 2620 | restaurant@skykitchen.berlin
Datum des Besuchs:Oktober 2023

Steffen Sinzinger

Steffen Sinzinger, Jahrgang 1980, ist ein in Berlin lebender Küchenchef und seit nun mehr als 14 Jahren ein passionierter Foodblogger. In der deutschsprachigen Bloggerszene ist er ein fester Bestandteil und spricht mit seinen breitgefächerten Themen sowohl die professionellen Köche als auch die am heimischen Herd kochende Fraktion an.

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