Die eigene Freiheit und die persönliche Entfaltung ist ein hohes Gut. Es wird uns gerade aus gutem Grund weggenommen. Wie wir damit umgehen und was das eigentlich genau für uns bedeutet, bekommt jeder gerade scheibchenweise zu spüren. Ich möchte heute aus gegebenen Anlass einen Artikel „off topic“ teilen, weil das Thema nicht nur im kulinarischen Sinne uns nachhaltig tief prägen wird. Der Umgang mit dem Corona Virus ist absolut notwendig. Doch nicht weniger wichtig ist die Aufarbeitung hinterher und die daraus resultierende Verantwortung der Gesellschaft, Druck auf die Politiker auszuüben.
Der Corona Virus und die Konsequenzen
Uns hat es alle wie die Faust ins Gesicht getroffen. Der Umstand, dass wir quasi von heute auf morgen mit Umständen leben müssen, die wir bis vor kurzem noch nicht einmal erahnten. Zuerst kam die Ungewissheit in recht langsamen Schritten. Die ersten Warnungen aus China wurden aus der Ferne betrachtet, keiner konnte sich vorstellen, dass es einen Impact in Deutschland oder Europa geben würde. Es wurden Witze darüber gemacht, wie schnell doch die Chinesen seien, einen riesigen Krankenhauskomplex aufzubauen, während wir doch mit dem Flughafen BER zu kämpfen haben.
Das war so lange lustig, bis bei uns die ersten wirklich spürbaren Auswirkungen nahten. Wirklich ernst genommen hat man den Corona Virus durch die Stornierungen der ersten großen Messen im Ausland. Die Gastronomen schielten dabei schon leicht skeptisch auf die nationalen Events wie die Internationale Tourismusbörse oder die Fachmesse für Gastronomen namens Internorga in Hamburg. Als dann kurz vor knapp die ITB gecancelt wurde, war es dann zum ersten Mal richtig Realität geworden. Es war in konkreten Zahlen messbar und traf alle Beteiligten direkt ins Mark. Sofort ging die Angst herum. Jeder fragte sich, was nun aus den weiteren noch anstehenden Messen würde?
Gestresste Köche sind keine guten Ratgeber
Die ersten Gastronomen reagierten dünnhäutig. Versuchten mit kruden Theorien die Problematik wegzuwischen und forderten zügig Normalität ein. Zeigten in offenen Foren auf Facebook, wie stark sie das Ausmaß entweder nicht begriffen oder unterschätzten. Natürlich liefen die Theorien darüber, wie schlimm die Lage doch eigentlich sei, weit auseinander. Das tun sie noch heute. Doch mehr und mehr weichen sie der Gewissheit, dass wir es alle nicht nur ein Stück weit unterschätzt haben, sondern vor allen Dingen zu viel den wirtschaftliche Interessen hinten angestellt haben.
Wir bezahlen die Zeche nun mit der Wegnahme von unserer Freiheit. Das trifft die Gastronomen und vor allen Dingen dessen Kunden. All das, was für uns bisher selbstverständlich war, wird in der kommenden Zeit Luxus sein. Es wird in Zukunft erst wieder eingefordert werden müssen. Nämlich dann, wenn die Krise überstanden ist.
Die Zukunft nach dem Corona Virus in vier Szenarien
In einem sehr interessanten Podcast namens „Treffpunkt Zukunft“ wurden vier mögliche Szenarien über die Zeit nach der Krise erläutert. Sicherlich besetzen die Autoren dabei nicht den Standpunkt, dass das Beschriebene ganz sicher so eintreffen wird, dennoch sind diese Versionen sehr glaubhaft und nachvollziehbar.
In zwei positiven als auch zwei negativen Verläufen wird schnell klar, dass uns in jedem Fall eine Abkapselung vom Rest der Welt erfahren wird. Die Pandemie wird dafür sorgen, dass wir anders als bisher, leben und wirtschaften werden.
Nationalistische Strömungen werden sich verstärken und der Widerstand dessen, Aufgabe sein, um zurück zu den gewohnten Freiheiten zu gelangen. Wer weiterhin reisen will, muss vermutlich vorab ein Visum beantragen und lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Die Staatenabkommen würden eher dadurch definiert, dass untereinander nur die nötigsten Handelsabkommen geschlossen werden und darüber hinaus eher Protektionismus herrscht. Wir definieren uns aufgrund des gewachsenen Sicherheitsdenkens wieder mehr über die eigene Nation.
Es ist denkbar, dass künstliche Verknappung dafür sorgt, dass wir längst nicht mehr so einfach an die Importgüter aus fernen Ländern herankommen. Denken wir dabei an Avocados, Mangos, Gewürze, Fleisch- & Fischprodukte und so weiter. Die regionale Verarbeitung von Produkten aus dem unmittelbaren Umland würde wieder mehr in den Vordergrund gerückt werden.
Die Kartoffel ist die neue Avocado
Die Kartoffel wäre somit das Trend- Lebensmittel schlechthin. Was das für die Vielfalt auf dem Teller bedeutet, muss man nicht lange überdenken. Es wird hier ganz schnell einen starken und nachhaltigen Trend zu noch mehr Regionalität geben, der dazu führt, dass sicherlich zum einen lange Transportwege der Vergangenheit angehören, jedoch zum anderen der Austausch zwischen den Nationen aus Angst vor Fremdem oder Keimen abgewürgt würde. Der Import wäre somit rigide beschränkt. Der Deutsche definiert sich in einer solchen Welt wohl doch wieder eher durch Sauerkraut.
Lieferservices werden dank des Corona Virus boomen
Was wir schon jetzt merken ist, dass das Zusammensein so nicht mehr stattfinden würde, wie wir es bisher kannten. Aus Angst, so etwas könnte jederzeit wieder eskalieren, wird man öffentliche Orte meiden. Cafés oder Restaurants werden stark ausgedünnt und der heimische Esstisch der neue „Place to be“. Dabei spielen Lieferdienste längst keine untergeordnete Rolle mehr, sondern geben den Ton an. Vorausgesetzt sie entsprechen den absolut hohen hygienischen Standards und bieten regionales Essen an. Denn ein Corona Virus soll keinesfalls mehr auftreten.
Bargeld wird viel schneller verschwinden
Dabei wird das Bargeld seinen Rückzug viel schneller antreten als ursprünglich gedacht. Denn bargeldloses Bezahlen, macht eine Übertragung von Keimen noch unwahrscheinlicher. Außerdem gibt der Staat dies vermutlich verstärkt vor, um noch mehr gegen Steuerhinterziehung zu unternehmen. Was das im Umkehrschluss wieder für uns bedeutet, habe ich bereits früher hier für Euch skizziert. Man muss sich darüber im klaren sein, dass jeder digital erfasste Erwerb in Zukunft vielleicht zu rechtfertigen ist. Sicher kann man sich darüber nicht sein.
Egoismus à la Trump ist die Regel
Was aber ganz klar in Zukunft vermehrt auftreten wird, ist der Egoismus in der Gemeinschaft. Just in den Zeiten, wo mehr und mehr die Bürger durch die Regierung zum Schutz vor dem Corona Virus in die eigenen Wohnungen verbannt wurde, hat man vermehrt sehen können, wie Panik um sich griff. Hamstereinkäufe führten zu abstrusen Situationen in Märkten. Nicht nachvollziehbare Entgleisungen bei Gütern wie Toilettenpapier, was rational nicht erklärbar ist, waren an der Tagesordnung.
Big Data wird uns wohl am meisten einschränken
Gerade der Umgang mit den Daten, welche wir freiwillig über Smart Devices sammeln, wird verstärkt den Staat interessieren. Ziel ist es, in Zukunft derartige Pandemien oder Katastrophen frühzeitig zu erkennen und abzuwehren. Dafür könnten Gesetze verschärft oder entsprechend gelockert werden, um auch hier die Persönlichkeitsrechte bzw. den Datenschutz abzugraben. Das hatten wir bereits bei 9/11 gesehen und wird uns hier nur in einer sehr schärferen Form ereilen können.
Die eigene Smart Watch würde dem Staat somit als Frühwarnsystem dienen, um Tendenzen oder Strömungen im Volk ausmachen zu können. Die staatliche Überwachung würde zunehmen und eventuell dazu führen, dass man versucht, vorausschauend bereits berechnetes Fehlverhalten zu korrigieren. Die Bereitschaft der Allgemeinheit, sich dem auszusetzen ist momentan oder unmittelbar nach der Krise enorm hoch. Man wird sich dagegen wehren müssen.
Der Bürger ist gefordert – Ein jeder ist in der Pflicht
Somit dürfte das Ziel nun sein, dass ein jeder nach der Krise sich dafür stark macht, dass die Schlagbäume wieder geöffnet, die Schranken abgebaut und Freiheiten wieder zurückgegeben werden. Das wird nicht überall freiwillig passieren. Hier geht es nicht darum, wirtschaftliche Interessen sondern viel mehr die altbekannten Grundrechte einzufordern.
Die Freiheit, sich dorthin zu bewegen, wie einem gerade ist. Das ist richtig und wichtig. Das Recht, über seine eigenen Daten Herr zu sein und das Selbstbestimmungsrecht nicht abzugeben, was mit dieser wohl wertvollsten Währung weltweit geschehen soll. Natürlich obliegt es einem jeden, ob er sich in Zukunft regional ernähren möchte oder nicht. Doch sollte das jeder für sich entscheiden und nicht durch den Staat gelenkt sein.
Deutschland steht still – was kommt danach?
Große Städte laufen nach dem Corona Virus Gefahr, mehr und mehr zu vereinsamen, wenn durch Landflucht und der Stigmatisierung von Cafés und Restaurants vielleicht die Vielfalt, für die beispielsweise Berlin so bekannt und beliebt ist, genommen wird. Ich bin ein großer Fan von Diversität.
Ich liebe es, heute in Berlin indisch und morgen eben italienisch essen gehen zu können und möchte das auch nicht missen wollen, weil durch nationalistische Strömungen die Angst geschürt wird, genau das könnte der Unheilsbringer sein. Die Gefahr ist groß, dass es genauso kommt. Insofern sind nicht nur die Gastronomen sondern eben alle gefordert, sich dem direkt nach der Krise entgegenzusetzen und in einer lebhaften Debatte darüber zu streiten, warum wir eben nicht mehr die heute absolut berechtigten Reglementierungen nach der überstandenen Krise brauchen.
Ich habe am letzten Wochenende die Berliner Stadtmitte besucht und war erschrocken, wie depressiv die Stimmung in den leeren Straßen Berlins doch ist. Bilder davon habe ich in diesem Beitrag abgelegt. Dieses Gefühl muss nun für einige Zeit so sein, darf sich jedoch nur temporär in dieser als auch anderen Städten ausbreiten.
Eine mutige und zutreffende Analyse.
Wenn man diese Standpunkte derzeit offen vertritt, kann man schnell zum Opfer eines pöbelnden Mob werden. Um so wichtiger und richtiger ist diese Angelegenheit. „We want our Freedom back!“
Lieber Herr Hartmann,
Wir werden sehen, wo für uns die Reise hingeht. Wir müssen uns ganz sicher von den vergangenen Zeiten verabschieden. Wir werden die Gastronomie nicht mehr vorfinden, wie wir sie heute dem Rücken kehren. Sie wird sich nachhaltig verändern. Das benötigt viele neue, kreative Konzepte, die es auch geben wird. Ich hoffe darauf, dass jeder, der sich den Umständen neu anpassen muss, es schaffen wird, sich anzupassen. Ganz egal, welchem Alter sie oder er angehört. Es muss später unsere Aufgabe sein, alles möglich zu machen, so dass jeder mitgenommen wird.