Wenn es bei den Italienern ums Essen geht, muss man prinzipiell Vorsicht walten lassen. Wir Deutschen handhaben so viele Dinge falsch, welche in Italien vermutlich sofort die Mafie oder Camorra auf den Plan rufen würden. Viele Heiligtümer aus diesem mitteleuropäischen Raum darf man einfach nicht verändern, will man keinen Stress mit ihnen haben. Mir ist das heute einmal schnurz. Ich wage mich an einen Klassiker, der Spaghetti alle vongole, einem Klassiker aus deren Küstenregion. Ich breche mit wenigstens einer dieser Todsünden.
Italien – das Mekka für Gourmets in Europa
Jeder kennt die Italiener als ein sehr temperamentvolles Volk. Diese Grundeinstellung ist quasi deren Stigmata, ihr Element. Die Italiener sind unheimlich offen. Kommt man mit ihnen ins Gespräch, erfährt man das sofort. Ein Leben ohne Kommunikation stellt man sich in Italien nicht vor. Bei jeder Gelegenheit wird das zwanglose Gespräch geführt. Der Tag beginnt mit einer Tasse starken Kaffee und endet in der Regel mit einem Glas Wein in vertrauter Gesellschaft. Die Begrüßung ist immer herzlich, bei Bekannten, Verwandten und Freunden küsst man sich schon fast obligatorisch zweimal auf die Wangen.
Der Italiener macht gerne „piano“
Der Tagesablauf ist recht frei. Der Italiener mag es nicht, morgens gestresst in den Tag zu starten. Man kommt eher langsam in die Gänge. So genießt man den Morgenkaffee nicht auf der Flucht sondern in Ruhe. Nachmittags gibt es eine dreistündige Siesta. In dieser wird mit der Familie oder Freunden zu mittag gegessen und Zeit miteinander verbracht. Eben dieses Zusammensein bei den Mahlzeiten ist ein wichtiger Aspekt, wohingegen Fast Food zum Beispiel absolut nebensächlich oder eher schon ein Widerspruch zur Kultur der Italiener ist. Man möchte sein Essen genießen, um jeden Preis.
In Italien herrscht ein entspannter Lebensrhythmus. Darum ißt man hierzulande vermutlich auch eher spät, nämlich nicht selten erst um 20 Uhr. Der anschliessende Spaziergang, die passeggiata, ist gar eine nationale Tradition, bei der man den Arbeitstag abschließen kann.
Einzig und alleine beim Essen bekommt man schnell das Drama und Temperament der Italiener zu spüren.
Italiens Po-Ebene ist der Ursprung vieler Spitzenprodukte
Italien ist ein Mekka für Foodies, gerade wenn es zum Beispiel um die Produkte aus der Po-Ebene geht. Dort kann man unheimlich viele Dinge genießen, welche man vergebens im Rest Europas suchen wird. Es ist ein Schlaraffenland für Genießer.Die Rede ist vom Parmigiano Reggiano, dem Prosciutto die Parma, der Culatello di Ziebello (Salumi), Polenta und dem wohl in Deutschland auch sehr bekannten Balsamicoessig “Aceto Balsamico tradizionale di Modena”.
Aber auch die Gegenden südlich von dieser Region sind bekannt für ihre Lebensmittel. Denn Süditalien ist ein Land des Gemüses. Dort findet man Artischocken, Brokkoli, Mangold, Lattich, Salate, Fenchel, rote Zwiebeln und vor allen Dingen Tomaten. Der Italiener liebt es, dieses Nachtschattengewächs für seine Nationalgerichte zu nutzen. Tomate gibt es zu Pizza, zur Pasta, Fisch wie Fleisch und logischerweise zum Salat. Sie serviert der Landsmann in eingelegter, gegrillter, getrockneter, gebackener oder auch gefüllter Form, wenn er sie denn nicht einfach nur pur anrichtet.
Der Süden Italiens ist voller Vielfalt
Überhaupt ist der Süden Italiens vor allen Dingen bekannt für die Pasta. Denn von dort kommt der Grundpfeiler für eben diese Küche – der Hartweizen für das Pastamehl. Dessen Heimat, Apulien, liegt dort. Deren berühmtesten Hartweizenkreationen sind die spaghetti und maccheroni.
Eben solche Spaghetti nehmen die Italiener aus der Küstenregion für ihre „Spaghetti alle vongole“, was zu deutsch ganz simpel „Spaghetti mit Venusmuscheln“ heißt. Ursprünglich werden für die Zubereitung die Venusmuscheln zusammen mit Weißwein, Olivenöl, Knoblauch, Petersilie und manchmal auch Tomaten gekocht, bis sie sich zu öffnen beginnen. Zu den fertigen Muscheln reicht man al dente gekochte Spaghetti. Wer jemals am Sandstrand von Italien spazieren war, wird mit Sicherheit auf solche Venusmuscheln getreten sein. Man findet sie dort zuhauf.
Es folgt der Bruch mit einem Klassiker – Spaghetti alle Vongole mal neu
Ich habe aber nun ganz bewusst gegen eine dieser Todsünden verstoßen und diesen italienischen Klassiker neu interpretiert. Geblieben sind die Spaghetti alle Vongole mit Muscheln, welche ich nicht angefasst habe, der Rest wurde gänzlich neu angegangen. So wurden die frischen Tomaten getrocknet und Parmesan als Sud zusammen mit Petersilie und als Späne auf der Pasta angerichtet.
Im Großen und Ganzen für mich keine großen Veränderungen. Für einen wahrhaftigen Italiener dürfte das wohl mehr als eine Grenzüberschreitung sein. Ich hoffe dennoch darauf, dass nun die diplomatischen Beziehungen nicht abreißen, gerade nachdem ich kürzlich Bozen als einen wundervollen Ort in Italien kennengelernt habe.
Die 15 Todsünden im Umgang mit italienischer Küche
Sünde 1: Ananas gehört nicht auf Pizza. |
Sünde 2: Man ißt Spaghetti nicht mit Hilfe eines Löffels. |
Sünde 3: Pasta mit Meeresfrüchten serviert man nicht mit Parmesan. |
Sünde 4: Spaghetti alla Carbonara wird mit Guanciale, Eiern, und Pecorino zubereitet. Jedoch nicht mit Sahne, Parmesan oder Pancetta und ganz sicher kommt kein durchwachsener Speck hinein. |
Sünde 5: Falls ich es noch nicht erwähnt habe, Ananas gehört nicht auf eine Pizza! Ananas gehört nicht auf die Pizza! |
Sünde 6: Cappuccino trinkt man zum Frühstück. Trinke niemals Cappuccino während des Mittag- oder Abendessens. Espresso hingegen ist bei einem Dessert absolut in Ordnung. |
Sünde 7: Schneide lange Nudeln niemals mit einem Messer! |
Sünde 8: Pasta mit Geflügel gibt es in Italien nicht. Hühnchen wird immer als eigenständiges Gericht oder als zweiter Gang nach einer Pasta serviert. |
Sünde 9: Hühnchen gehört ebenso wenig auf Pizza wie Ananas. |
Sünde 10: Mozzarella oder Burrata müssen bei Raumtemperatur genossen werden und nicht kalt. |
Sünde 11: Sauce Bolognese passt nur zu Tagliatelle! |
Sünde 12: Pizza Margherita braucht Basilikum, nicht Oregano. |
Sünde 13: Caesar Salad ist kein italienisches Gericht und hat auch nichts mit dem römischen Diktator zu tun. |
Sünde 14: Pasta oder Risotto sind immer eigenständige Gerichte. Sie werden niemals als Beilage oder als Sidedish serviert. |
Sünde 15: Falls ich es noch nicht erwähnt habe, Ananas gehört nicht auf eine Pizza! |
Ananas + Pizza = ☠️
Was passiert, wenn man gegen einer der Todsünden verstößt, kann man ganz gut an dem Video hier sehen. Hier versuchte ein Pizzabote einen Prank mit Pizza, welche er mit Ananas auslieferte, in Neapel. 😱
Spaghetti alle Vongole – Rezeptsammlung
Spaghetti alle Vongole
Zutaten
Vongole
- 1 kg Venusmuscheln
- 2 Stück Knoblauchzehen
- 1 Stück Schalotte geschält und in feine Würfel geschnitten
- 100 ml Weißwein
- 1 Spritzer Pernod
- 1 Spritzer Noilly Prat
- Salz
- Pfeffer
- Olivenöl
Getrockneten Tomaten
- 200 g Kirschtomaten am Strauch
Anleitungen
Vongole
- Die Muscheln sorgfältig putzen und aussortieren. Geöffnete oder beschädigte Muscheln kommen dabei weg. Der Rest sollte in stillem, kalten Wasser für eine Stunde gewaschen werden. Danach in ein Sieb geben und abtropfen lassen
- In einem Topf bei hoher Hitze das Olivenöl zugeben und nach kurzer Zeit die Venusmuscheln anschwitzen
- Den Knoblauch anstoßen und mit den Schalottenwürfeln zugeben
- Mit dem Weißwein, Noilly Prat und Pernod ablöschen
- Mit Salz und Pfeffer abschmecken
- Unter die gekochten Spaghetti schwenken und im Teller anrichten
Spaghetti
- Alle Zutaten miteinander verkneten und für 1 Stunde ruhen lassen
- Den Teig ausrollen und zu Spaghetti schneiden
- In Salzwasser al dente kochen
- Abschütten und wieder in den Topf geben
- Die Venusmuscheln und die getrockneten Tomaten hinzufügen und mit ein wenig Butter glasieren
Getrocknete Tomaten
- Die Tomaten waschen und quer halbieren
- Die Hälften auf ein Ofenblech oder besser noch in den Dörrautomaten* geben und bei 56°C für 8 Stunden trocknen
Parmesansud
- Den Fond mit der kleingeschnittenen Parmesanrinde kalt ansetzen und langsam bei mittlerer Hitze aufkochen lassen
- In der Zwischenzeit die Petersilie waschen und die Blätter zupfen
- Den aufgekochten Sud von der Hitze nehmen und die Stiele der Petersilie kleingeschnitten hinzugeben und für eine halbe Stunde ziehen lassen
- Erneut aufkochen und durch ein feines Sieb passieren
- Den Sud in einen Standmixer geben und zusammen mit der Butter und den Blättern der Petersilie aufmixen bis alles seh fein ist
- Erneut passieren und mit Salz und Pfeffer abschmecken
- Diesen Sud über die fertige Pasta geben
Anrichten
- Die mit den Vongolemuscheln geschwenkten Spaghetti mit getrockneten Tomaten in einen tiefen Teller geben. Den frisch aufgemixten Parmesansud darüber geben und das Ganze mit Parmesanhobel ausgarnieren. Buon appetito!
Was ein Blogartikel 🙂 Ich liebe Nudeln und die Todsünden lässt sich streiten *g*