Schon seit dem Jahr 2001 ist er mit einem Stern des Guide Michelin ausgezeichnet und hebt somit die hierzulande eher selten auf diesem Niveau angebotene marokkanische Küche auf ihren ganz eigenen Sockel.
Die Rede ist von Wahabi Nouri. Ein Jahr früher eröffnete er sein erstes eigenes Restaurant namens „piment“. Seine anfänglichen Schwierigkeiten sich zu finden, konnte er glücklicherweise handhaben in dem er einige Besuche europäischer Spitzenköche unternahm. Er schaffte es den Spagat zwischen der europäischen „Haute Cuisine“ und der marokkanischen Kochkultur zu meistern. Einer Kultur, die auf den ersten Blick so gar nicht auf die Gourmetschiene umzusetzen sei.
„piment“
Wahabi Nouri
Fotografie: Studio Klaus Arras
Matthaes Verlag GmbH
Stuttgart, 2013
215 S., gebunden, 69,90 EUR
ISBN: 978-38751-5082-7
Der Weg der ständigen Wechselwirkungen begann bei Nouri recht früh, da er mit vier Jahren mit seiner Familie, die ursprünglich ihre Wurzeln in Casablanca hat, den Weg nach Frankfurt einschlug. Nach einigen Tagen fand er Anschluss an ein hessisches Ärzteehepaar aus der Nachbarschaft, welches ihn recht schnell ins Herz geschlossen hat. Es entstand sofort ein kontrastreicher Lebensstil, welcher einerseits von der heimatlichen Gewürzkultur aber nun auch von der deutschen Kost geprägt wurde.
Recht schnell war klar, dass er den Weg eines Kochs einschlagen wollte und eine der gravierendsten Stationen, nämlich bei dem 3- Sterne Koch Harald Wohlfahrt, absolvierte er gleich in den ersten Jahren nach seiner Ausbildung. Dort entwickelte er seine Neigung für die Spitzenküche. Er setzt sich seitdem sehr bewusst in seinem Hamburger Restaurant mit der Tradition seines Herkunftslandes auseinander und kreuzt diese Gepflogenheiten mit der zeitgemäßen europäischen Küche.
„Seine Virtuosität liegt genau darin begründet, dass er sich als Exilant in ständiger Auseinandersetzung mit seinem marokkanischen Erbe befindet, dem er sich mit größtem Respekt und Wertschätzung nähert.“
Ralf Schindler im Vorwort
So findet man heute eine mediterrane Küche im weitestenden Sinne vor, welche auch recht avantgardistische Züge anzunehmen scheint. Ein Stil der innovativ aber dennoch recht demütig und bescheiden auftritt und stets das Essen in den Vordergrund rückt. Man sucht zum Beispiel recht lang nach einer Porträtaufnahme von W. Nouri, die sich einem wirklich erst auf der letzten Seite offenbart.
Steuert man nach dem einleitenden Vorwort von Ralf Schindler auf die Rezepte zu, nimmt man sofort die besondere Stimmung auf, welche das Buch durch eine einheitliche und harmonische Bildsprache vermittelt.
Durch die stetige Auseinandersetzung mit den französischen und orientalischen Ursprüngen hat man beim Blättern stets das Gefühl mal ein westeuropäisches Kochbuch und später wiederum eine nordafrikanische Rezeptesammlung in den Händen zu halten. Dabei wird von Anfang an ein sehr hohes Qualitätsniveau gehalten. Dieses gelingt ihm durch seine vertrauten Gerichte wie dem „couscous, karotte, langostinos“ welches im Kontrast steht zu dem eher französisch anmutenden Gang „fasan, spitzkohl, spaghetti“. Dieses ständige Wechseln mag vielleicht erst irritieren, doch nach einigen Seiten eröffnet sich einem ein großer Mehrwert, da er auch diese abendländischen Kompositionen mit teilweise untypischen Gewürzakkorden begleitet, die aber schon beim Lesen den geübten Herdakrobat überzeugen.
Bestimmte Produkte wie Geflügel und Zitrone scheinen es ihm sehr angetan zu haben. Aber es geht nicht nur bürgerlich zu, denn auch mit dem Gebrauch von Luxusgütern wird hier nicht gegeizt. So findet man nicht allzu selten getrüffelte Speisen oder Produkte wie Gänsestopfleber, Kaisergranat oder Kaviar auf der Zutatenliste.
Wer auf der Suche nach einem anderen orientalischen Buch ist, das sich jenseits der üblichen beschrittenen Pfade bewegt, wird hier sehr glücklich sein, zugegriffen zu haben. Aber auch die Fans der mitteleuropäischen Kochkultur sind mit diesem Werk sehr gut aufgehoben. Es erweckt bei den durchaus recht unkompliziert wirkenden Zubereitungsangaben, den Anschein, diese seien recht unkompliziert nach zu kochen.
Die Haptik und Fotografie sind wirklich tadellos. Nur allein der Koch kommt hier wirklich ein wenig zu kurz. Zu wenig erfährt man über ihn, man möchte doch eigentlich mehr von ihm wissen, wie zum Beispiel sein Standpunkt zu derzeitigen Trends oder Modeerscheinungen ist.
Ich kann dieses Buch wirklich uneingeschränkt weiter empfehlen. Bei der nächsten Aktualisierung meiner „besten 50 Kochbücher“ wird es mit Sicherheit eine gute Platzierung ergattern können.
Hinweis der Redaktion
Ein Teil der besprochenen Produkte wurden von Unternehmen zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.