Daniel Humm ist in aller Munde. 2012 wurde er mit seinem Restaurantkonzept in New York, welches in einem ehemaligen Bankgebäude eröffnet worden ist und auf den Namen “Eleven Madison Park” hört, mit 3 Sternen gekürt. Kurz daraufhin brachte er das sagenhafte Kochbuch mit selbigem Namen heraus, es war ein internationaler Erfolg und wurde hierzulande sogar ins Deutsche übersetzt. Für ein weiteres sehr erfolgreiches Foodkonzept im New York Hotel konnte man ihn auch dazu bewegen, federführend Pate zu stehen.
“I love NY″
Ingedients & Recipes
Daniel Humm & Will Guidara
Fotografie: Francesco Tonelli
Ten Speed Press
New York, 2013
512S., gebunden, 40,40 EUR
ISBN: 978-1607744405
Eigentlich ein bis dahin sehr ausfüllendes Programm, möchte man meinen. Doch weit gefehlt. Zusammen mit Grant Achatz aus dem Alinea in Chicago veranstaltet er einen Austausch auf höchster Ebene. Für eine Woche kochte das Team vom “E.M.P.” im Alinea und für eine weitere Woche drehte man danach den Spieß herum und Daniel Humm empfing die Köche aus Illinois.Für seine sich stets neu erfindende Küche wurde er von seinen “Kollegen” bei den San Pellegrino Awards kürzlich auf den 5. Rang der 50 weltbesten Restaurants gehoben.
Und für alle diejenigen, denen das jetzt immer noch nicht reicht, bringt er nun auch noch für das gemeine Volk ein Buch mit dem so genannten “Home-Cooking”- Charakter heraus, Sterneküche für die Massen also.
“I love NY – Ingredients and Recipes” heißt dieser Band. Zusammen mit seinem General Manager des Restaurants “E.M.P.”, Will Guidara, hat D. Humm New York und seine Vororte erkundet und so mehr als 50 Farmen besucht um deren Arbeit in Augenschein zu nehmen. Mit ihren jahrhundertealten Traditionen bilden sie den Kern dieses Buches, dessen Produkte in hier fast 150 aufgeführten Rezepten fabulös zur Schau gestellt werden.
Doch dazu später mehr.
Mit seinem ersten Werk zeigte er eine makellose und unverschnörkelte Art des Kochens, die in ihrer Reinheit und stilsicheren Darbietung unvorstellbar fern der heimischen Realisierung schien. Rezepte mit überaus exakten Anweisungen und präzisesten Angaben suggerierten nicht wenigen Lesern dieses Bild. Ein Problem, welches auch hierzulande Sterneköchen, die bereits ein Kochbuch herausgebracht haben, mehr und mehr bekannt sein dürfte. Das Image einer elitären und hochtechnisierten Küche wird so mehr und mehr aufgebaut, da die Schicht der normalen Hausmannskost mit deren Werken und Mitteln häufig so gar nicht erreicht werden können.
Ich hatte über dieses Thema kürzlich ein Gespräch mit Katharina Hoehnk, der Schöpferin von “Valentinas Kochbuch”, dort rezensiert sie mit Hilfe ausgesuchter Food- Enthusiasten Kochbücher verschiedenster Couleur. Sie vertritt die Meinung, dass in Deutschland die Hausfrau früher die Verpflichtung hatte, den Haushalt zu führen und die Verpflegung obligatorisch und somit zur absoluten Normalität wurde. So banal das klingt, gab es dafür damals keine Anerkennung und deswegen hat wohl die deutsche Kochkultur heute im mittleren Segment deswegen einen schweren Stand. Jedoch ist anzumerken, dass sich dieses derzeit in eine andere Richtung entwickelt aber dafür noch viel Zeit notwendig sein wird.
Mit Blick auf das Buch von Daniel Humm sieht man, dass von ihm wirklich alle Geschmäcker bedient werden. Zur Entstehung wird vorangestellt, dass D. Humm das Vorhaben sich in den Kopf gesetzt hatte, über New Yorks Küchenkultur ein Buch zu schreiben, was etwas verwundert, da New York sinnbildlich schwer in eine kulturelle Schublade zu packen ist. Wer will, kann alles Erdenkliche gleich welcher Nation zu jeder Tages- und Nachtzeit bekommen, und das ohne dabei große Strecken zurücklegen zu müssen. Da wird die eigene Herkunft in einer solch schnelllebigen Metropole rasch verwaschen.
Diese verloren gegangene regionale Identität versuchte er wieder zu finden und begab sich “backyards”, dabei ist ihm wichtig, dass das Buch nicht auf die Ansammlung der Rezepte sondern eher auf die Kollektion der spezifischen Produkte reduziert werden müsse.
Er machte sich auf die Reise und lernte die Menschen hinter den Erzeugnissen kennen, deren historischen Erzählungen und außergewöhnlichen Sichtweisen auf die lukullische Identität eine erste Grundlage für dieses Vorhaben schafft.
Dem Leser nähert sich Humm dem Thema, indem sämtliche der 55 Produkte in alphabetischer Reihenfolge präsentiert werden. Einleitend wird je ein Farmer seines Vertrauens porträtiert und einige Anekdoten nebst poetischer Beschreibungen der Farm signalisieren einen unverkrampften Umgang mit der Materie. Typisch amerikanische Rezepte folgen direkt und so wird z.B. der dort geerntete Apfel direkt als “Caramelized Apple Brioche” vorgestellt. Die Rezepturen beziehen sich nicht zwangsläufig auf den Food- Bereich, es werden auch Cocktails rezeptiert. Ein “New York Sour” gesellt sich so der “Apfelrunde” hinzu.
Auch wunderbar dargestellt ist die Milch und das dazu gelieferte Rezept der “Milchmarmelade”. Ziemlich originell aber trotzdem sehr bodenständig und im Endeffekt mit viel Raffinesse, teilweise sehr unscheinbar fast schon versteckt.
Von der Aufmachung orientiert sich das Buch an eine kraftvolle Wiedergabe der Bilder. Die wunderbare Fotografie von Francesco Tonelli überzeugte bereits bei dem ersten Buch. Mit diesem Werk zeigt er, dass er auch die bourgeoise oft auch verspielte Küche sehr gut darstellen kann. Beim Blättern fallen sofort die wie von Kinderhand gemalten Illustrationen vom New Yorker Stadt- aber auch dessen Vorortleben auf.
Das Buch erschien vor 2 Monaten in den Staaten und ist für meine Begriffe sehr günstig. Es liefert viele tolle und einfallsreiche Ansätze, welche man auch gerne hierzulande ausprobieren darf.
Quellenangaben: Copyright 2013 Francesco Tonelli Hinweis der Redaktion
Ein Teil der besprochenen Produkte wurden von Unternehmen zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.