Die kürzlich erschiene Momentaufnahme von Norbert Niederkofler namens „Mein Südtirol“ war mir bis dato kein Begriff. Dabei hat er doch selbst zwei Sterne im Guide Michelin erkocht und war mir bisher wirklich nicht bekannt. Vollkommen zu unrecht, wie es sich mir hier offenbarte.
Norbert Niederkofler ist einer der kaum Erwähnten aber dafür umso mehr Unterschätzten seiner Zunft. Sein Schwerpunkt liegt zweifelsohne auf dem Bewährten. Eer hat im Restaurant St. Hubertus sogar mit dem Schicken von Pizzen angefangen, ehe er 2001 den ersten Stern erhielt. Der zweite folgte dann 5 Jahre später. Er kommt bei seiner Kochkunst gänzlich ohne die neuen avantgardistischen Methoden aus und tobt sich umso mehr auf den nun überlassenen Schauplätzen aus. Das heißt aber dennoch nicht, dass er stehen geblieben ist.
„Mein Südtirol“
Norbert Niederkofler
Gestaltung: dworak & kornmesser, München
Fotografie: Udo Bernhart
Collection Rolf Heyne
München, 2011
272 S., gebunden, 58 EUR
ISBN: 978-3-89910-499-8
Seine Leidenschaft lässt ihn natürlich auch bei der Präsentation seiner Kompositionen nicht im Stich. Die angerichteten Speisen sehen nicht nur elegant und anmutig aus, sondern kommen dabei beschwingt und leicht daher.
Seine Bodenständigkeit wird hier in vier große Kapitel unterteilt, ich glaube, allgemeiner kann man sich eigentlich beim Kochen nicht fassen.
„Erde, Luft, Feuer & Wasser“
In jeder Kategorie setzt er sich mit passenden Produkten auseinander, welche für ihn die jeweilige Eigenschaft repräsentieren.
Dabei muss man bei dem Thema Erde nicht Angst haben, man würde hier nur Ton in Ton arbeiten. Er richtet seine Teller sehr farb- & kontrastreich an und trotzdem sind diese jeder für sich sehr aufgeräumt und konzeptionell gut durchdacht.
Die italienischen Wurzeln sind hier stets unverkennbar. So reihen sich in der Rezeptesammlung viele Pastagänge, wie die „Mit Büffelricotta gefüllte Buchweizencappelletti und Bobbybohnenessenz mit Calamaretti Spillo“, ein. Aber auch der Rundkornreis kommt in From von „Risotto von Tropeazwiebeln, geschmort mit Muskatellergelee und Malghesina“ oder dem „Risotto -schwarz & weiß- mit Stockfisch, schwarzem Zwiebelpulver und kandiertem Cedro“ nicht zu kurz.
„Und denk daran: DEIN GAUMEN entscheidet, nicht DEIN KOPF.“
Der Abschnitt Luft wird eingeleitet, mit dem Werdegang eines neuen Ganges. Dort wird die Frage in den Raum gestellt:„Wie kreiert man eigentlich ein neues Gericht“. Dabei erfährt man als Leser eine sehr emotionale und sinnliche Beschreibung der Entstehung durch die sensible Wahrnehmung der unmittelbaren Umwelteinflüsse durch die Sinnesorgane. So wird eine wahre Kurzgeschichte einer Wanderschaft in den Bergen erzählt, welche vom angeregten Gedankenaustausch zwischen N.N. und einer Christine erzählt.
Die simple Vorstellungskraft alleine reicht im Zusammenspiel mit der sommerlich duftenden Bergluft, um so ihr stimmiges Gericht zusammen bauen zu lassen.
Obwohl er es gar nicht nötig hat, lädt sich N. Niederkofler die ein` oder andere Prominenz ein, um seine Heimat und ihre regionale Stärke zusammen zu demonstrieren. So sieht man Bilder von einem Treffen mit dem Bergsteiger Reinhold Messner, welcher von seinen Expeditionen berichtet und beide sinnieren über die Berge.
Weitere Gäste sind z.B. Markus Lanz und Gustav Thöni.
Die Bilder, allesamt angefertigt von Udo Bernhart, fügen sich dem Konzept. Sie sind äußerst präzise aufgenommen und vom Schnitt unaufgeregt und gesetzt. Wer gar wissen möchte, wie sie entstanden sind, wird durch den anschließenden Abschnitt „Making of“ nicht enttäuscht. Die durchaus sehr lesenswerten Anekdoten sowie die zahlreichen Aufnahmen der Landschaften runden dieses gute Buch gekonnt ab.
Copyright sämtlicher Bilder: Udo Bernhart
Hinweis der Redaktion
Ein Teil der besprochenen Produkte wurden von Unternehmen zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.
Norbert Niederkofler ist ein genialer Koch, seine Gerichte verzaubern Gaumen und Sinne.