Die derzeitige Krise ist kulinarisch gesehen für die meisten Foodkonzepte und nicht zuletzt auch Foodies der totale GAU. Es gibt keine Möglichkeit mehr, das geliebte Essen in einem Restaurant einzunehmen. Was bleibt sind entweder das Zurückgreifen auf Lieferdienste oder Fast Food Restaurants, welche ihre Speisen zum Mitnehmen anbieten. Oder man macht sich eben sein eigenes Fast Food zu Hause. Dass ich davon ein großer Fan bin, habe ich Euch erst kürzlich gezeigt. Einmal mit alles ist eine Hommage an den Döner und seine Verwandten und die Antwort auf die Frage, warum man diesem Klassiker des Streetfoods eigentlich nicht öfter zu Hause anfertigt.
Einmal mit alles – die künftige Referenz in Sachen Döner
Wer Cihan Anadologlu in einem anderen Kontext kennen mag, der braucht nicht weiter die Stirn zu runzeln. Denn derjenige liegt vollkommen richtig. Vor einigen Jahren habe ich hier seine Bar Bibel vorgestellt. Wer sich dieses Werk noch einmal in Erinnerung rufen möchte, der klickt hier einfach mal rein.
Jeder kennt ihn und doch gibt es so viele Unstimmigkeiten
Doch wie kommt es, dass ein Experte für Cocktails ebenfalls ein Fachmann in Sachen Döner sein kann? Diese Frage beantwortet der Autor himself direkt in seinem Vorwort. Cihan räumt ein, dass der Döner ihn nachhaltig geprägt hat. Als er in seinem Freundeskreis die Idee teilte, dem Döner ein eigenes Kochbuch zu widmen, wurde er belächelt, denn dieser Snack im Fladenbrot sei doch viel zu simpel, um noch irgendjemanden überraschen zu können.
Jeder kennt bereits so viel über den Döner, dass es da eigentlich kaum etwas Neues zu berichten gibt. Je mehr sich Cihan dann der Recherche widmete, umso schneller wurde ihm klar, dass es unheimlich viele Unterschiede in den Auffassungen, wie denn ein gescheiter Döner auszusehen hat, gab. Ihm zeichnete sich ab, dass es hier viel aufzuklären gibt. Möchte man sich genau diesem Komplex in der Tiefe widmen, gibt es im Bücherhandel keine Standardwerke zu dem (neben der Currywurst) wohl mit am meisten verkauften Fast Food Deutschlands zu erwerben. Genau das möchte Cihan jetzt ändern.
Aufbau und Inhalt
So startet er direkt nach seinem Prolog mit dem Hintergrund und der Geschichte des Döners in Deutschland und der Türkei. Auf ausführlichste Weise nähert er sich dem Thema, indem er es wagt, personengebunden zu beschreiben, wer denn den ersten Dönerimbiss hierzulande geöffnet hat. Freilich gibt es da mehr als nur einen, der sich in diesem Ruhm baden möchte.
Ebenfalls reflektiert er, wie ein klassischer Döner, speziell das Fleisch, aufgebaut und zubereitet wird. Diese kleine Fleischspießkunde ist wahrlich sehr kurzweilig zu lesen und essentiell, um zu verstehen, warum man zum Beispiel das Fleisch bei der Zubereitung idealerweise auf einen vertikalen Spießgrill* packt.
Der Döner in der Analyse
Cihan rückt bei seiner Recherche dem Döner wirklich auf die Pelle und macht genau das, was man gerade beim sogenannten Fast Food zumeist nicht machen würde. Er setzt sich mit dem Inhalt auseinander und präsentiert in einer Brennwerttabelle die genauen Daten und gibt Aufschluss darüber, was ein Döner mit Dir macht, wenn Du genüsslich reinbeisst. In der Summe bürdest Du Dir mit dem Genuss eines Döner Kebab um die 625 kcal auf.
Der größte Anteil ist dabei dem Brot und natürlich dem Fleisch zuzuschreiben, welche beide je um die 250 kcal aufweisen. Der Rest ist quasi Beiwerk. Weitere Fakten belegen die offensichtlich berechtigte Liebe zwischen Cihan und einem gut gemachten Döner bevor es dann zum Eingemachten geht, nämlich der Zubereitung eines solchen.
Die Rezepte
So beginnt er zuerst mit der Anleitung des Zusammenfaltens eines Döner Kebab sowie dem Dürüm Döner a.k.a. „Türkische Pizza“. Es folgt die Zubereitung des Kernelements eines jeden Döners: dem Fleisch. Die eingesetzten Sorten sowie dessen Marinaden und Weiterverarbeitung finden hier Platz. Ebenfalls hat sich Cihan darüber Gedanken gemacht, dass nicht jeder einen Spießgrill sein eigen nennen kann. Darum fügt er eine Vorgehensweise in der Pfanne mit an.
Für den individuellen Geschmack packt Cihan hier mächtig viel Sauce mit rein. Statt lediglich mit scharfer, Kräuter- oder Knoblauchsauce aufzuwarten packt er ein Tomaten- Chutney, eine Pestosauce, eine Thai- Chilisauce, Cacik, ein Rotes- Zwiebel- Chutney, scharfe Chilisauce, ein Koriander- Limettendressing, Mangochutney, Aioli, Honig- Chilisauce, Smoked Chilisauce, Knoblauchsauce, Honig- Jalapeño- Sauce, Honig- Senfsauce, Orangen- Joghurt- Sauce, Tomatensauce, Kräuterjoghurt- Sauce, eine Teriyakisauce, Wasabisauce und schließlich Zwiebelchutney mit hinein. Ein richtig bunter Blumenstrauß an Dönersaucen, welche symbolisch für die Bandbreite stehen, die Cihan dem Leser mit an die Hand gibt.
Bevor es schließlich an die thematischen Rezepte geht, folgen noch die Backanleitungen für das Dönerbrot, den Dürüm- Fladen und dem bekannten Fladenbrot.
Auf den folgenden Seiten trifft der Leser auf mehr als 50 Rezeptkreationen. Das erste Beispiel lässt Dich garantiert in weniger als fünf Minuten mit einem immer stärker werdenden Hungergefühl zurück.
Den Beginn macht nämlich eine Art Poshy-Döner mit dem Namen „Richie Rich“. Sein Fladenbrot beinhaltet eine Füllung aus Wagyu- Fleisch, Rote Zwiebel, Rucola, Perigord Trüffel, Schwarzer Knoblauch und Blattgold. Ganz sicher übersteigt diese Version im Wareneinsatz dem Budget eines „normalen Döners“.
Mehr als 50 Rezepte
Der Döner „Der Geschmackvolle“ hingegen besteht aus Fleisch von der Lämmerbrust und -keule, Pfirsich, Salat, Haselnuss und frischer Minze. Serviert wird dieser im Fladenbrot.
Der Döner No.21 „Old Times are Good Times“ ist eine Liebeserklärung an die italienische Küche. Er interpretiert diese mit dem Geschmacksakkord Burrata, Pestosauce, Tomate, Rucola und Putenfleisch.
Auch nicht verkehrt schein die fruchtig- pikante Version „I am from Bolu“ zu sein. Mariniertes Kalbfleisch kommt hier mit geräucherter Pastrami, Frisée, Avocado und einer guten Portion Koriander samt Mango- Chutney zusammen.
Funktionalität und Bildsprache
Im Großen und Ganzen geht das Konzept der unterschiedlichen Döner ähnlich wie bei beim Burger Unser sehr gut auf. Eine große Bandbreite an Variationen, sei es im Fladenbrot oder doch gerollt im Dürüm, begegnen dem Käufer dieses Dönerbuchs namens Einmal mit alles. Cihans Rezepte bilden zusammen mit der hervorragend zurückhaltenden Fotografie von Daniel Esswein eine erfrischende Mischung. Man sieht, der Döner kann weit mehr als in den meisten Dönerbuden angeboten wird. Man muss ihn halt nur selbst zubereiten. Wer einen Level weitergeht, holt sich dafür idealerweise einen Dönerspießgrill* ins eigene Heim. Das marinierte Fleisch kann dann direkt selbst nach Belieben geschichtet werden und dem authentischen Imbiss- Feeling steht in Kombination mit diesem Buch nichts mehr im Wege.
Fazit
Cihan Anadologlu hat mit Einmal mit alles das oben angedachte Referenzwerkzeug hingelegt, welches das Thema Döner zu Beginn informativ und weiter hinten kreativ aufdröselt. Die Informationen on top, wie etwa eine Dönerladenführer für Deutschland, Europa als auch die Türkei habe ich gerne durchgelesen. Für den deutschen Raum zeigt er für die Städte Berlin, Hamburg, Köln, München, Frankfurt und Stuttgart die besten Anlaufadressen. Fast Food at its best in mannigfaltiger Art und Weise bekommst Du mit diesem Buch frei Haus oder eben einmal zum Mitnehmen.