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Es folgt nun der zweite Teil anlässlich des 4-Hands-Dinners von Paco Pérez und Johannes King getreu dem Motto: Ein Tag am Meer. Ich spielte heute den Ghost der beiden Protagonisten. So ging es für mich ebenso bis an Herd, um ganz nah bei den wirkenden Mitarbeitern zu sein.
Diese vollzogen in einer absoluten Perfektion alle Aufgaben, die nötig waren, um den Abend zu einem vollkommenen Ereignis werden zu lassen. Der nächste Gang von Johannes King offenbarte das ganz wunderbar.
Der „Sylter Royal“ ist das perfekte Beispiel für „Ein Tag am Meer“
Für einen Fotografierenden wie mich ist dieses Gericht das Grausen schlechthin. Denn die „Sylter Royal“ mit Blumenkohl und Braunalgen war ein Gericht ganz Ton in Ton. Hier hatte man wenig Farbkontraste und als Betrachter keinen so richtigen Ankerpunkt, den man braucht, um ein stimmiges Bild zu zeugen. Aber genau das ist es, wie Sylt sich einem auch zeigt.
Johannes K. gibt hier zur unerhört fabelhaften Auster ein Blumenkohleis, Blumenkohlpüree und einen kräftigen Sud und Crunch aus Braunalgen. Harmonisch fügt sich dem Bild noch ein Bronzefenchel und herausgekommen ist mit den Muschelaufbauten und dem angekarrten Meersalz, der als Sockel für die riesige Austernmuschel dient, eine faszinierende Strandlandschaft aus dem rauen Norden.
Geschmacklich ist dies aber ein sehr spannender als auch abwechslungsreicher Marsch durch das Wattenmeer, dem ich gerne öfter beiwohnen möchte.
Paco hingegen steuert mit seinem nächsten Teller einen baskischen Klassiker an. Er widmet sich dem „Kokotxa“. Es ist ein typisches Gericht, welches aus der Unterseite des Seehechtkinns hergestellt wird. Es wird in der Regel mit gehacktem Knoblauch, Petersilie und Olivenöl gereicht.
Er serviert es zudem mit Knochenmark und Kaviar und arrangiert diesen Klassiker sehr modern und künstlerisch zugleich. Optisch könnten die Gänge der beiden unterschiedlicher kaum sein.
Während der Anrichtephasen sind einige Teammitglieder immer auch schon zwei oder drei Gänge voraus, so dass alles immer fließend von statten geht. Nur so kann man sich einen zeitlichen Puffer aufbauen, um bei unvorhersehbaren Ereignissen, angemessen improvisieren zu können.
Johannes reduziert seine Gänge auch gerne auf das Wesentliche, um den Eigengeschmack des Kernproduktes nicht anfassen zu müssen, sondern um diesen lediglich herauszuarbeiten. So geschieht das bei dem „Kaisergranat“ mit Erbse und Röstzwiebel. Sehr bodenständige Produkte verhelfen dem Kaisergranat zu noch mehr Substanz. Sein Krustentierfond wurde zudem mit einem Röstzwiebelfond zur Velouté verarbeitet, die die Brücke zwischen dem Zwiebelgewächs und dem Krustentier schafft.
Der Erbsensockel bestand obendrein aus einem Konfit der Schotenfrucht, damit diese noch mehr geschmacklich dem starken Sud entgegensetzen konnte. Jeder Löffel dieses Tellers war ein Gaumenschmaus, der irrwitziger Weise nun den direkten Vergleich mit der Languste von Paco antreten musste.
Dieser behauptete felsenfest, die besten kämen aus seinem Heimatort und nirgendwo sonst. Das ist für einen Meerestierliebhaber wie Johannes King es einer ist natürlich eine Kampfansage aber heute herrscht hier absolute Friedenspflicht. So frönt man den Geschmäckern des nächsten Pérez- Gerichts, welcher den Titel „Caldereta von der Languste“ mit Mandeln trägt.
Eine Caldereta ist im eigentlichen Sinne ein typisch philippinisches Gericht aus einem Kessel („Caldera“ist span. für Kessel) und wird als Eintopf serviert. Es besteh aus Kartoffeln, Gewürzen, Paprika und Pepperoni und etwa auch Ziege. Hier erfahren wir eine Version mit eben dieser legendären Languste, welche auf gleich zwei Tellern ausgestellt ist. In der Langustenschale wird ein frisch marinierter Salat gereicht und der Hauptteller beinhaltet seine Art der Caldereta mit Languste und Kartoffel und Mandel.
Gemäß dem Motto „Qualität ist das A und O“ geht es nun bei J. King weiter. Sein nächster Fisch wird der Steinköhler sein und diesen serviert er mit Kalmar und Dreizack. Letzteres war auch mir vorher recht unbekannt, so musste ich mich erst einmal belesen.
Der Dreizack ist eine recht zarte grasartige Pflanzenart und kann bis zu 60 cm groß werden. Dieses Gras wächst im Wattenmeer auf zeitweise vom Meerwasser überspülten, schweren Schlickböden. In Norddeutschland ist es gar ein althergebrachtes Frühlingsgemüse.
Geschmacklich passte es als Sud hervorragend zum perfekt gebratenen Steinköhler und den auf der Plancha gegarten Kalmar, ein Genuss.
Paco trumpft hingegen mit einer „Seezunge mediterraneo“ auf. Hier bediente er sich ebenfalls nur den Spitzenprodukten, allen voran mit diesem delikaten Plattfisch.
Man merkte den Teams an, dass so langsam die heiße Phase erreicht ist. Es stehen ja nun noch die zwei finalen Hauptgänge an bevor es dann zu den abschließenden Desserts geht. Ein letztes Aufbäumen nach diesem Fischmarathon war nun von jedem abverlangt worden. Hier gab nun wirklich jeder alles.
Johannes King und Jan-Philipp Berner haben sich für den letzten Fischgang beim Spargel bedient. Diese sehr großen Stangen wurden dafür konfiert und mit Kräutercreme und frischen Kräutern gefüllt, in ihrer Kombination wecken sie so die Assoziation zu einer klassischen Sauce Béarnaise.
Der Rotbarsch wird zudem noch mit knusprig ausgebackenen Minikrabben getoppt. Für mich ist dies ein sehr schönes Finale, welches nun umso neugieriger auf den abschließenden Gang von Paco Pérez macht.
Dieser hatte sich für eine Seegurke mit geschmorter Kalbssehne und Champignons entschieden. Mit der Kalbssehne beweist er selbst wieder mal den Mut, eher unbekannte Fleischteile auf den Teller zu bringen.
Geschmacklich gab es auch hier nichts zu kritisieren. Ich war gleichfalls restlos begeistert, wie aus so wenigen Produkten solch komplexe Geschmäcker bedient werden können.
Nun war es endlich an der Zeit, auch die für die süßen Geschmäcker verantwortlichen Geschmacksknospen zu fordern. Die Desserts wurden angerichtet. Auch hier verstand es Johannes King wieder einmal gekonnt Akzente zu setzen.
Einer Quarkcreme wurde ein Estragongelee aufgesetzt und zudem mit einer weißen Luftschokolade getoppt. Für den vitalisierenden Effekt gab es noch ein Estragongranité, bei dem die Herren es sich nicht nehmen ließen, dieses am Tisch dem Gast auf den Teller zu geben. Diese Komposition war naturgemäß viel zu schnell aufgegessen, doch tröstend gab es ja noch die Nachspeise aus dem Cinco.
Hier verknüpfte man ebenfalls Schokolade in Form von drei Bitterschokoladekugeln, Zitronencreme, weißem Schokosponge, einem Sahneeis, Sodaschaum und Air. Formidable!
Dieses Event wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Beide Teams harmonierten und das obwohl nicht immer klar war, welche Sprache denn nun hier gesprochen wird. Die hervorragend ausgestattete Küche des Cinco und das einzigartig designte Restaurant haben sehr schön in dieses Zusammenspiel von Paco Pérez und Johannes King gepasst.
Die zwei Herren sollten so etwas im Idealfall zu einer Serie weiterentwickeln und bitte schön auch jedes Mal in Berlin, wobei ich dafür sogar die Reise nach Spanien oder Sylt antreten würde. Ich für meinen Teil möchte noch auf ein kleines zusätzliches Sahnebonbon in naher Zukunft verweisen und empfehle eine baldige Wiederkehr. Es lohnt sich.
PS: Für alle Buchliebhaber unter Euch sein noch erwähnt, dass es von den beiden Chefköchen auch Kochbücher zu erwerben gibt. „Das Kochbuch vom Land und Meer“ von Johannes King könnt Ihr wie auch das Werk von Paco Pérez namens „Miramar“ bei Amazon erwerben.