Die Zeit ist reif für einen weiteren Gang in der Rubrik „@Work“. Vor 20 Jahren hatte die vegetarische Küche längst nicht das Standing, welche heute den fleischlosen Gerichten zu Teil wird. Ich kann mich noch sehr gut an meine ersten Erfahrungen als Jungkoch erinnern. Kam da ein Vegetarier, und das war wirklich noch eher eine Ausnahme als tägliche Routine, gab es in der ganzen Küche einen Aufschrei. Wie man solche „Patienten“ denn auf anständigem Niveau bekochen soll, fragte man sich als Koch empört und warum dieser sich denn nicht bei der Reservierung schon anmelden könne, wurde da gerätselt. Auch war man damals ganz weit weg davon, vegetarische Menüs zu kreieren.
Die Zeiten haben sich Gott sei Dank geändert! Vegetarier bekommen immer mehr Platz im Speisenangebot zugesprochen und haben heutzutage viel mehr Auswahl. Wenn ich früher Karten geschrieben haben, galt es als gesetzt, sich immer zuerst den Fisch- bzw. die Fleischsorte auszusuchen, bevor man die Begleitung entsprechend zusammenstellt. Auch diese Arbeitsweise wurde über Bord geworfen. Meistens überlege ich mir zuerst, auf welches Gemüse ich zur jeweiligen Zeit saisonal und regional bedingt setzen kann. Ein Umdenken hat da auf jeden Fall stattgefunden.
Und seitdem uns unter anderem Sterneköche wie Thomas Bühner mit den Materialschlachten auf den Porzellanbühnen vorgemacht haben, dass man gerne auch ein fast schon banales Lebensmittel wie die Karotte, in 5 Versionen in eine einzige Speise packen kann, ist alles möglich und auch erlaubt.
So galt es nun den Mais kreativ und ansprechend zu verpacken. Diverse Garmethoden und Nebenprodukte, wie zum Beispiel Maisgrieß erweitern das Spielfeld ungemein. Prinzipiell gilt es neben dem Geschmacklichen noch eine Vielfalt im Bereich der Texturen zu erzeugen. So kann aus einem simplen und bekannten Produkt wie Mais ein komplexer und interessanter Gang entstehen.
Rezept für das Maiseis
Zutaten:
- 400 g gekochter Mais
- 700 ml Milch
- 300 ml Sahne
- 140 g Zucker
- Zitronenschale
- 160 g Eigelb
Zubereitung:
- Im Topf mit dem Zucker und etwas Wasser einen Karamell ansetzen. Den Mais zugeben und etwas anrösten.
- Die Milch und Sahne mit der Zitronenschale zugeben und einmal aufkochen.
- Vom Herd nehmen und für eine halbe Stunde ziehen lassen.
- Den Fond passieren und gut den Mais ausdrücken.
- Die Eigelbe in eine Aufschlagschüssel geben.
- Den Maisfond erneut aufkochen und unter Rühren langsam auf das Eigelb laufen lassen.
- Passieren und in der Eismaschine abdrehen.
Nach längerem Tüfteln ist nun ein vegetarischer Gang entstanden, welcher sich „Maisfeld“ nennt. Ich habe Euch einmal in bekannter Manier die Komponenten übersichtlich aufgearbeitet. Neben normalem Mais wurden Minimais, Polenta und auch Cornflakes eingesetzt. Stimmungsvolle Begleiter waren neben weißen Portweinschalotten noch Wildkräuter aus der Region, aufgepoppter Reis als auch Petersilie in Form von Erde. Vom Mundgefühl wird da so Mancherlei geboten, haben wir doch kaltes, cremiges Eis, dass im Kontrast zu der heißen Polentaschnitte steht. Diese wird getoppt mit geröstetem Minimais, eingelegten Portweinschalotten, Polentasegeln und einem Knusper Risi Bisi. Eine Maissauce rundet den Spaß noch ab.
Dabei bin ich mehr und mehr ein großer Verfechter von Gängen geworden, welche sich lediglich mit einer konkreten bestimmenden Farbe, hier gelb, darstellen. Mir gefällt dieses harmonische Miteinander oft besser, als prinzipiell noch farbige Kontraste einzubauen, die sich rein geschmacklich nicht erklären ließen.
Ich hoffe, dass sich vegetarisches Kochen weiterhin so normalisiert, wie es bisher der Fall ist und nicht ständig als Trendthema für Bücher oder Magazine herhalten muss, weil das mir so langsam wirklich gegen den Strich geht.
Hallo Herr Sinzinger,
wie schön Ihre Seite entdeckt zu haben, denn ich finde es wahnsinnig toll, was Sie alles zeigen, teilen und auch erklären. Gefallen hat mir oben das Maiseis, denn ich konnte mir nichts darunter vorstellen. Es gibt so vieles was man Abwandeln oder kombinieren kann, wenn man sehr kreativ ist, seine Zutaten kennt und sein Handwerk versteht.
Ich bin zwar kein echter Fleischesse, aber auch kein Vegetarier, jedoch würde ich das oben gern mal probieren.
Viele Grüße aus dem schönen Mayen und weiterhin viel Erfolg für Sie.
Liebe Frau Grabowsky,
vielen Dank für Ihre netten Zeilen, mit ein wenig Inspirationen wie diese hier, kann eigentlich jeder solche Gänge zaubern. Da bin ich mir ganz sicher. Ich freue mich natürlich, wenn es Ihnen auch gefällt. Die besten Grüße ereilen Sie aus Berlin.
Das sieht so wahnsinnig gut aus! Ich bin seitdem ich 14 Jahre alt bin bereits Vegetarierin und ebenfalls sehr froh darüber, dass sich die Auswahl in den meisten Restaurants geändert hat und auch die Qualität der veganen/vegetarischen Gerichte wesentlich besser geworden ist!