Berliner Speisemeisterei • Life as a chef 👨🏻‍🍳

Mein Name ist Steffen Sinzinger (42). Ich betreibe den Blog die Berliner Speisemeisterei seit mehr als 13 Jahren und schreibe hier über alle gastronomischen Themen, welche mich begeistern. Ich bin gelernter Koch und habe den Großteil meiner beruflichen Karriere in der Berliner Gastronomie verbracht. Ich freue mich, dass Du zur Berliner Speisemeisterei gefunden hast.

Tierschutz in der Gastronomie: Der Fall Frank Rosin

Tierschutz in der Gastronomie: Der Fall Frank Rosin

Der Umgang mit lebenden Krustentieren in der Gastronomie ist ein sensibles Thema, das in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit erhalten hat. Es geht dabei um ethische Fragen, rechtliche Vorgaben und kulturelle Ansichten – und um die Verantwortung von Profiköchen und öffentlichen Persönlichkeiten. Ein kürzlich aufgetretener Fall mit dem Sternekoch Frank Rosin hat eine Debatte ausgelöst, die uns auch die Problematik selbsternannter Experten in der öffentlichen Diskussion zeigt. Mit diesem Beitrag möchte ich beleuchten, wie der Tierschutz in der Gastronomie verankert ist, welche Verantwortung Köche und Influencer in ihrer Vorbildfunktion tragen und warum sachliche und fundierte Diskussionen in sozialen Medien immer schwieriger werden.

Hummer

Tierschutz in der Gastronomie: Der Umgang mit lebenden Krustentieren

Die Frage, wie wir mit lebenden Krustentieren umgehen, stellt die Gastronomie regelmäßig vor ethische und praktische Herausforderungen. Schon seit Jahrhunderten gelten Schalentiere wie Hummer und Krebse als Delikatesse, doch erst im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Methode der Zubereitung als standardisierter Prozess, insbesondere in der gehobenen Küche in Europa und Nordamerika. Diese Entwicklung führte auch dazu, dass über die ethischen Aspekte des Tötens und Kochens von Krustentieren diskutiert wird.

In Deutschland schreibt das Tierschutzgesetz vor, dass Wirbeltiere und andere empfindungsfähige Tiere vor dem Tod betäubt werden sollen. Doch für Krustentiere gibt es keine gesetzliche Pflicht zur Betäubung. Das Einfrieren oder ein gezielter Stich durch das Nervenzentrum gelten als humane Methoden, doch wird dies in der Praxis nicht immer umgesetzt. Das „Lebendkochen“ in kochendem Wasser ist in Deutschland erlaubt, während das Garen in heißem Fett verboten ist. In verschiedenen europäischen Ländern und weltweit existieren zudem unterschiedlich strenge Regelungen, die den Tierschutz bei der Schlachtung von Krustentieren betreffen.

Tierschutz in der Gastronomie

Angesichts der Diskussion über das Tierwohl und die steigenden Anforderungen an humane Methoden setzen einige Gastronomien auf Alternativen. Immer mehr Unternehmen bieten tiefgefrorene, bereits getötete Krustentiere an, die den Tierschutzstandards entsprechen und eine ethische Option darstellen. Anbieter wie FrischeParadies, Deutsche See und Metro führen solche Produkte im Sortiment, was es Restaurants ermöglicht, den Bedarf an lebenden Tieren in der Küche zu reduzieren. Diese Optionen minimieren nicht nur das Tierleid, sondern bieten auch Vorteile wie Kalkulationssicherheit und reduzierte Lebensmittelverschwendung. Gerade für die gehobene Gastronomie, die immer öfter internationale Standards und ethische Verantwortung vereint, sind solche Lösungen sinnvoll.


Der Fall Frank Rosin und die öffentliche Diskussion über Verantwortung in der Küche

Ein prominentes Beispiel für die Herausforderungen im Umgang mit lebenden Krustentieren ist der kürzlich aufgetretene Fall mit Sternekoch Frank Rosin. In einer Fernsehsendung legte Rosin lebende Flusskrebse in heißes Fett, was in Deutschland als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz gilt. Der Deutsche Tierschutzbund zeigte ihn daraufhin an, da diese Vorgehensweise als extrem qualvoll für die Tiere eingestuft wird. In der Sendung war deutlich zu sehen, dass einige der Flusskrebse noch lebten, als sie in der Pfanne umgerührt wurden. Das Verhalten des Kochs wurde von Tierschutzorganisationen und vielen Zuschauern stark kritisiert, die dieses Vorgehen als rücksichtslos gegenüber empfindungsfähigen Lebewesen empfanden.

Frank Rosin äußerte sich im Nachhinein auf Social Media zu dem Vorfall und bedauerte die Situation. Doch viele empfanden seine Erklärung als unzureichend, da sie weniger Einsicht in den eigentlichen Tierschutzgedanken erkennen ließ und mehr wie ein Versuch wirkte, die Verantwortung auf äußere Umstände oder das Produktionsteam abzuwälzen. Zudem hat Rosin sein Statement inzwischen wieder von seinem Instagram-Kanal entfernt, was von vielen bedauerlich aufgenommen wurde und zusätzliche Irritationen auslöste. Für viele Zuschauer und Kritiker bot diese Reaktion ein schwaches Eingeständnis, das die Problematik des Tierschutzes in der Gastronomie nicht angemessen aufgriff.

Tierschutz in der Gastronomie

Als bekannter Sternekoch und TV-Persönlichkeit übernimmt Rosin eine wichtige Rolle, wenn es um die ethischen Standards und das Vorbildverhalten in der Gastronomie geht. Solche Vorfälle zeigen, dass öffentliche Persönlichkeiten die Verantwortung tragen, ethische Standards zu setzen und die geltenden Tierschutzgesetze zu respektieren. Viele Menschen, darunter auch junge Köche, sehen in ihnen Vorbilder. Gerade deshalb ist es wichtig, dass öffentlich agierende Köche ihrer Rolle bewusst sind und diese Vorbildfunktion verantwortungsvoll nutzen.


Die Herausforderung der öffentlichen Debatte: „Selbsternannte Experten“ auf Social Media

In der Debatte um den Fall Rosin meldeten sich viele Nutzer auf Social Media zu Wort – darunter auch zahlreiche „selbsternannte Experten“, die die Vorgänge aus einer externen Perspektive und oft ohne tiefere Kenntnisse beurteilten. Häufig basiert ihr Wissen eher auf Hörensagen als auf tatsächlicher Fachkenntnis. Problematisch ist dabei das oft renitente Verhalten, mit dem diese Personen ihre Meinung vertreten und dabei selbst auf fundierte Gegenargumente oder belegte Fakten kaum eingehen.

Für jemanden wie mich, der auf über 23 Jahre Erfahrung in der Gastronomie zurückblickt, ist eine sachliche Diskussion unter solchen Umständen kaum möglich. Trotz der Anführung klarer Belege und fundierter Erfahrungen beharren viele dieser branchenfremden Personen auf ihrer Sichtweise und beanspruchen Recht – ungeachtet ihrer fehlenden Einblicke in die tatsächlichen Abläufe und ethischen Herausforderungen der Gastronomie. Eine respektvolle und konstruktive Debatte wird dadurch erheblich erschwert, da es oft an einer Bereitschaft fehlt, sachliche Argumente und die Expertise von Fachleuten anzuerkennen.

Wie ich es selbst formulieren würde: „Wer kritisieren will, muss vergleichen können, und wer vergleichen will, braucht Referenzen.“ Jeder kann und darf zum Thema beitragen, und unterschiedliche Perspektiven sind wertvoll für die Diskussion. Doch am Ende des Tages gibt es einen entscheidenden Unterschied zwischen Meinung und fundiertem Fachwissen – und diesen Unterschied anzuerkennen ist wichtig, um eine fruchtbare und sachgerechte Diskussion zu führen.


Tierschutz in der Gastronomie

Abschließende Gedanken

Die Themen Tierschutz und ethische Verantwortung in der Gastronomie sind nicht nur wichtig, sondern verdienen auch eine respektvolle Diskussion auf sachlicher Grundlage. Öffentliche Personen und Köche tragen eine besondere Verantwortung, sich an geltende Standards zu halten und ethisches Verhalten zu fördern. Und wenn es um Kritik geht, dann gilt: Meinungen dürfen geäußert werden, aber für eine fundierte Diskussion braucht es Wissen und eine gewisse Offenheit für belegte Fakten und Fachkenntnisse. Nur so kann ein Dialog entstehen, der nicht in rufschädigenden Anschuldigungen mündet, sondern eine tatsächliche Verbesserung bewirkt.

Steffen Sinzinger

Steffen Sinzinger, Jahrgang 1980, ist ein in Berlin lebender Küchenchef und seit nun mehr als 14 Jahren ein passionierter Foodblogger. In der deutschsprachigen Bloggerszene ist er ein fester Bestandteil und spricht mit seinen breitgefächerten Themen sowohl die professionellen Köche als auch die am heimischen Herd kochende Fraktion an.

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