Die Mehrwertsteuer von 7 % soll zu Beginn des nächsten Jahres wieder auf 19 % angehoben werden. Viele Gastronomen befürchten daher nicht unberechtigterweise die nächste Krise und schlagen online Alarm. Kurz vor der endgültigen Entscheidung des Kabinetts Mitte November rief Kemal Üres dazu auf, noch einmal gemeinsam gegen diese sich anbahnende Gastrokrise Flagge zu zeigen. Eine große Kundgebung oder Demonstration am Brandenburger Tor war geplant. Es sollten so viele wie möglich mobilisiert werden, doch wurden die Erwartungen bei Weitem nicht erfüllt. Die Gastronomie steckt in einer der größten Krisen überhaupt.
Die 7 % müssen bleiben – ansonsten ist die nächste Gastrokrise vorprogrammiert
Die GASTRONOMIE steht am Scheideweg – doch fühlt es sich überhaupt nicht so an, betrachtet man die Anzahl der Teilnehmer der Demonstration gegen die geplante Anpassung der reduzierten Mehrwertsteuer zurück auf 19 % als Gradmesser. Kemal Üres, auch bekannt als GASTROFLÜSTERER, rief öffentlich dazu auf, sich am 6. November vor dem Brandenburger Tor zu versammeln, um noch einmal ein letztes Aufgebot aller betroffenen Unternehmerinnen und Arbeitnehmer zu präsentieren.
Warum droht eine weitere Gastrokrise?
Es geht darum, für den reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 % zu werben. Dieser wurde im Rahmen der Coronakrise einheitlich für alle Gastrokonzepte festgelegt. Ursprünglich war die Motivation der Regierung, den Gastronom:innen die Möglichkeit zu geben, während der Krise die Preise attraktiver zu gestalten, damit sie ihre Restaurants wieder beleben können.
Diese Reduzierung war zeitlich begrenzt und läuft nun aus.
Nun gibt es in der Gastronomie eine weitere Krise – die Inflation und weiterhin der große Fachkräftemangel. Wenn nun die Preise für die stationäre Gastronomie wieder steigen, befürchten die Betreiber, dass noch mehr Gäste als ohnehin schon den Gaststätten fernbleiben. Die Sorge ist berechtigt.
Kemal nutzt seine Popularität und wehrt sich gegen die Gastrokrise
Das war Kemal Üres Grund genug, seinen Einfluss und seine Medienpräsenz mit mehr als 700.000 Followern zu nutzen, um zu einer Kundgebung/Demonstration vor dem Brandenburger Tor aufzurufen. Logischerweise wurde diese auf einen Montag gelegt. Jeder Branchenkenner weiß, dass viele Betriebe an diesem Tag geschlossen haben, und somit wurde eine wichtige Hürde für eine rege Teilnahme aus dem Weg geräumt.
Teilnehmer: Fehlanzeige
Wer nun glaubte, dass dies zu einem Ansturm der Köche, Servicemitarbeiter:innen oder anderen Betroffenen führen würde, wurde enttäuscht. Es kamen vielleicht etwa 300 Teilnehmer, die den Reden auf dem Podium lauschten und unterstützend applaudierten.
Gastredner waren neben Kemal Dr. Martin Behle von der METRO, Alexander Scharf von der Gastro Urban GmbH, Ingrid Hartges von der DEHOGA, Julia Klöckner von der CDU und noch einige andere Branchenvertreter, die unterschiedliche Gründe für den Verbleib der gesenkten Steuer anführten.
Arbeitnehmervertreter: Fehlanzeige
Für solche Aktionen gibt es auch die Arbeitnehmervertreter, die ebenfalls medial die Werbetrommel bei der Politik hätten rühren können. Jedoch habe ich von der NGG (Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten) keinen einzigen Vertreter gesehen. Das oberste Ziel dieser Kampagne ist, gemeinsam für den Erhalt der gastronomischen Vielfalt zu kämpfen und dieser sich anbahnenden Gastrokrise zu stellen. Wenn immer mehr Betriebe aufgrund der gestiegenen Preise durch die Inflation in die Insolvenz gehen, wird die Mehrwertsteueranpassung auf das alte Niveau wie ein Brandbeschleuniger wirken. Das Aussterben hat bereits begonnen.
Offensichtlich war es der Gewerkschaft nicht wichtig genug, sich an einem Montag für 1 Stunde am Brandenburger Tor zu engagieren, um dort für den Erhalt der gefährdeten Arbeitsplätze zu werben. Ein Motiv, das als ureigenstes Interesse einer Gewerkschaft gelten sollte. Ich stelle mir schon lange nicht mehr die Sinnfrage und wurde wieder mal bestätigt, dass im Härtefall nicht mit ihr zu rechnen ist. Sei es drum.
Handwerksvertreter: Fehlanzeige
Als Interessenvertreter hätte der VKD, der Verband der Köche Deutschlands e.V., mit über 7200 Köchen als Mitgliedern infrage kommen können. Hier werden Köche aus unterschiedlichsten Gastronomien repräsentiert. Der VKD wäre sicherlich ein adäquates Sprachrohr, um das Handwerk des Kochs vor einer bevorstehenden Gastrokrise wie dieser zu schützen und dessen Verbleib in Zeiten, in denen alles aufgrund des Personalmangels automatisiert wird, zu gewährleisten. Doch auch hier gab es keinen einzigen Vertreter, der es für notwendig erachtete, für die gesamte Branche das Wort zu ergreifen und eine kurze Ansprache auf dem Podium zu halten.
Spitzenköche: Fehlanzeige
Keine Sterneköche, keine Fernsehköche, keine Vorzeigetalente aus der Gastronomie, die sich hier für eine wichtige Sache einsetzen wollten/konnten/mochten. Ich erinnere mich gut daran, dass einige (Spitzen-)Köche sich über fehlende Wertschätzung und Aufmerksamkeit beschwert haben. Doch von ihnen war keiner zu sehen. Warum das so ist, wird wohl deren Geheimnis bleiben.
Die Entscheidung wird Mitte November gefällt werden
Somit blieb das Feld vorwiegend denjenigen, die eher indirekt davon betroffen sind, da auch ihr Geschäftsmodell, wie zum Beispiel der Vertrieb von Lebensmitteln, gefährdet ist. Die Rede ist von METRO oder Transgourmet. Hoffentlich werden wir auch in Zukunft einen einheitlichen Steuersatz haben, denn alles andere wäre wettbewerbsverzerrend.
Worauf Verlass sein wird, ist der Couch-Protest, wenn die Gastrokrise, also das Worst-Case-Szenario, eintritt. Dies bewirkt jedoch nicht allzu viel.