Loumi Dining – expect the unexpected

Es gibt Orte in Berlin, nach denen ihr ganz besonders Ausschau halten müsst. Solche Secret Spots sind nur kurz in sogenannten Pop-Ups zugänglich. Bei derartigen Private Dinings wird euch dabei als Gast ein sehr individuelles und intimes Erlebnis versprochen – so wie beim Loumi Dining. Dieses Carte Blanche Konzept wird von den Autodidakten Mical und Karl-Louis angeboten. Sollten noch mehr solcher unkonventionellen Konzepte der besonderen Art hervortreten, kann sich die gehobene Gastronomie warm anziehen.

Loumi Dining – klein und intim

Als wir uns in der Berliner Sonnenallee für das Loumi Dining einfanden, mussten wir uns zuerst durch die sehr belebte Straße mit den vielen Shisha-Bars vorbeischlängeln, bevor wir auf einen Neuköllner Innenhof stießen. In der Wohnung angekommen, empfingen uns die beiden Gastgeber Mical und Karl-Louis mit offenen Armen und sogleich war, klar, dass es ein etwas anderes Dining ist, zu dem wir uns eingefunden hatten.

Alles ist direkt eine Spur intimer und individueller als ihr es vielleicht von klassischen Restaurants her kennt. Mical, welche uns als Gastgeberin durch den Abend geleiten wird, während Karl-Louis in der Küche werkelt und die letzten Handgriffe an den ersten Speisen anlegt, führt uns in das Wohnzimmer. Dort warten bereits die weiteren 4 Gäste, die für diesen Abend ein Ticket gebucht hatten.

Denn das Loumi Dining versteht sich nicht als ein konventionelles Restaurant. Das Konzept, welches bereits seit 2019 existiert, ist ein Pop-Up Dining, bei dem an zwei Wochenenden im Monat zumeist untereinander unbekannte Genussmenschen zu einem ungezwungenen Abend mit Speisen und Wein zusammenfinden. Das großartige dabei ist, dass zum Zeitpunkt der Ankunft bereits alles bezahlt ist und ihr euch auf den Abend konzentrieren könnt.

Den kulinarischen Part besetzt Karl-Louis, während der Service-Part Mical zuzuschreiben ist. Kurz nachdem wir angekommen waren und wir uns gegenseitig auf eher lockere Art vorgestellt hatten, ging es auch schon los.

Das Menu

Das Spannende an diesem Erlebnis war von vornherein, dass ich so überhaupt keine Vorstellung davon hatte, was mich erwarten würde. Die Tischnachbarn waren schon ein wenig erfahrener, war es schließlich nicht deren erstes Loumi Dining.

Steinbutt, Apfel & Fingerlimette

Es beginnt mit einem kleinen Snack in Form gut verzehrbarer „One-Biters“, die sehr schnell klar machten, in welche Richtung diese Reise hingeht.

In einem krossen Teig befindet sich ein mit Zitrusmarinade angebeizter Steinbutt, der zusammen mit Apfel und Fingerlimette einen erfrischenden Start bildet.

Was auf den ersten Blick nach nicht viel Aufwand aussieht, ist eigentlich kaum zu überschätzen. Denn hier kochen die beiden aus keiner professionellen, sondern einer privaten Küche heraus. Auf vielleicht 8 Quadratmetern zeigt Karl-Louis mit einem zweiten Koch, was selbst gestandene Köche nicht so ohne Weiteres in einem professionell eingerichteten Umfeld umsetzen können. Allein schon das knusprige Tartelette mit Steinbuttfüllung gut temperiert und mit krossem Biss serviert zu bekommen, ist an diesem schwülen Sommerabend eine Kunst für sich. Über die Kochfertigkeiten nach dem Maximalprinzip wird aber weiter unten noch zu lesen sein.

Zucchini, Pistazie & Perilla

Ein weiterer Knusper folgt auf dem Fuße. Die junge Zucchini, welche als Fächer oben aufliegt, findet sich zudem in geschmorter Form samt Pistaziencreme in der Füllung dieses kleinen Tartelettes.

Es zeigt sich recht schnell, dass bei der Menüerstellung auch die Saison eine wichtige Rolle gespielt hat.

Wagyu Tatar, schwarze Schalotte & Habanero

Das Menu, welches samt Wein bei 169 € angesiedelt war, trägt in der Gesamtfolge eine Menge Highlights in sich. Das erste richtig Große war der Tatar vom Wagyu Beef. Hier nutzt Karl-Louis einen Cut aus dem Nacken eines Beefs aus Nordfriesland.

Dieser gut strukturierte Tatar servieren die beiden mit einer selbst fermentierten Schalotten Creme, welche neben dem Wagyu nur so vor Umami strotzt. Was selbst professionelle Köche in Profiküchen nicht ausprobieren, setzt Karl-Louis einfach in die Tat um. Denn diese Schalotten Creme muss ganze 60 Tage gären. Die Arbeit hat sich gelohnt, sorgte er am Tisch doch für sehr freudige Gesichter, als das Tatar in einer Taco ähnlichen Sellerie-Hardshell mit der Schalotten Creme und einem rauchig- scharfen Habaneroöl serviert wurde.

Ich merke an, wir sind hier erst beim dritten Gang und Mical und Karl-Louis spielen ganz groß auf.

Tintenfisch, XO Sauce, Nishiki Blini

Was sich beim Loumi Dining durch die Bank zeigt, ist das unheimlich große Verständnis von Zubereitungsmethoden und Gartechniken. Es werden für derart sagen wir kompakte Ensembles enorm komplexe Zubereitungen in Kauf genommen, um das Maximale aus dem Produkt herauszuholen.
Auf dem Nishiki Blini thronen Schleifen von Sepia, welche vorher in Hühnerhautbutter gegart, anschließen gefroren, dünn aufgehobelt und schließlich zu diesen hübschen Schleifen gelegt werden. Dessen Marinade bildet eine Sauce aus fermentierten Chilis und XO Sauce. Der Blini selbst ist ein Gebäck aus gegärtem Reis, Pilz Fond und Joghurt.

Diese Komplexität, gerade weil sie so unheimlich stimmig und in jedem Detail absolut sinnstiftend ist, ist grandios. Es bleibt nach wie vor anzumerken, dass hier aus einer Privatküche heraus gekocht wird. Habe ich das schon erwähnt?

Bereits die ersten vier Gerichte sind alles Knaller. Das Wissen hat sich Karl-Louis in den letzten Jahren durch verschiedene Praktika angeeignet und sich typisch eklektisch die besten Techniken und Kombinationen zu einem Fusion Konzept neu zusammen geformt.

Auch die Weinbegleitung überzeugt mich sehr

Was Mical sich zu den einzelnen Gängen als Weinbegleitung herausgesucht hat, ist ebenfalls beachtlich. Dabei setzt sie auf eine ausbalancierte Auswahl an konventionellen, aber auch ausgesuchten Naturweinen.

Tomaten Gazpacho & Feigenblatt

Fruchtig und erfrischend kam die Tomaten Gazpacho mit einer Einlage von Tomate auf den Tisch. Die klare und leicht gelierte Essenz wird zudem angereichert mit einem Feigenblatt Öl, dessen Blätter beide von einer Reise in Frankreich mitgebracht haben.

Thunfischbauch & Kumquat Kosho

Das Produkt für den nächsten Gang kam vom Fischclub Berlin, der seinen Sitz in der Markthalle Neun hat. Es geht um einen großartigen Thunfischbauch, welcher zusammen mit der Kumquat Kosho, einer japanischen fermentierten Sauce aus Kumquat, hervorragenden harmoniert. Scheiben von jungen Radieschen geben einen leichten Biss und lenken nicht zu sehr vom zart schmelzenden Thunfischbauch ab.

Maitake, Buchweizen Kofi & Hefe Sabayon

Eine außerordentliche Experience wurde uns beim nächsten Teller zuteil. Eine vielseitige Darstellung von Umami wurde in Form von einem Maitake, Buchweizen Koji und einer Hefe Sabayon geboten. Auf dem für meine Begriffe doch recht unbekannten Maitake liegt erhaben eine dünne, temperierte Scheibe von Guanciale sowie ein frisches Zitronenschalenpüree. Daneben setzten die beiden eine luftige Hefe Sabayon, welche aufgrund des Fettanteils natürlich als ein gewisser Geschmackboost fungiert – 50 Shades of Umami.

Steinbutt, Sauce Vin Jaune & N25 Kaviar

Nach dem jüngst erlebten Spektakel waren wir fast froh mit dem nun eingesetzten Fischgang eine Auszeit zu erleben. Dieser sanft gegarte Edelfisch kommt mit einer Sauce Vin Jaune, der wohl beliebtesten französischen Sauce der letzten zwei Jahre. Zusammen mit einer Zucchiniblüte und N25 Kaviar aus München serviert man uns ein aromatisches Zwiebelpüree mit Feves und Erbsen.

Wagyu, Kampat Pfeffer & Pfifferlinge

Das Wagyu Stück aus dem Rumpsteak ist von wunderbarer Qualität und ohne viel Tam Tam mit gebratenen Pfifferlingen und jungem Lauch angerichtet. Die Jus, kräftig und voluminös, lässt Noten von Ponzu erkennen. Der Brioche mit Honig Butter und Rinder Garum ist der perfekte Begleiter, um bloß keinen Tropfen dieser großartigen Sauce übrig zu lassen.

Holunder Amazake & Erdbeere

Zusammen mit dem Muskat Love Weißwein aus der Pfalz, wird das erste Dessert gebracht. Eine Zusammenstellung von Holunderblüte mit fermentierten süßen Reis und Beeren bildet die süße Ouvertüre ohne zu erschlagen – ganz im Gegenteil.

Kokuto Eis & Lapsang

Aus Kokuto hergestellt, einem braunen Rohrzucker aus Japan, erreicht uns ein Eis mit Lapsang Tee. Der Geschmack ist sehr eigen. Karl-Louis meint, dass man diesen Geschmack entweder liebt oder hasst – dazwischen gibt es wenig. Wir hatten Lover und Hater am Tisch. Dennoch fanden wir es gut. Muss wohl an der Atmosphäre gelegen haben.

Arabica Pudding & Wasanbon

Ein an Crème Brûlée erinnernder Pudding wurde mit einer hauchdünnen Schicht von Wasanbon karamellisiert. Die leicht süßen Malznoten des Zuckers passten sehr gut zu der leichten Kaffeecreme. Für mich als Kaffeeliebhaber der einzige koffeinhaltige Part des Abends.

Petit Fours

Und dieser endet klassisch mit Petit Fours von weißem Nougat, Madeleines mit Miso und Zitrone und einem stark sauren Kalamansi Gelee, zu dem sich die Gastgeber auch gerne mit an den Tisch gesellten. Die herzliche Nähe der Hosts, die tollen Speisen und vor allen Dingen der ungezwungene und gastfreundliche Service, der in diesem Bericht neben all den großartigen Weinen viel zu wenig Aufmerksamkeit erhielt, schufen eine unvergessliche Erfahrung, die wir gerne gemacht haben.

Wenn du mutig bist, wirst du belohnt

Wir waren unheimlich geflasht. Was in Verbindung mit superb ausgesuchten Weinen auf den Teller gebracht wird, ist einfach nur großartig. Würde ich mich klassischen Bewertungskriterien bedienen, müsste ich Loumi Dining ganz klar in die Richtung der Sterneküche ansiedeln. Was hier in einer kleinen Wohnungsküche zubereitet wird, findet sonst nur in professionell eingerichteten Umgebungen statt. Die Gespräche mit den anderen Teilnehmern waren erheiternd und unterhaltend, so dass ich dem Loumi Dining meine ganz klare Empfehlung aussprechen kann.

Ich würde sogar dazu raten, so schnell wie möglich zu buchen, da die sechs Plätze schnell vergriffen sind. Auf Wunsch wird auch eine alkoholfreie Begleitung angeboten.