Aromen – Das Kochbuch
28,00Rote Bete mit Kaffee? Erbsen mit Holunderblüten oder gar Himbeere? Das sind Fragen, denen sich Heiko Antoniewicz für seine Leserschaft gestellt hat. Denn er verfolgt den Anspruch, das sogenannte Foodpairing in die heimischen vier Wände zu bringen. Denn dort soll auch dem durchdachten Paaren von ungewöhnlichen Geschmacksakkorden gefrönt werden. Dafür braucht es ein gewisses Maß an Grundwissen und die Kenntnis, welche Lebensmittel miteinander funktionieren und welche eben nicht. Darüber hat sich Heiko in seinem neuen Werk Aromen – Das Kochbuch aus dem DK Verlag den Kopf zerbrochen. In dieser Rezension gehe ich der Sache auf dem Grund, ob ihm das auch gelungen ist.
Aromen – Das Kochbuch vom Meister des Foodpairings
Ich muss eingestehen, dass ich die Werke von Heiko Antoniewicz nicht immer chronologisch besprechen kann. Erst kürzlich habe ich von ihm das kurz zuvor veröffentlichte Werk namens Asche* erhalten und bisher noch nicht den Moment abpassen können, es angemessen zu besprechen. Für mich ist es wichtig, dass ich eine Kochbuchbesprechung nicht nur mit ein paar wenigen Zeilen beurteile. Das wird dem Leser dieses Blogs, also dir, und vor allen Dingen nicht dem Autor und schließlich dem Verlag nicht gerecht. Daher werde ich das Werk Asche erst einmal schieben und mich aktualitätsbedingt dem neuen Kochbuch namens Aromen – Das Kochbuch aus dem DK Verlag widmen. Heiko wird es mir nachsehen.
Aromenküche a.k.a. Foodpairing
Heiko Antoniewicz vorzustellen, ist auf diesen Seiten wohl längst nicht mehr notwendig. Heiko ist höchst umtriebig, inspiriert mit einer Vielzahl an Kochbüchern nicht nur Profis sondern auch Hobbyköche. Er ist Impulsgeber, da er stets einen guten Riecher für Trendthemen besitzt und zudem erkennt er Zusammenhänge und kann so auch sehr gut das große Bild wiedergeben.
Das Thema dieses Buches ist keines, welches er nicht schon in einem anderen Verlag besprochen hatte. Damals wurde es noch der Thematik des Foodpairings zugeordnet und unter dem Pseudonym Flavour Pairing auf den Markt gebracht. Sicherlich spricht das hier genutzte Wording in Form von „Aromen“ viel besser die Zielgruppe an. Doch im Grunde ist es nichts Anderes als Foodpairing.
Foodpairing mag auch für die Allgemeinheit zu sehr nach Experimentieren oder Versuchsküche klingen. Das ist vielleicht nicht jedermanns Sache, gerade dann, wenn man zu Hause hungrige Mäuler direkt nach dem ersten Versuch zufriedenstellen möchte.
Warum sollte man sich dieses Foodpairingbuch zulegen?
Stellt sich nur noch die Frage, warum genau sich der nicht-professionelle Leser solch ein Buch, bei dem gerne ungewöhnliche Dinge kombiniert werden, zulegen sollte. Denn beim Foodpairing wird im Grunde genommen gerne ein recht explorativer Weg eingeschlagen, um bei ungewöhnlichen Verbindungen, wie Banane und Petersilie, dann doch einen geschmacklichen Treffer zu landen.
Um gelungene aromatischen Abfolgen zu erzeugen, bedarf es eines entscheidenden Grundwissens, welches wie eine Art Geschmacksthesaurus* funktioniert. Der Leser benötigt folglich einen Rundumschlag, was es eigentlich genau heißt, Aromen einzuordnen und mit ungewöhnlichen bzw. unüblichen Geschmäckern zu kombinieren. Das schaffen selbst gelernte Köche nicht immer auf Anhieb und ist nicht selten mit viel Offenheit und vor allen Dingen Erfahrung zu meistern. Die meisten Chefköche sind gleich wohl in der Lage, beispielsweise Speisekarten aus dem Effeff zu schreiben, ohne jeden Geschmacksakkord direkt probieren zu müssen.
Für die Hobbyköche zuhause soll also nun dieses Kochbuch namens Aromen von Heiko weiterhelfen. Er lässt dem Leser in Aromen – Das Kochbuch viel Zeit, um sich mit der Thematik auseinandersetzen zu können. So nähert er sich dem Leser nach dem Vorwort mit der Frage „Was schmecken wir eigentlich“ und leitet daraufhin weiter zu der Materie der Aromenkomposition, wo er Garmethoden umschreibt, die Aromen heraus kitzeln. Beispielsweise geben Röstaromen bei vielen Gerichten erst die gewünschte Note oder bewirkt das Garen unter Druck (Sous Vide) großartige Resultate, welche man auf sehr bequeme Art erzielen kann. Überhaupt definiert Sous Vide viele Bereiche des Kochens neu.
Zu den Basics gehört natürlich das Handwerksgerät und obendrein eine Auflistung von Dingen, die vermutlich jeder von uns zuhause hat, um noch mehr Aromatikboost in die Speisen zu bekommen.
Eine angenehme Auswahl an Grundrezepten à la Jus diverser Fleischsorten, Fonds und Vinaigrettes komplettieren die Einleitung bevor es mit den Rezepten losgeht.
Rezepteaufbauf in Aromen – Das Kochbuch
Die Rezepte in diesem Buch sind in verschiedene Kapitel untergliedert. Es geht mit dem „Gemüse“ los und führt später über „Fisch“, „Fleisch“ und schließlich „Frucht“. Inmitten dieser Abschnitte finden sich sogenannte Aromenportraits und Tastings von 5 verschiedenen kulinarischen Protagonisten. So werden dem Allrounder Kaffee oder etwa der Sojasauce eine Doppelseite spendiert, um das entsprechende Produkt zu umschreiben und mögliche Kombinationsmöglichkeiten näherzubringen.
Natürlich gilt das Hauptaugenmerk den Rezepten, dessen Aufbau mit einer recht großen Schrift gestaltet wurde. Die Zutaten und Zubereitungsanleitungen sind übersichtlich angeordnet. Man findet sich schnell und unkompliziert zurecht. Obendrein ist die Bildsprache eine sehr angenehm, natürliche.
Auf diese Weise sind Speisen, die vom Lesen her freilich sehr gewagt klingen, viel besser einzuordnen, wenn sie optisch sehr ansprechend aussehen. Das erreicht Heiko mit den Gerichten, wie „Weiße Schokolade, Kardamom und Hähnchen“. Dafür lässt er Hähnchenbrustfilets in einem Kardamomsud gar ziehen. Ist die Brust fertig gegart, wird dieser Fond genutzt, um mit Hilfe von weißer Schokolade und Chili die spätere Sauce zu ziehen.
Ein Beispiel für eine Aromenvielfalt im fischigen Bereich sind die Miesmuscheln mit Karottenkaramell und Maracuja. Insbesondere finde ich die Herstellung der süßen Karottensauce sehr interessant. Hier wird ein halber Liter Karottensaft mit Anis stark reduziert und mit Orangensaft abgeschmeckt. Diese Reduktion bildet dann später auf dem Teller die Brücke zwischen den klassisch gedünsteten Miesmuscheln und der ememulgierten Maracujasauce.
Die eher exotische Variante von Miesmuscheln dürfte zuhause unter Garantie für hervorragende Überzeugungsarbeit sorgen, sich dem Thema der Aromenküche und vor allen Dingen dem mutigen Einsatz von unbekannten Geschmacksakkorden einmal mehr zu widmen.
Vielseitiges Gemüse
Was wiederum sehr gut funktionieren dürfte, ist die geschmorte Aubergine mit Vanille und Sauerrahmschaum. Den besonderen Kick bekommt dieses Gericht durch den Einsatz von Ingwer. Seine spezielle Schärfe und Säure lässt sich enorm vielseitig in warme und kalte Speisen einsetzen. Die Aubergine ist nicht weniger verschieden einsetzbar.
Durch eine besonders heiße Verarbeitung, wie dem Rösten oder Backen, kann sehr leicht ein Raucharoma erzeugt werden. Der Estragon, welcher mit seinen ätherischen Ölen Anisnoten beisteuert, sorgt für ein Mehr an Komplexität. Alles in allem ist dieser Zwischengang leicht nach zukochen und vermutlich noch viel raffinierter im Geschmack.
Für wen ist das Buch geeignet?
Hier hat sich der DK Verlag als Zielleserschaft offenbar ganz gezielt den Hobbykoch auserkoren. Weder greift Heiko auf schwer zu beschaffende Artikel zurück, noch nutzt er Highend Gerätschaften, die kaum einer zuhause stehen haben dürfte. Über den Schwierigkeitsgrad der Zubereitung braucht man sich ebenfalls keine Sorgen machen. Ich halte all das hier Gezeigte für umsetzbar, gleich wenn man nicht die allergrößten handwerklichen Voraussetzungen mitbringt. Was der/die Leser*in braucht ist Offenheit. Ohne diese kann er/sie vermutlich nur einen Bruchteil der Rezepte nachmachen. Denn Heiko lädt mit diesem Werk dazu ein, bekannte Geschmackspfade zu verlassen und Neues auszuprobieren.
Fazit zu Aromen – Das Kochbuch
Das neue Kochbuch von Heiko Antoniewicz ist ein gelungenes Buch. Das Versprechen, Foodpairing für den heimischen Herd umsetzbar und mit ansprechenden Rezepten aufzuzeigen, ist Heiko mit Aromen – Das Kochbuch besonders gut gelungen. Es hätten für meinen Geschmack viel mehr reine Desserts sein können. Denn gerade hier fand in den letzten Jahrzehnten ein enormes Maß an Entwicklung in der Gastronomie statt. Ansonsten überzeugt dieser Titel mit kreativen und nicht zu abgedrehten Gerichten.
Was mich staunend zurücklässt, ist der sehr günstige Preis. Meiner Meinung nach hätte das Buch den einen oder anderen Taler mehr kosten dürfen. Wer sich einmal untypische Gerüche und Geschmäcker in die eigene Küche holen möchte, ist sehr gut mit diesem Kochbuch von Heiko Antoniewicz beraten. Es zeigt sehr spannende Foodpairings, die jeden Hobbykoch nur bereichern können.