Jede Zeit hat ihre eigenen Herdhelden. Für jede Generation gibt es gewisse Protagonisten, die sich kontinuierlich ein Image aufbauen und somit nach einer gewissen Karenzzeit durch ihr Qualitätsdenken, der transportierten Philosophie und am Ende auch Konsequenz eine Daseinsberechtigung genießen, wie kaum ein Zweiter. Stevan Paul ist so ein Mensch. Er ist für mich zuerst als Foodblogger in Erscheinung getreten, das verschwand mehr und mehr. Heute ist er für mich vornehmlich eine Kochbuchautor und Kenner der Szene. Das was er schreibt, hat Hand und Fuß. Sein neuestes Kochbuch nennt sich Schneller Teller und ist somit ein „Best of“ der Gerichte, welche bereits in den unzähligen Ausgaben der Effilee Platz gefunden haben. Eine Rezension.
Stevan Paul • Eine Instanz
Es war vermutlich eine Frage der Zeit, bis es erneut zu dieser Rubrik aus dem Foodmagazin Effilee einen Spin-Off gibt. Denn diese zählt seit zehn Jahren zu einer der beliebtesten Kategorien in dem bekannten Magazin, welches für meine Begriffe zu stark in den Hintergrund gerückt ist. Mir sind noch viele Ausgaben im Gedächtnis. Vor allen Dingen die Weihnachtsausgabe, dessen Jahr mir jetzt nicht einfallen mag. Rieb man das Cover, so konnte man den Geruch des abgebildeten Zimtsterns riechen. Das war schon ein ganz großer Wurf und gerade zu der Weihnachtszeit mit all den verschiedenen Düften und Aromen in der Luft ziemlich einfallsreich. Gab es sowas eigentlich noch mal?
Doch zurück zum Autor. Stevan Paul ist in der Foodbloggerszene sehr bekannt. Unter all den Schreiberlingen ist der gebürtige Ravensburger, welcher heute in Hamburg zu Hause ist, sowas wie ein Dino. Sein Blog „Nutriculinary“ ist eine Institution. Er hat mit den Jahren mehr und mehr Kochbücher herausgebracht und ist außerdem sehr umtriebig, wenn es um Projekte seitens der deutschen Lebensmittelwirtschaft geht. Viel unterwegs und absolut weltoffen, so würde ich ihn nach dem einen oder anderen Treffen umschreiben. Er versteht es gut, Dinge richtig einzuordnen. Seine Profession als gelernter Koch hilft ihm dabei. Natürlich praktiziert er bei all den Aktivitäten diesen Beruf längst nicht mehr. Doch ist er durch seine starke Vernetzung dicht am Puls und ziemlich trendsicher.
Ich möchte meinen, in der deutschen Bloggersphäre, gerade im Foodbereich, hat es in den letzten Jahren eine Ausdünnung und zunehmende Professionalisierung gegeben, die den einen oder anderen veranlasst haben, damit aufzuhören. Aber nicht Stevan Paul.
Schneller Teller, das Buch
Was er mit voller Passion betreibt, ist das Kochbuchschreiben. Mit dem Werk „Schneller Teller“ verfolgt Stevan Paul den Anspruch, Speisenzubereitungen anzubieten, die keine großartigen Kochkünste voraussetzen und zudem gleichzeitig immer noch ein gewisses Maß an kulinarischen Anspruch verfolgen. Klingt weitaus komplizierter als es auf den ersten Blick scheint. Denn gutes Kochen fängt bereits beim Einkauf an. Obendrein suggeriert der Titel nicht nur eine rasche Zubereitung, er verspricht es sogar. Und wer sich jetzt an den Titel mit gleichem Namen aus dem Jahr 2012 erinnert fühlt, kann beruhigt sein. Hier gibt es keine Überschneidungen. Man kann sich also getrost beide Werke zulegen.
Der Aufbau
Da die Geschwindigkeitsangabe „schnell“ ja relativ ist, machte er sich in dem Buch die Mühe, die Rezepte in unterschiedliche Kapitel mit dem jeweils benötigtem Zeitfenster zu unterteilen. So gibt es in 5- Minuten- Schritten Kapitel von 15 bis 35 Minuten. Wem die Zeitangabe schnurz ist, der kann sich auch das Rezept der Wahl aus dem alphabetisch sortierten Index ganz hinten im Buch ziehen. Auf den 438 Seiten (das Buch wirkt auf den ersten Blick nicht so umfangreich) finden 200 Rezepte Platz. Diese sind in ihrer Aufteilung übersichtlich. Ein Dreizeiler gibt kurz Info darüber, was hier und dort eigentlich abgebildet ist und später gekocht werden soll. Die Zutaten und Zubereitungsliste ist absolut funktional und lässt kaum Wünsche offen. Bei einigen Rezepten ist zudem noch ein Hinweis oder Tipp angefügt.
Die Gerichte
Neben der benötigten Zeit gibt es zum Beispiel Kategorien wie „Salat“, „Dessert“, „Vegetarisch“, „Vegan“ oder „Innereien“ und natürlich die regionale Zuordnung. Stevan schränkt sich bei den Gerichten nicht ein und stellt eine recht hohe Bandbreite dar. Erwähnenswert sind das „Kartoffel- Fischcurry mit Kartoffelsalat“, das „Hähnchen- Taco nach Art der Pekingente mit Mangosalsa“ oder etwa ein „Kaltes Braten-Knusperschnitzel mit frittierten Kapern“. Die Zutaten sind dabei weitestgehend einfach zu beschaffen. Ich kann da keine großen Herausforderungen erkennen.
Das Look & Feel
Das Buch wirkt rein haptisch recht hochwertig und macht einen soliden Eindruck. Besonders gefällt mir hierbei das praktische Format. Es ist weder zu groß noch zu klein. Perfekt für einen Menschen, welcher vielleicht beim Kochen nicht so dermaßen auf die Geschichte hinter den jeweiligen Tellern, sondern viel mehr Wert auf die Rezepte an sich legt. So kann man den Fokus gezielt auf das Kochen legen ohne dass das Buch dabei zu viel Platz auf dem vermutlich eher kleinen Küchentisch wegnimmt. Lesebänder geben Hilfe zur schnellen Navigation zum favorisierten Rezept.
Fazit
Sehr positiv ist, dass zu jedem Gericht ein Bild vorliegt. Man erkennt immer, wohin die Reise gehen soll. Einzig und allein das stilistische Mittel, dass sämtliche Bilder ein wenig ausgeblichen sind, weil die Helligkeitsregler für meine Begriffe ein wenig zu stark hochgezogen wurden, dämpft meine Euphorie an den Bildern ein wenig. Ansonsten bleiben bei einem so unwiderstehlich geringen Preis kaum Wünsche offen. 29,90 € sind fast schon zu niedrig bemessen, bedenkt man, dass hier eine sehr hohe Zahl an Rezepten geliefert wird. Auch die Skalierung auf Rezepte für zwei Personen halte ich für löblich, gibt es in dieser Rubrik viel zu wenig namenhafte Bücher. Gibt es eigentlich gute Bücher für Singles?
Wer also Gerichte der unkomplizierten Art mag und dabei auf der Suche nach nicht alltäglichen Kombination ist, setzt beim Kauf von diesem Buch auf eine sichere Bank.