Heute nutze ich einmal das Podium für ein Anliegen in eigener Sache. Es geht um nichts Anderes als die ewigen Grabenkämpfe zwischen Service und Köchen, welche im Großen und Ganzen eigentlich nur aufgrund einer Sache herrühren. Das liebe Trinkgeld. Der Gast macht sich zumeist nicht im Entferntesten Gedanken darum, was eigentlich dieser Obolus, den er bei einem guten Essen neben der bezahlten Rechnung obendrein liegen lässt, auslöst. Ein Bericht über eine gut gemeinte Belohnung, welche am Ende des Tages das Team spaltet.
Trinkgeld und deren Herkunft
Woher kommt eigentlich dieser Brauch, über das geforderte Maße hinaus, dem Betreiber eines Restaurants oder Lokals Geld dazulassen?
Nachgewiesen wurde es bereits im Mittelalter. Dem Namen nach, war es wohl üblich, dass der Spender dieser Bonuszahlung bei der Übergabe den Wunsch äußerte, der Begünstigte möge das Geld vertrinken. Aber nicht nur Kellner oder Gastgeber waren Empfänger solches “Trinkgeldes” sondern auch Beamte, dessen festes Gehalt nicht sonderlich hoch gewesen war.
Sie waren ebenso auf solche Spenden angewiesen. Im deutschen Wörterbuch wird bereits im 14. Jahrhundert das Wort Trinkgeld erwähnt. Damals per Definition als “kleinere Geldsumme für außer der Regel geleistete Dienstverrichtungen”. Es war zudem auch als Biergeld bekannt. Der spätere Einsatz ist somit geklärt. So rührt die Herkunft jedenfalls in Deutschland her. In anderen Ländern, wie England oder den USA, lief das nicht so ab.
Tip in anderen Ländern
In England ist man sich noch nicht einmal sicher, warum es überhaupt “Tip” genannt wird. Von den Forschern wird die Erklärung “to Einsure promptness/ to improve Performance” nicht als Ursprung anerkannt. Offensichtlich stammt die Bezeichnung eher aus der Unterwelt, wo mann das Wort “tip” auch mit der Bedeutung “geben, weitergeben oder etwa weiterleiten” nutzte. Dort wurde dieser sogenannte “Tip” zum ersten Mal in einem Theaterstück 1707 erwähnt. Also viel später als hier bei uns.
Noch viel später erreichte die Staaten diese Sitte. Dort begann man das Geben von Trinkgeldern nach dem Sezessionskrieg. Zu dieser Zeit kamen US-reisende Bürger aus England zurück. Aufgrund der Tatsache, dass dieser freiwillige Zuschuss zur Rechnung die Ideale des Landes zuwiderlief, entschloss man sich das “Tipping” abzuschaffen. Teilweise wurde es noch 1915 als Vergehen bestraft.
Mit der Regierung Trump erwägt man sogar, dass die Arbeitgeber die völlige Kontrolle über die Gelder erhalten könnten. Dass heißt, sie dürften diese einsammeln und darüber verfügen, solange sie den Mitarbeitern den Mindestlohn bezahlen.
Deutschland und der Tip
Wer in Deutschland oder anderswo ausgeht, gut speist und trinkt, gut bedient wird und ansonsten auch zufrieden mit sich und der Welt ist, der wird ganz sicher beim Begleichen der Rechnung einen Betrag gemessen an der tatsächlichen Rechnungssumme liegen lassen wollen. Denn blickt der Gast zurück auf den Abend, wenn der Beleg auf dem Tisch liegt, dann weiß er im Idealfall, dass die Beratung vorab und währenddessen angemessen und adäquat, das Essen sehr gut und in einer angenehmen Zeit auf dem Tisch und die Weine perfekt temperiert waren.
Glückliche Gäste geben heutzutage ein Trinkgeld von üblicher Weise 10 % gemessen am Umsatz. Das macht bei einer Rechnung von 36 € um die 3 bis 4 €. Dem Kellner freut`s und der Gast ist womöglich glücklich darüber, dass man dem Personal etwas Gutes zurückgegeben hat, denn das Trinkgeld wird ja hoffentlich gerecht im Team aufgeteilt. So denkt es der gutgläubige Gast.
Doch weit gefehlt!
Ganz so rosig ist die Situation nicht. In erster Linie hat nur der bedienende Kellner etwas davon. Und das sorgt nicht selten für Streit, weil hier die Lage für alle weiteren Beteiligten im Unternehmen alles andere als gleichberechtigt ist.
Es ist alles eine Frage der Perspektive
Als absoluter Genussmensch bin ich der Letzte, welcher einem Servicemitglied das Trinkgeld nicht gönnt. Wenn ich ausgehe und dabei von einem Servicemitarbeiter bedient werde, der seinen Job höchst charismatisch und humorvoll ausführt, bin ich sogar gewillt, selbst bei schlechtem Essen, Trinkgeld zu lassen. Schließlich hat dieser ja vielleicht über eine Hängepartie seitens der Küche hinweggeholfen.
Doch am Ende bleibt alles stets eine Teamarbeit. Und ich bewerte bei der Rechnungsstellung und der anschließenden Tipvergabe immer die Gesamtleistung. Und diese schließt für mich alle Beteiligten mit ein. Dazu gehört für mich die Servicekraft und natürlich auch der Koch im Backbereich. Wobei ich da auch andere Mitarbeiter sehe, die beteiligt werden sollten, wie zum Beispiel Spülkräfte.
Und denken wir eben nicht nur an die Momente während eines solchen Dinners beim Lieblingslokal um die Ecke, wo alles glatt läuft. Es gibt eben auch die Tage, wo der Gast Extrawünsche beim Essen hat, die nun mal in der Küche umgesetzt werden. Auch passiert es immer wieder, dass der Kellner vergessen hat, alle Speisen aufzunehmen. Beim Einsetzen am Tisch wird der Fehler dann bemerkt und dann muss eben in der Küche schnell gearbeitet werden, damit die fehlende Speise rasch zum Gast gebracht werden kann. Fehler werden dann von den Kollegen in Weiß ausgebügelt.
Die Sache mit dem Lob
Und denkt der Gast, dass alle mündlichen Lobeshymnen in der Küche ankommen, dann hat das ebenso wenig mit der Realität zu tun. Erst wenn jemand explizit sagt, dass die Mitarbeiter in der Küche gelobt werden mögen, kommt man auf die Küche zu. Ansonsten erhalten die Kollegen in Weiß selten Rückschlüsse auf die geleistete Arbeit.
Primär wird tatsächlich der Kellner vor Ort belohnt. Findet das monetär statt, dann entscheidet er selbst darüber, welchen Betrag er für die Gemeinschaft bereit ist, abzugeben. Insofern ist das sicherlich sein Recht, denn die deutsche Gesetzesgebung stärkt ihm dabei den Rücken, ist das Trinkgeld doch einzig und alleine dem betreuenden Kellner gewidmet.
50:50 ist die absolute Ausnahme
Ich habe bereits in so einigen Konzepten gearbeitet und dabei unterschiedliche Arten erlebt, wie das Trinkgeld unter der Belegschaft aufgeteilt worden ist. Auch höre ich von meinen Kollegen in anderen Restaurants oder Hotels, wie das dort betrieben wird. Eines kann ich dabei mit Sicherheit feststellen. Das Trinkgeld wird so gut wie nie 50:50 zwischen dem Service und der Küche aufgeteilt. Derartige Zustände kenne ich persönlich nicht. Auch kenne ich keinen, der so etwas bereits erlebt hat. Aus dem Internet gibt es hier und da Kommentare, wo davon berichtet wird. Es kommt mir aber eher wie ein Ding der Unmöglichkeit vor. Die öffentliche Wahrnehmung ist da offensichtlich eine andere, wie die spätere Umfrage gezeigt hat.
Wahrscheinlicher ist es dann schon eher, dass die Küche einen Abschlag bekommt, der sich am Wohlwollen der Kellner orientiert. Mehr als 20 % der Gesamteinkünfte konnte ich nie in den stets zähen und schwierigen Verhandlungen erringen. Wenn es um das liebe Geld geht, dann ist doch sich jeder selbst der Nächste.
Was denkt der Gast?
Nun hat mich einmal interessiert, wie denn der Gast darüber denkt und daher habe ich eine Umfrage bei Facebook gestartet. Ich habe mit einem recht eindeutigen Ergebnis gerechnet, dass es dann aber derart stark in eine Richtung ausschlägt, habe ich nicht vermutet. Die genaue Fragestellung lautete wie folgt:
1.) Nur der Kellner.
2.) Das gesamt Team.
Insgesamt wurden 475 Stimmen abgegeben. Davon entfielen 40 Stimmen (8%) auf den Kellner und 435 Stimmen und somit 92 % auf das gesamte Team.
Nun mag man das von Fall zu Fall betrachten. Dennoch glaube ich, dass der Großteil, der Trinkgelder, welche geleistet werden, mit dem Glauben dem Kellner überreicht werden, es würde an das gesamte Team aufgeteilt werden. Dass es nicht so ist, habe ich oben beschrieben.
Doch kann man den Mitarbeiter im Service bei aller Vernunft nicht dazu zwingen, diese Einnahmen unter allen gerecht aufzuteilen, es sei denn man legt das bereits bei Einstellung im Vertrag fest.
Was ist gerecht?
Und gerecht wäre in meinen Augen bei einem normalen Restaurant 50 Prozent und nicht weniger. Kein Gast kommt in ein Lokal, um mit dem Kellner zu plauschen. Kein Gast setzt sich in ein Restaurant, um nur etwas zu trinken. Die meisten sind in einem Restaurant um etwas zu essen. Da sprechen am Ende die Umsatzzahlen eine deutliche Sprache. In der Regel werden 60 und mehr Prozent mit Speisen erzielt. Der Rest sind die Getränke. Insofern liegt auch hier die Argumentation eher auf der Seite der kochenden Zunft.
Um sich in einem Land wie Deutschland von der Abhängigkeit des Trinkgeldempfängers zu lösen, müssten gesetzliche Maßnahmen her, die es selbigen nicht ermöglichen, Willkür bei der Weitergabe walten zu lassen. Das dies nahezu aussichtslos erscheint, kann sich jeder denken. Bevor in Deutschland alte Gesetze den aktuellen gesellschaftlichen Gegebenheiten angepasst werden, bringt man lieber ein paar Neue an den Start.
Doch es geht auch unbürokratisch! Ich habe kürzlich in einem Beitrag auf Facebook von einem Restaurant gelesen, welches den Gast selbst entscheiden lässt, welcher Teil des Teams einen bestimmten Betrag des Trinkgeldes erhält. So bietet die Rechnung Platz für den Anteil der Küche und dem Service. Diese Verfügung ist bindend und dem Betreiber bleibt nichts anderes übrig, als den Split auch so umzusetzen.
Fazit
Das ist für alle fair und so etwas ist schnell ausgefüllt. Ich würde das aus Perspektive des Gastes sehr begrüßen, auch mit dem Hintergrund, dass ich eben weiß, wieviele Hände im Backbereich an einem gelungenen Abend beteiligt sind. Das sind eben nicht nur die Kellner sondern auch die Spüler und Köche. Man sollte dieses Thema nicht unterschätzen, da in manchen Häusern der Anteil des Trinkgeldes pro Monat und Person oft einen sehr beträchtlichen Anteil in Bezug zum Monatseinkommen ausmacht. Nicht selten gehen in gut besuchten Restaurants die Kellner mit einem zweiten steuerfreien Montatslohn nach Hause. Außerdem sorgt diese Debatte in nahezu jedem Restaurant immer wieder für Spannungen und somit für vermeidbare Konflikte.
Achtung Steuerfalle.
Nur Trinkgeld das direkt uns bar dem Bediener ausgehandigt wird ist steuerfrei.
ALLE anderen Zuwendungen, wie Sparschwein am Tresen , ausgewiesener Rechnungsanteil, aufgerundete Kreditkartenzahlung, Sind steuerpflichtiger Umsatz für den Wirt