Der Titel ist Programm. In diesem Kochbuch, welches im eigentlichen Sinne keines ist, geht es um das Essen aus dem Schwarzwald. Doch auch darüber handelt es nicht. Vielmehr erzählt es Geschichten über Traditionen, Verbundenheit und Heimat und nimmt dafür einen kleinen Umweg. Erwirb über das Essen aus dieser Region vollzogen. Dieser Buchtitel ist gewiss keine übliche Kochlektüre, wie man sie auf diesem Blog erwarten würde. Nein, hier wird heute ein Kunstbuch vorgestellt, welches in erster Linie auch so verstanden werden sollte. Andernfalls bekommt man gerade als ungeübter Herdkünstler seine Probleme. Denn dieses Buch ist eine kleine Zeitreise in die Vergangenheit des Schwarzwaldes.
BlackfoodForest – Das kulinarische Kunstbuch
Ich muss schon sagen, bei diesem Buch brauchte ich mehrere Anläufe, um es zu verstehen. Üblicherweise gehe ich wie bei einem Daumenkino zuerst durch alle Seiten, um mir einen Überblick zu verschaffen. Das geschah auch bei diesem Buch. Was folgte war zunächst Irritation. Ich konnte kein einziges Foodfoto mit fertigen Speisen erblicken. Auch beim zweiten Anlauf änderte sich dieser Zustand nicht.
Als ich nach einem Rezept Ausschau hielt, tat ich mich ebenso schwer, die heutzutage strukturierte Form der Zubereitungsanleitungen ausfindig zu machen. Denn diese gibt es hier auch nicht. Was auffiel waren viele Portraits von Menschen unterschiedlichen Alters in traditionellen Trachten. Ich fing also an zu lesen.
Erst dann kam nach und nach Licht ins Dunkle.
Dieses Kochbuch ist keines. Es ist ein kulinarisches Kunstbuch, welches in erster Linie eine ganz andere Thematik als lediglich die Speisen aus dem Schwarzwald vermittelt.
Der Heimatgedanke neu aufgegriffen
Die beiden Schöpfer dieses Werkes, Claudia Thoma und Michael Wissing, sind Fotografen und haben eine besondere Bindung zu dieser Region. Zusammen mit anderen Schwarzwaldexperten haben sie dieses Buch geschaffen. Es greift im ursprünglichen Sinne die Thematik Heimat auf. Inspiriert von einem vererbten Kochbuch aus dem Jahre 1840 und einer stattlichen Sammlung traditioneller Trachten und historischer Gegenstände eines Bauernhofbesitzers taten sich die beiden zusammen, um genau diese Schwarzwälder Identität in einem Kunstband auf neuartige Weise darzustellen.
Die Brücke zu diesen Welten soll dabei das Essen schlagen. Doch anstatt hierfür auf übliche Weise mit standesgemäßen Fotos von fertig angerichteten Speisen zu zeigen, geht der Food-Fotograf Michael Wissing einen anderen Weg.
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Food-Fotografie auf die ungewohnte Art
Somit zeigt man in dem Buch „BlackfoodForest“ ein Setting von Lebensmitteln im Zustand, der noch nicht einmal als küchenfertig umschrieben werden kann. Tauben sind zum Beispiel frisch geschlachtet, Schildkröten und Insekten lebendig und Obst und Gemüse weitestgehend ungeschnitten und kaum verarbeitet bestenfalls gewogen. Alles wurde für das Foto dekorativ drapiert und abgelichtet.
So erhält der Betrachter einen Eindruck vom Ursprünglichen der jeweiligen Lebensmittel und einen besseren Draht zur Heimat von der hier stets berichtet wird.
Portraits im sehr dramatischen Look
Das geschieht neben den Bildern der Zutaten auch noch über Porträts von Menschen aus dem Schwarzwald in den traditionellen Trachten. Diese Fotoarbeiten wurden von Claudia Thoma angefertigt. Es geschah in erster Linie, um für den Besitzer dieser Trachten einen Internetauftritt mit Bildern der historischen Kleidungsstücke zu generieren.
Als sie sich mit dem Fotograf Michael Wissing zusammentat, um dieses Buch über die Heimat zu gestalten, wuchs in ihr der Gedanke, diese Portraits dafür einzusetzen. Beide waren von der Idee sehr fasziniert. Die eher dunkleren und kontrastreichen Bilder stehen im Kontrast zu den sehr hellen, weißen fast schon ausgebrannten Bildern der Speisen von Michael Wissing.
Die Rezepte
Der Leser erhält mit diesen kreativen Aufnahmen er Lebensmittel also keinen Hinweis darauf, wie der fertige Teller aussehen könnte. Er weiß also nicht, wo die Reise hingeht. Darum sind hier sehr gut und genau formulierte Rezepte essentiell. Man bedient sich für den Aufbau und die Formulierung der Rezepte der gleichen Stilistik wie sie 1840 einmal gewesen ist. Zusammen mit Experten höchster Güte, wie zum Beispiel die Köchin Douce Steiner, übersetzte man die Zubereitungsanleitungen in die heutige Zeit. Ansonsten schauen sie genau so aus, wie sie es früher getan hatten. Ein Beispiel:
Gesonderte Mengenangaben gab es damals nicht, genaue ebenso wenig. Somit war alles und alleine von der Erfahrung des Kochs abhängig, wie die Sache hinterher ausgeht. Ohne diese wird es keinem Möglich sein, diese unfallfrei zuzubereiten.
So wird wiederum verraten, wie es damals wohl zugegangen sein muss, und wie wichtig es war, Köche oder Mitarbeiter mit Erfahrung zu halten, damit derartige Rezepte überhaupt umgesetzt werden könnten. Heutzutage sind die Zubereitungen gänzlich anders formuliert und lassen durch die exakten Angaben üblicherweise wenig Spielraum für Fehler, hält man sich denn an die Vorgehensweise.
Inwiefern man nun der Fotografie etwas abgewinnen kann oder nicht, bleibt jedem selbst überlassen. Die Funktion eines Kochbuchs ist aufgrund der Rezepte und speziell deren Formulierungen, mit sehr kurzen als auch frei interpretierbaren Mengenangaben eher was für altgewiefte Köche als für wißbegierige Anfänger. Mir gefällt der Schreibstil und die Art und Weise wie man so die Zeitreise konsequent durchzieht.
Fazit
Dieses Buch ist eher etwas für den Coffeetable als für den Küchentisch. Es ist beachtlich, wie schön die Fotos der Menschen in den traditionellen Trachten angefertigt wurden. Bilder vom Schwarzwelt selbst gibt es eher wenig zu sehen. Vielmehr wird hier Wert auf die Lebensmittel und die Menschen gelegt, um die Verknüpfung zur Heimat zu erzeugen. Das Buch ist zweisprachig erschienen.