Im Rahmen des kürzlich vorgestellten Kochbuchs über die japanische Kochkunst gibt es ebenfalls ein Werk über die peruanische Küche aus dem Phaidon Verlag. Dieses ist keine Neuerscheinung, jedoch habe ich dieses Land im Frühling dieses Jahres besucht und somit meine ganz eigenen Eindrücke mitnehmen können. Zufälligerweise konnte ich auch drei ganze Tage lang beobachten, wie das Team um den Autor dieses Buchs Gastón Acurio und seine Frau Astrid Gutsche Tag für Tag mit eine der spannendsten Länderküchen dieser Welt auf ihre Weise darstellen. Mit dem Buch Peru haben sie nun einen Band mit Leben gefüllt, welcher die eigene Tradition und deren Wurzeln mit Verflechtungen bis in die heutige Zeit dem Leser aufzeigen soll.
Peru • Die Trendküche der letzten Jahre
Peruanische Küche ist eine Trendküche. Das kann man in Berlin immer noch stark beobachten. Hier gibt es viele Konzepte, welche die Herkunft und dessen Techniken aufgreifen und mehr oder weniger authentisch darstellen. Überhaupt ist zum Beispiel ist Ceviche ein Gericht, welches ziemlich frei interpretiert wird. Aber gerade bei dieser Art der Zubereitung von rohem Fisch habe ich sehr deutlich den Unterschied zu hier gezeigtem und der wahren Küche, wie sie in Südamerika gekocht wird, erkennen können. Die Arbeiten mit dem Team und Falko, welcher zu dieser Zeit auf Inspirationstour war, hautnah erleben können.
Falko Weiß hatte für sein anstehendes Finale des „S. Pellegrino Young Chef Awards 2018“ in Mailand eine einzigartige Möglichkeit erhalten. Er durfte von dem riesigen Netzwerk, welches immens viele Starköche beinhaltet, partizipieren und wurde mit offenen Armen für drei sehr inspirierende Tage in Form eines Praktikums im Restaurant „Astrid & Gastón“ empfangen.
Es ist eines der besten Restaurants der Stadt Limas, ja sogar des Kontinents, wie die Ehrung erst vor einigen Tagen gezeigt hat. Es wurde bei der Verleihung der „Latin Americans 50 best Restaurants 2018“ auf den Platz 8 gehoben und ist somit ein Restaurant, welches man in Lima besucht haben muss.
Sie bietet genau das erfrischende Ensemble, welches man bei einer temperamentvollen Stadt, wie es Lima nun einmal ist, erwartet. Peru steht für einen Mix aus vielen verschiedenen ethnischen Strömungen. Es gibt Einwanderer aus Japan, China, Afrika, Spanien, Italien und aus der arabischen Welt. Die Einwohner dieser Völker brachten so in den letzten 500 Jahren ihre eigene Identität ins Land. Dies ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Fusion-Küche, wie man sie sonst nirgends erleben wird. So entwickelte sich ebenfalls die sogenannte Nikkei-Cuisine. Eine Verschmelzung von japanischer mit peruanischer Küche. Diese konnte sich ebenfalls in den letzten Monaten in unterschiedlichen Restaurants in Europa als auch Deutschland etablieren.
Einer der bekanntesten Köche in Peru überhaupt
Mit diesem Restaurant besitzt der Küchenchef Gastón Acurio aber nicht nur ein Standbein. Er betreibt über 40 Restaurants und das in verschiedenen Preisklassen. Durch seine Konzepte in diesen höchst diversen Schichten hat er ein enormes Potential an Einfluss und auch Popularität, welches er gerade auch bei den jungen Menschen im Land nutzt, um das Interesse für das Kochen zu entfachen.
Wer sonst sollte also die peruanische Küche besser darstellen können? Insgesamt wirft der Autor dieses Buches nach einer kurzen Einführung einen umfassenden Überblick mithilfe von über 500 Rezepten auf das kulinarische Erbe Perus. Sehr weitläufig kommt dabei natürlich das Kapitel Ceviche und eben auch Streetfood weg. Hier gibt man sich nicht die Blöße und lässt viel Raum für sehr viele Kreationen und Ableitungen. Kennt man diese Küche noch nicht, kann man davon sehr schnell erschlagen sein. Die Hülle und Fülle an Informationen ist einfach überwältigend. Man muss dem Ganzen also mehr Zeit geben.
Der Aufbau
Neben „Ceviche“ und „Streetfood“ gibt es an Kapiteln noch „Appetizers“, „Coups, Broths & Chowders“, „Rice, Stir-Fries & Tacu Tacus“, „Stews, Chilies & Roasts“, „Desserts & Sweets“, „Drinks“, „Basic Recipes“, „Glossar“ und natürlich das Inhaltsverzeichnis.
Der Aufbau der Rezepte ist dabei inhaltlich gesehen so strukturiert, wie die ähnlichen Werke dieser Reihe. Neben den Zutaten und der Zubereitung stehen noch Informationen wie der Personenanzahl für die das Rezept geschrieben ist als auch die Vorbereitungs- sowie die reine Kochzeit in der Anleitung. So bekommt der Leser schnell einen Eindruck davon, inwiefern die gezeigten Speisen aufwendig sind oder gegenteiliges der Fall ist.
Vom Stil her kann ich auf jeden Fall einige Speisen, wie ich sie in dem Restaurant in der Küche am Pass gesehen habe, wieder erkennen. Natürlich sind diese hier gerade auch anrichtetechnisch nicht so detailliert abgebildet, wie es in dem Spitzen-Restaurant der Fall ist. Es soll ja bodenständige Küche gezeigt werden.
Es geht um die Aromen und die typische Speisenbereitung Perus, welche hier auf sehr realitätsnahe Weise dem Leser zur Schau gestellt werden. Hier werden solche Teller gezeigt, welche die Leute normalerweise in Peru essen würden.
Wie zum Beispiel dieses Ceviche, welches im Prinzip mit der Tiger Milk und den immer nur frisch eingesetzten Zutaten für eine kinderleichte Küche steht, die nicht frustriert und von jedermann nachzukochen ist. Bei derartigen Rezepten wird nicht auf Komplexität sondern viel mehr auf Frische gesetzt, was gut für den Nachahmer ist, vorausgesetzt er wohnt dort. Denn hier in Europa ist bereits der Erwerb dieser vielen unterschiedlich eingesetzten Chilisorten eine große Hürde. Ebenfalls die vielen Kräutermischungen und Pasten sind nur mit viel Recherche zu bekommen. Dennoch kommt man, versteift man sich nicht zu sehr auf eine 1:1 Nachkocherei, in den Genuss einer ausgewogenen und sehr bodenständigen Küche mit vielen Facetten.
Es gibt leider auch das Problem bei diesem Buch.
Inhalt
Rein inhaltlich betrachtet bildet dieses Buch lange nicht den Background, den zum Beispiel das Werk „Japan“ zu bieten hat, ab. Es wird bei diesem Kochbuch über Peru alles über Rezepte dargestellt aber leider keine Geschichten oder Hintergründe erzählt. Es gibt auf jeden Fall sehr viel über den kulinarischen Hintergrund zu erzählen, dessen bin ich mir sicher. Dem Leser bleibt wohl nichts anderes übrig, als ich mit den Rezepten dann später selbst noch einmal auseinanderzusetzen, insofern er es denn möchte. Dank des Internets ist das heutzutage ja auch keine große Hürde mehr.
Design und Aufmachung
Beim Design gibt man sich sehr farbenfroh und hat diese Zubereitungsanleitungen sehr funktional und ansprechend gestaltet. Die Bilder wirken in ihrem natürlichen Licht allesamt sehr angenehm und bereiten Hunger und Lust auf das spätere Nachkochen auch wenn die Fotografie hier nicht an die Grenzen geht. Genau so sollte es aber auch sein. Das vergessen viele Buchmacher heutzutage, bzw. lassen sie sich von der zu individuellen Bildsprache des Fotografen geiseln. Das Essen steht jedoch bei einem Kochbuch im Vordergrund. Ich möchte gerne mehr von dieser Art der Fotografie in Zukunft sehen. Zu starke und künstliche Licht- und Schattenspiele sind für mich zu einem No-Go geworden.
Fazit – Für wen ist dieses Buch?
Alles in allem ist dieses Buch eigentlich für jeden etwas, der tiefer gehen möchte und sich nicht nur mit einer Adaption von einer peruanischen Küche zufrieden gibt. Hier wird in einem sehr aufgeräumten Buch mit ansprechender Fotografie dargestellt, was Perus Küche im eigentlichen Sinne ist. Einfach und frisch. Der Einsatz dieses Buches wird den Kühlschrank mit gänzlich unbekannten Pasten und Produkten bereichern, soviel ist sicher. Hat man sich erstmal eingelesen, so kann man ganz sicher viele dieser peruanischen Schätze bergen und zu Hause kinderleicht nachempfinden, am besten wie immer in Gesellschaft.
Juan David Ocampo, derzeitiger Küchenchef des Restaurants.