Die meisten Kochbücher, welche ich hier bespreche, entdecke ich durch Eigenrecherche oder durch einen guten Tipp, sei es per Mail oder hin und wieder auch in der Gruppe der Kochbuchecke auf Facebook. Beim Titel „Mein Pannonien“ war das aber gänzlich anders.
Dieses Buch wurde mir vom Verlagshaus selbst ungefragt zugesandt, da dessen Fotografin namens Luzia Ellert den Hinweis gab, dass dieses Buch wohl etwas für mich sei. Hier lag Luzia wieder einmal goldrichtig. Von selbst wäre ich wohl kaum auf diesen Titel gestoßen.
Der Autor ist Küchenchef und heißt Max Stiegl. Seine Küche ist in Österreich ein Begriff und googelt man nach ihm, so stößt man zugleich auf seinen USP. Er hat eine Schwäche für die Innereien. Doch fangen wir von vorne an. Dreh- und Angelpunkt ist, wie im Titel schon beschrieben, Pannonien. Die Recherche bei Wikipedia hat folgendes ergeben.
„ … Pannonien ist eine historische Landschaft in Westungarn, deren Name sich von den pannonischen Stämmen der römischen Provinz Pannonia ableitet. Der Name erhielt sich über das Ende der römischen Herrschaft hinaus und wurde bis zur Ankunft der Magyaren in der Pannonischen Tiefebene auch für politische Grenzziehungen eingesetzt. … “ *1
„Mein Pannonien“
In diesem weiten, flachen Land leben seine bevorzugten Tiere aus denen er die Innereien- Menüs kreiert. Er nennt im Vorwort Tiere wie Gänse, Wollschweine, Pferde aus der ungarischen Tiefebene, Fische aus dem Neusiedlersee, Wildvögel und sogar Frösche. Aufgrund der hochgradigen klimatischen Bedingungen wächst neben hervorragenden Gemüsesorten ebenso roter wie schwarzer Reis, Granatäpfel als auch Quitten. Importierte ungarische Paprika muss man dabei fast schon nicht erwähnen, so berühmt sind diese.
Vor neun Jahren öffnete er mit seinem Team die Pforten des Gut Purbach. Von Beginn an landeten hier viel mehr ungewöhnliche Tierteile auf der Speisekarte, so dass er recht schnell das Image eines Innereienkochs erhielt. Dies geschah jedoch gegen seinen Willen. Die dauerhafte Reduktion auf ein einziges Thema ärgert ihn des Öfteren.
„ … Warum verkochen wir alles? Einerseits, weil ich finde, dass der Respekt gegenüber dem Tier gebietet, es komplett aufzuessen, wenn man es schon vorher geschlachtet hat. Ich habe in meinem früheren Leben zahlreichen Schafen selbst den Hals durchgeschnitten. Wenn Sie das ein paar Mal gemacht haben, werfen Sie so schnell nichts mehr weg. Andererseits heißt Kochkunst für mich, mit dem zu arbeiten, was da ist und daraus etwas Köstliches zu machen. … “ *2
FALSTAFF: Gut Purbach bestes Restaurant
In diesem Restaurant, was er gern als traditionelles, pannonisches Wirtshaus bezeichnet, bietet er einen außergewöhnlichen Gaumenschmaus an. Dieser beinhaltet viele Dinge, die zum Beispiel verkochte Innereien und Gemüsereste, selbst zubereitete Suppen oder gebackenes Brot sein können. Für frühere Verhältnisse war das die ganz normale Tagesordnung. Eine kulinarische Momentaufnahme hat er nun für das deutschsprachige Publikum aufs Papier gebracht.
Ähnlich der großen Naturgewalten (Feuer, Wind, Wasser, Erde) gibt es hier seine pannonischen großen Elemente. Sie heißen hier „Vom Feld“, „Von der Weide“, „Aus der Luft“, „Aus dem Wasser“ und „Von Daheim“. Sie bilden die fünf Kapitel in denen fast 80 Gerichte auf 208 Seiten rezeptiert werden.Bei all dem Gerede über Innereien im Vorwort, habe ich schon eine gewisse Vorahnung gehegt, inwiefern ich denn welche Gerichte auf den ersten Seiten erwarten würde. Doch weit gefehlt. Hier stoße ich zuerst auf eine sehr attraktive Gemüseküche, welche recht farbenfroh daherkommt.
Nicht alle Gerichte sind mit Innereien
So wird hier eine „Gefüllte Paprika mit Bergkäse und Couscous“ feilgeboten. Erst nach einigen Seiten mit Gängen wie dem „Hopfenspargel mit Ziegenkäse“ oder einem klassischen „Kartoffelgratin“ gerät man an eine erste Rezeptur mit Innereien. Die „Kaninchennieren mit Kaiserlingen und Bottarga“ sind zwar nicht abgebildet, doch liest sich die Zubereitung absolut unkompliziert und nachvollziehbar, so dass ich bei Speisen wie diesem, auch ohne Bild folgen kann.
Eine Steigerung kann man zu diesen Gerichten zweifelsohne im zweiten Kapitel ausmachen. Hier gibt es eine frische Erbsencremesuppe mit Minze und gebackenem Lammhirn. Die Anleitungsschritte bei den Rezepten sind zwar nicht durchnummeriert, man findet durch die leicht eingeschobenen Absätze immer wieder recht schnell zurück.Der Stil bei diesen Gerichten liest sich im Gegensatz zu Anrichteweise, die immer sehr filegran und durchdacht wirkt, recht rustikal. Dieser Zusammenspiel wirkt sich aber nicht negativ aus, ganz im Gegenteil. Hier gibt man der bodenständigen Küche so ein sehr attraktives Gesicht.
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Optisch ist die „Poularde en Vessie“ (Hendl in der Blase) hervorzuheben, da sie ein absoluter Hingucker ist. Dies ist ein kleines Hendl, welches in der Schweinsblase gegart wird. Der Anschnitt im Buch schaut sehr beeindruckend aus.
Das letzte Kapitel „Von Daheim“ beinhaltet alle süßen Speisen im Buch. Das sind vor allen Dingen Mehlspeisen im Gewand eines „Briocheauflaufs mit Nüssen, Zimt und Kardamom“, „Burgenlandkipferln“, einer „Dörrtobsttorte“ oder „Gratinierter Herzkirschen mit Zuckerla-Sorbet“.
Luzia Ellert steht stets für großartige Bilder
Für die Fotografie, die ich ausdrücklich loben möchte, zeichnete sich Luzia Ellert verantwortlich. Leider werden in Deutschland längst nicht mehr so oft Kochbücher aus der Sternegastronomie produziert, ansonsten würden wir viel häufiger ihre Arbeit zu Gesicht bekommen. Hier schafft sie es, die tolle bodenständige Kochphilosophie in wunderschönen und harmonischen Bildern zu inszenieren. Diese Bildsprache passt ebenso zum Inhalt des Buchs wie das Design und Layout. Man arbeitet hier mit vielen Weißflächen und überfordert den Leser nicht, indem man auch nur das Nötigste, was es zum erfolgreichen Kochen braucht, platziert.
Fazit
Wer sich gerne mit dem Kochen von Innereien befasst und obendrein inspirierende Einfälle, Ideen und Inspirationen für die Verarbeitung sucht, ist mit diesem Buch bestens beraten. „Mein Pannonien“ wartet mit einer großen Bandbreite an unterschiedlichsten Einsatzmöglichkeiten von ungewohnten Fleischteilen auf.