Brot zu backen ist eines der traditionsreichsten Gewerbezweige überhaupt. Bereits seit mehr als 5.000 Jahren bäckt der Mensch Brot, früher jedoch nur aus Getreide und Wasser und auf heißen Steinen. Heutzutage sieht das ganz anderes aus. Die meisten Haushalte verfügen über einen Backofen. Die Vielfalt der verfügbaren Zutaten hat dazu geführt, dass es alleine in Deutschland über 300 bekannte Brotsorten gibt. Dass dabei jedes Brot anders in der Herstellung ist, versteht sich nahezu von selbst. Heute wie damals gab es zum Brotbacken ein recht einfaches Prinzip.
Im Wesentlichen sind 5 Faktoren abhängig von dem Endergebnis: Zeit, Temperatur, Luft, Kraft als auch die richtigen Zutaten bilden dieses Konstrukt.
Doch was so einfach klingt, ist in Wahrheit auch stark abhängig von dem handwerklichen Geschick eines Jeden, welcher sich an die Arbeitsfläche begibt um eben dieses Brot zu backen.
Mit dem heutigen Tag gibt der Fackelträger Verlag ein Buch von Jochen Gaues und Thomas Ruhl in den Handel. Es heißt “Brot” und behandelt exakt dieses breit gefächerte Handwerk.
“Brot”
Jochen Gaues & Thomas Ruhl
Fackelträger Verlag / Edition Port Culinaire
Köln, 2016
210 S., Hardcover, 29,99 EUR
ISBN: 978-3771646059
Dem einen oder anderen aus der Gastronomie dürfte Jochen Gaues vielleicht bereits ein Begriff sein. Er beliefert die Sternegastronomie schon seit geraumer Zeit mit seinen Spitzenprodukten. Vor allen Dingen die recht medienwirksamen Stippvisiten bei Christian Lohse wird man vielleicht noch in Erinnerung haben. Ich hatte bisher leider noch nicht das Vergnügen, mich mit ihm persönlich auszutauschen, doch kam ich kürzlich bei einem Event mit Heiko Antoniewicz und Daniel Achilles in den Genuss, seine Brotkunst zum servierten Menü probieren zu dürfen. Mich erstaunte, wie viele meiner Tischnachbarn den Gastgeber auf das Brot angesprochen hatten. Ich ging dem nach und so kam es, dass mir vor ein paar Tagen eine Kiste Brot aus Hannover vorbeigebracht wurde.
Die Auswahl dessen möchte ich Euch natürlich nicht vorenthalten, geben sie doch eine wunderbare Referenz aus erster Hand über das Können des Autors ab. Nach dem ersten Bissen, war ich restlos überzeugt, dass Jochen Gaues viel von dem Beruf eines Bäckers versteht.
Doch was erwartet den Leser nun in diesem Buch?
Vom Aufbau her eröffnet Jochen Gaues seinen Band mit einem kurzen Werdegang seiner selbst. Hier umschreibt er seine ersten Ambitionen im Alter von acht Jahren als Bäcker, da er entgegen seiner Schulfreunde nur Bäckereien statt Feuerwehrautos oder Fußbälle malte. Drei Jahre später sah man ihn dann schon regelmäßig die Ferien zum Teil in einer Bäckerei verbringen. In dieser Zeit kam er auch bei einem befreundeten Bäcker unter, bei dem er die Besonderheiten ursprünglicher Produkte kennenlernte.
“Er ließ mich zum Beispiel Fleisch von einem Schwein probieren, das er bei einem befreundeten Bauern extra nach besonderen Kriterien aufziehen ließ. Ohne Kraftfutter und Massentierhaltung. Bis heute bilde ich mir ein, dass dieses Fleisch ganz anders geschmeckt hat.”
Mit Abschluss der neunten Klasse kehrte er der schulischen Laufbahn dann endgültig den Rücken, um sich fortan nur der Kulinarik zu widmen. Das begann mit der angestrebten Lehre zum Bäcker und anschließend einer Ausbildung zum Konditor. Die Selbstständigkeit wurde ebenso rasant vorangetrieben, so dass er bereits 1989 einen alteingesessenen Bäckereibetrieb übernahm. Neben der Qualität steigerte er ebenso zielstrebig die Quantität seiner Produkte, so dass er es mit seiner Partnerin auf insgesamt 16 Filialen und 100 Mitarbeiter brachte. Seinerzeit galt er auf dem Höhepunkt als “bester Bäcker Deutschlands” und erntete dabei viele Auszeichnungen. Hinter den Kulissen lief aber längst nicht alles glatt, so dass 2002 die Insolvenz angemeldet werden musste. Zwei Jahre später erfolgte ein Neustart mit einer neuen Partnerin und einer anderen Ausrichtung, die sich nun mehr der Spitzengastronomie zuwandte. Mehr als 60- Sternerestaurants zählen zu seinem Kundenstamm, sogar der damalige Bundespräsident Horst Köhler ließ sich die Ware ins Schloss Bellevue liefern.
Heute ist er also wieder voll im Geschäft und sein Buch gilt laut Pressetext als das neue Standardwerk des Brotbackens.
Im Buch selbst widmet man sich nach der Vita der geschichtlichen als auch kulturellen Bedeutung. “Die Geschichte des Brotes” vermittelt dem Leser die Ursprünge, unterschiedliche Riten als auch kulturelle wie religiöse Einflüsse. Nach dem historischen Teil kommt zwangsläufig die Theorie, welche zum Beispiel in Form eines Stammbaumes die Evolution des Weizens darstellt. Hier wird versucht diese Tiefe der Thematik mit ansprechenden Illustrationen aufzulockern. Folgerichtig blättert man nachstehend über die vielen Mehlsorten zu den Teigen und der Verarbeitung dieser bis hin zum eigentlichen Backen. Ein besonderer Wert, der auch zu Hause ein ganz enormer Bestandteil bei der Zubereitung darstellt, wird auf die Backofenfunktionen gelegt. “Ober- und Unterhitze”- sind hier genauso beschrieben wie Umluft oder schlichte Heißluft.
Und so schließt sich am Ende der Kreis, wenn es in dem Backbuch um die geeignetste Methode geht, das Brot aufzubewahren.
Der Reigen der Rezepte zum Nachbacken wird nun durch die ersten Bilder in Vollfarbe eröffnet. Ich sehne mich nach den vielen fast schon trist wirkenden Tönen, die einen alles andere als Spaß beim Backen suggerieren, nun sehr nach solchen Ansichten.
Diese Zubereitungsanleitungen reichen von den simplen Brötchen, ob nun mit Korn oder ohne, hin zu Kastenbroten mit Korn über Gersterbrot oder auch dem berühmten Kohl- Speck- Brot. Dieses ist in der mir zugesandten Auswahl am meisten hängen geblieben. Der Laib wird in einem mit Knoblauch bestrichenen Kohlblatt, welches wiederum mit Speck gefüllt ist, gebacken. Dabei verkohlt dieses Gemüse und übrig bleibt ein unbeschreiblicher Geschmack voller Rauch-, Kohl- und Röstaromen. Ein sehr intensives Brot mit Seele.
Überhaupt muss ich feststellen, dass alle Sorten unverwechselbar sind und unheimlich viel Spaß beim Verspeisen bereiten. Gibt es bei Bäckern ein Signature Dish so kann man Jochen Gaues sein berühmtes Ox- Brot als „Signature Bread“ ausrufen. Mit einer derben Kruste ausgestattet hat es dieser 6 kg schwere Laib regelrecht in sich. Aufgepeppt wird dieses Brot durch einen Hauch Anis und grüne Oliven. Der außergewöhnliche Geschmack entsteht durch die große Oberfläche und die lange Backzeit. Ich bin beeindruckt.
Überhaupt muss ich feststellen, dass alle Sorten unverwechselbar sind und unheimlich viel Spaß beim Verspeisen bereiten. Gibt es bei Bäckern ein Signature Dish so kann man Jochen Gaues sein berühmtes Ox- Brot als „Signature Bread“ ausrufen. Mit einer derben Kruste ausgestattet hat es dieser 6 kg schwere Laib regelrecht in sich. Aufgepeppt wird dieses Brot durch einen Hauch Anis und grüne Oliven. Der außergewöhnliche Geschmack entsteht durch die große Oberfläche und die lange Backzeit. Ich bin beeindruckt.
Meine derzeitige Diät wurde aber spätestens beim Verzehr der Walnuss- Fruchtstange zur Farce. Dieses energiedichte Stück Früchtebrot ist wohl der ideale Käsebegleiter schlechthin. Aber eigentlich braucht es auch keinen Käse mehr, man könnte es genauso pur genießen, ohne den Eindruck zu bekommen, es fehle einem an etwas.
Viele weitere Sorten finden in diesem Buch ihren Platz. Baguette, Ciabatta, Focaccia als auch Laugengebäck dürfen neben diversen Klassikern einfach nicht fehlen. Insgesamt sind es über 50 Sorten, welche hier in der Zubereitung beschrieben werden. Der Umfang bei diesen Rezepten beschränkt sich allerdings nur auf die Nennung der Zutaten und beschriebenen Handgriffe nebst Backzeiten. Und hier liegt der Hase im Pfeffer.
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Es fehlen Step-by-Step Fotos. Diese sind in diesem Handwerk essentiell. Ich bin der Meinung, ein Laie wird sicherlich den Teig hinbekommen und auch in der Lage sein, den Ofen zu bedienen, ganz sicher wird er aber nicht die richtigen Handgriffe oder Schnitte ausüben bzw. setzen können. Schon gar nicht, wenn sie denn noch nicht einmal beschrieben sind. So wird er immer nur ein annäherndes Ergebnis erhalten und bekommt hier vermutlich niemals das ursprüngliche Ergebnis, welches er vielleicht schon einmal in dem einen oder anderen Restaurant genossen hat, zu Hause hin.
Erneut könnte ich mich wieder mal über die massiven Textblöcke, die ganz typisch für die Bücher aus der Reihe „Port Culinaire“ sind, aufregen. Man will dem Leser einfach keinen Absatz gönnen, und quält ihn durch nicht enden wollende Textpassagen ohne Ankerpunkte. Aufregen werde ich mich aber nicht. Wo sollte ich da anfangen? Dieses „Designelement“ drückt man schon mehr als zehn Jahre so durch. Man wird sich hier wohl nicht mehr auf den Leser zu bewegen.
Fazit
Am Ende des Tages hat man sicherlich ein großes Stück Brotkunst in den Händen. Der Jochen Gaues weiß einfach enorm viel über Brote und seine Referenzen beweisen das. Wenn nicht, empfehle ich eine Brotlieferung nach Hause. Die Fotos überzeugen ebenso, auch wenn mir die anfänglich gewählte einfarbige Fotografie einen Tick zu trist erscheint. Man erhält hier eine sehr bunte Mischung quer durch die bekannte als auch unbekannte Backkultur, welche hier und da in Deutschland gelebt wird. „Brot“ von Jochen Gaues muss sich aber entgegen des anfänglich erhobenen Anspruches, das neue Standardwerk zu sein, mit anderen Büchern messen lassen. Dafür fehlen einfach die hier nicht gezeigten Handgriffe, die Licht ins Dunkle bei der Zubereitung unbekannter Brotformen bringen würden. Trotzdem empfehle ich dieses Buch gerne weiter.