Berliner Speisemeisterei • Life as a chef 👨🏻‍🍳

Mein Name ist Steffen Sinzinger (42). Ich betreibe den Blog die Berliner Speisemeisterei seit mehr als 13 Jahren und schreibe hier über alle gastronomischen Themen, welche mich begeistern. Ich bin gelernter Koch und habe den Großteil meiner beruflichen Karriere in der Berliner Gastronomie verbracht. Ich freue mich, dass Du zur Berliner Speisemeisterei gefunden hast.

"The NoMad Cookbook" Daniel Humm & Will Guidara

"The NoMad Cookbook" Daniel Humm & Will Guidara

Allen anstehenden Buchvorstellungen zum Trotz wird diese Besprechung nun mal gnadenlos vorgezogen. Wer diesen Blog hier schon ein wenig kennt, der wird sicherlich leicht meine Bewunderung zu Daniel Humm nebst Team erkannt haben. Sein erstes Werk namens „Eleven Madison Park“ belegt seit Erscheinen den 5. Platz in meiner ewigen Bestenliste und wird sicherlich nicht allzu bald weichen. Der Nachfolger „I love N.Y.“, der sich mit der Art zu kochen etwas bourgeoiser gibt, ist immerhin auf dem 20. Platz. Zwei so grandiose Werke in so kurzer Zeit abzuliefern ist schon bezeichnend. Da braucht es ein hervorragend eingespieltes Team.

Und selbiges hat Daniel Humm wieder für sein nun drittes Kochbuch „The NoMad Cookbook“ engagiert.

The NoMad Cookbook„The NoMad Cookbook
Daniel Humm, Will Guidara and Leo Robitschek

Ten Speed Press
2015
552 S., gebunden, 77,95 €
ISBN: 978-1607748229

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Sein Gastrokonzept des „NoMad“ Restaurants ist nicht nur national sehr bekannt. Über die Grenzen hinaus hat die PR- Maschinerie für den notwendigen Bekanntheitsgrad gesorgt. Das „NoMad“ richtet sich offenkundig ans internationale Publikum. Der Internetauftritt wird dem potentiellen Kunden auf englisch, französisch, italienisch, deutsch, japanisch, spanisch als auch portugiesisch dargeboten. Sowas sieht man wirklich nicht alle Tage.

The NoMad Cookbook-3Direkt am Broadway gelegen findet man diese einzigartige Lokalität ganz in der Nähe zum Empire State Building. Eröffnet wurde es im März 2012. Viele Mitarbeiter, welche von Anfang an ihr Herzblut in dieses Unternehmen gesteckt haben, sind heute noch dort beschäftigt. Galt es noch beim „Eleven Madison Park“ ein wenig mehr „Miles Davis“ zu sein, gibt man sich beim „NoMad“ eher den „Rolling Stones“ hin. Man wollte vor allen Dingen etwas lauter sein. Ebenso wurde das Ziel auserkoren, „Social Points“ wie einst zu generieren, wo Hotels wie das Waldorf, das Plaza oder „The Palace“ ein Platz zum schlafen, dinieren, trinken oder eben nur verweilen waren. Wo Reisende auf einheimische New Yorker trafen und eine Gemeinschaft bildeten.

Daniel Humm und Will Guidara
Daniel Humm und Will Guidara

Jedoch war es ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr so angesagt, sich in Hotels zu treffen. Der Glanz versiegte. Man war dort nicht mehr cool. Besonders schwer traf es die Restaurants, welche mehr und mehr vor der Herausforderung standen, neue Gäste zu generieren, welche von außerhalb einkehrten. Eigene Eingänge sollten Abhilfe schaffen, bei vielen stellte sich bis heute der Erfolg nicht ein.

Beim „NoMad“- Komplex wollte man da anders sein und den Wechsel herbeiführen.

„We wanted the NoMad to change that – to be beautiful, rich, and luxurious, but fun, cool, and accessible. We wanted it to be a place where the people who greet you at the front door and check you into your room are the same as those who take your order at lunch, or serve you a cocktail at 1 a.m.“

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So fiel der Ort für Daniel Humm und Will Guidara logischerweise auch auf Manhattan, dessen Nachbarschaft dafür wie geschaffen war.

Das Buch erzählt neben den Anfängen auch von der Suche nach den 150 Angestellten, den Designern der Räumlichkeiten und dem klassischen Tagesablauf von Jeffrey Tascarella, dem F&B Manager des Hauses.

Leo Robitschek
Leo Robitschek

Wem es eigentlich nur ums Kochen in diesem Buch geht, wird ab Seite 25 voll und ganz auf seine Kosten kommen. Einleitend bestaunt man hier die Snacks zuerst. Die Häppchen, welche sonst gerne auch Amuse bouche genannt werden, sind hier recht witzig aufgemacht. So wird zu einem eine sehr schön aufbereitete „Crudité- Auswahl“ mit Schnittlauchcreme präsentiert. Sehr markant ist auch der „Humm-Dog“, ein stark mit schwarzem Trüffel und seiner Mayonnaise aufgewerteter Hot Dog, der mit seinem kulinarischen Spannungsbogen symbolisch für die Mixtur der gewünschten Gäste stehen könnte. In der Anmutung wirken sämtliche Speisen schon sehr bodenständig aber längst nicht so gewöhnlich oder gar beliebig, wie man das vielleicht bei anderen Mitbewerbern sehen würde.

Butter Lettuces and Radicchio with Mozzarella and Basil
Butter Kopfsalat und Radicchio mit Mozzarella und Basilikum

Daniel Humm versteht es, einfache Zutaten, gerade wie er es bei Gemüse als auch Geflügelprodukten umsetzt, immer wieder aufs Neue sehr kreativ als auch detailverliebt in Szene zu setzen. So wie beim Gericht „Gurke“, bei dem er Schafsmilchjoghurt über Nacht presst und zusammen mit Knoblauch- Pickles, Gurkenkaviar und –sauce sowie heißen Zitronengurken reicht. Sein pochiertes Ei mit grünem Spargel und Parmesan würde ich beim Lesen auf der Speisekarte vielleicht nicht unbedingt bestellen, das Foto aber sieht im Gegensatz dazu einfach nur zum Niederknien aus und weckt unmittelbar den Drang, den Teller jetzt und gleich nach kochen zu wollen.

Wie auch bei „I love N.Y.“ stehen diese Gerichte allesamt für eine nachvollziehbare, appetitanregende und „Lust-auf-mehr-machende“ Küche. Damals nannte ich den „EMP“- Nachfolger „Sterneküche für die Masse“. Das liegt vor allen Dingen daran, dass man nicht gerade das Gefühl hat, man hat schon wieder ein überambitioniertes Kochbuch eines avantgardistischen Protagonisten in den Händen. Doch wer das ein oder andere Gericht einmal nachgekocht hat, wird schnell erkennen, dass auch hausgemachte Pasta, wie z.B. die „Cavatelli“, dessen wunderbar grüner Teig mittels Petersilienpüree hergestellt worden ist, viel Übung und ein geschicktes Händchen braucht. Er setzt zwar recht häufig edle Produkte wie zum Beispiel Jakobsmuschel, Gänseleber oder auch Trüffel ein, für den heimischen Bedarf funktionieren aber die meisten Rezepte immer noch recht gut, da man das eine oder andere Produkt gut weglassen kann. D. Humms berühmtes Roast Chicken gibt es als Zugabe sogar in einer „Step-by-Step“ Anleitung.

Die Desserts sind ebenso ohne Frage erstklassig, auch wenn ich das Gefühl habe das ein oder andere (z.B. „Milch und Honig“) in Teilen oder ganz schon einmal gesehen zu haben. Abgerundet wird das kulinarische Potpourri mit den „Basics“, welche klassische Saucen, Backanleitungen, Eiscremesorten und ähnliche Rezepte beinhaltet.

Tagliatelle with King Crab, Meyer Lemon, and Black Pepper
Tagliatelle mit King Crab, Meyer Zitrone und schwarzem Pfeffer

Daniel Humm erfindet das Kochen nicht neu, kreiert dennoch unverwechselbar. Seinen Stil, so möchte ich meinen, erkennt man recht schnell wieder, was vielleicht letztlich auch an den tollen Fotografien von Francesco Tonelli liegt. Diesen hatte er nun schon zum dritten Mal für sein Buch gewinnen können. Von dieser durchgängig qualitativ anspruchsvollen, farbenfrohen, wunderbar natürlichen und ausbalancierten Bildsprache bin ich restlos begeistert. Da macht jede Seite einfach Spaß.

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Für die allermeisten Kochbücher wäre hier nun Schluss, aber wie eingangs schon erwähnt, spielt im „NoMad“ auch die Bar eine große Rolle. Und eben an solch einer Bar werden natürlich auch Cocktails verkauft. Leo Robitschek, der Bar- Direktor vom „Eleven Madison Park“ sowie dem „NoMad“, hat sich der Sache angenommen. So findet der vielleicht überraschte Leser ein in den Buchrücken eingelassenes Fach, welches sein Cocktail Buch beinhaltet. Auf gut 200 Seiten im handlichen Taschenbuchformat mit flexiblen Einband bekommt man als Zugabe ein Sammelsurium von „Apéritifs“, sogenannten „Light Spirited“ und „Dark Spirited“, „Klassikern“ und „Soft Cocktails“ angeboten. Die Illustrationen der Getränke geben das gewünschte Endresultat in Notizbuch- Manier wieder. Eine, wie ich finde, sehr bereichernde Lektüre, die sich dem Gesamtkonzept des „NoMad“ Kochbuchs wunderbar fügt.

NoMad Buchbesprechung-13Jedem Leser dieser Besprechung, ob Hobby- oder auch Profikoch, kann ich dieses wunderbare Kochbuch nur empfehlen. Es zeigt die Ergebnisse vom technisch anspruchsvollen Verarbeiten einfacher als auch luxuriöser Lebensmitteln und dokumentiert dem Käufer dieses Werks sehr anregend die Entstehungsgeschichte dieses Hauses.

Quellenangabe: © sämtlicher Bilder liegen bei Francesco Tonelli

Steffen Sinzinger

Steffen Sinzinger, Jahrgang 1980, ist ein in Berlin lebender Küchenchef und seit nun mehr als 14 Jahren ein passionierter Foodblogger. In der deutschsprachigen Bloggerszene ist er ein fester Bestandteil und spricht mit seinen breitgefächerten Themen sowohl die professionellen Köche als auch die am heimischen Herd kochende Fraktion an.

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