Wir befinden uns inmitten der Grill- Hochsaison. Das Wetter könnte dieses Jahr kaum besser für dieses Outdoor- Vergnügen sein, viele sonnige Tage gab es schon und teilweise fallen hier sogar die Hitzerekorde. Kürzlich fanden auch die deutschen Grill- & BBQ- Meisterschaften statt. Das Team „GutGlut“ konnten den Wettkampf für sich entscheiden.
Nicht jeder weiß aber derart Bescheid was am besten geeignet ist, um es auf den Rost zu legen. Mit der zunehmenden Technik, die beim Grillen keinen Rückzug macht, steigt auch die Ahnungslosigkeit.
“ON FIRE”
Wolfgang & Stefan Otto, Thomas Ruhl, Nils Jorra
Fackelträger Verlag
Köln, 2014
256 S., gebunden, 49,95 EUR
ISBN: 978-37716-454-65
Um bei dieser Problematik Abhilfe zu schaffen, hat sich natürlich dafür ein Büchermarkt entwickelt, der ansehnlich mit Literatur vorzugsweise von diversen TV- Köchen ausgestattet ist. Viele Rezepturen sind darin enthalten und zudem gibt es hier und da Tipps, wie man denn das Karree am besten grillt. Doch gibt es eines in diesem Reigen, welches erst jüngst erschienen ist und aus der Masse hervorsticht.
„ON FIRE“ von Thomas Ruhl, welches er in Zusammenarbeit mit dem Fleischlieferanten Stephan & Wolfgang Otto und dem Koch Nils Jorra entwickelt hat, versteht sich als ein Kochbuch mit dem Titel „Grillen für Gourmets“. Insofern hebt sich allein deswegen diese Lektüre von den Restlichen ab, steht doch Grillen eher für eine recht bourgeoise Art der Essenszubereitung als für ein elitäres Genussvergnügen. Doch dieses Druckerzeugnis ist alles andere als dekadent.
Es nähert sich dem Betrachter an erster Stelle mit der Geschichte und Herkunft des Grillens. Die Theorie umfasst hier viele Aspekte, wie der Steakkultur, Elektro- oder Gasgrillen, Grilltechniken, Outdoor- Kochen, Hinweise für das Aromatisieren des Garguts und die Rolle der begleitenden Saucen bevor es dann zum ersten Schwerpunkt, den Grillwürstchen, geht.
Die wenigsten werden zu Hause auf die Idee kommen, sich die zu grillende Wurst selbst herzustellen. Wer aber schon einmal in den Genuss gekommen ist, eine gerade frisch und vor allen Dingen nach den eigenen Vorstellungen frisch zubereitete Wurst verkostet zu haben, wird es zu schätzen wissen. Nicht wenige haben ja vielleicht eine Kitchen Aid zu Hause als Küchenmaschine zu stehen. Diese ist in der Lage mit einem zusätzlichen Aufsatz als Fleischwolf zu dienen und danach sogar die Masse in Därme zu füllen. Ich selbst habe es schon ausprobiert. Es funktioniert einwandfrei.
Nils Jorra stellt dafür passende Rezeptideen zur Verfügung. Es gibt auf diesen Seiten Zubereitungen von Lammwürstchen, „Beef Bangers – Breakfast Style“, Salsiccia oder auch einer Geflügelbratwurst namens „Jean- Claude“ nachzulesen.
Das ist mit Sicherheit keine Gourmet- Spezialität, aber sicherlich für den Ungeübten eine eher anspruchsvollere Aufgabe, als simples Marinieren von Fleischscheiben.
Die Gourmetfraktion folgt aber auf dem Fuße. Das erkennt man sofort an der Präsentation und Zusammenstellung der Gänge, die zweifelsohne in jedes Sternerestaurant passen würden, ohne dabei nur im Ansatz aufzufallen.
„Bouillon vom reifen Rinderkamm mit gegrilltem Lauch und kleinen Kartoffeln“ zeigt ein eher untypisches Grillgericht, ist es doch erstens komplett fleischlos und dazu eine Kombination mit Brühe. Gemüse wird hier ganz bewusst mit auf dem Rost eingesetzt, da auch hier sich spannende Genussakkorde ergeben. So wie beim „Striploin mit Sticky- Fried- Karotten“ bei dem die Karotte ungeschält mit direkter Hitze angeröstet und dann indirekt weich gegart werden.
Auch Obst kann man auf dem Grill mit passenden Begleitern zubereiten. Das zeigt der „Gegrillte Apfel mit luftgetrocknetem Bauchspeck“.
Das Buch gliedert sich in die verschiedenen Themen Geflügel, Schwein, Rindfleisch, Wild, Seafood, Gemüse, Desserts, Sous-vide, Beilagen und Basisrezepte.
Dabei werden die verschiedenen Gerichte immer wieder unterfüttert mit Wissen, wie den Garstufen bei Steaks, Fleischqualität, Aufbau eines zerlegten Schweins, usw..
Sehr empfindliches Gargut wie Tauben gehören hier obendrein zum Aufgebot „Dove in the Brine, Hagebutte, Holunderwein, Rote Bete“ ist ein Beispiel dafür. Die Taube wird zwei Tage vorher dafür gepökelt und auf dem Grill indirekt bei 120°C gegrillt.
Besonders reizvoll finde ich bei dieser Thematik die Dessertreihe, ist es doch ein besonderer Schwierigkeitsgrad, Obst und süßes mit Holzkohlearomen zu einem stimmigen Gericht zu vereinen. Aber selbst dafür hat N. Jorra die passenden Kreationen parat. Der „Französische Baba mit Thymianhonig und Ziegenkäseeis“ ist schon optisch zum Dahinschmelzen und dürfte in dieser Variante besonders einzigartig schmecken. Die „Thai Mango mit Panna Cotta“ steht dem in Nichts nach.
Die Fotografien von Thomas Ruhl sind ansprechend und überzeugen von Beginn an.
Der Rezeptaufbau hat sich schon mit dem letzten Werk Ruhls, „Gemüse aus dem Bauerngarten“, etwas gebessert, ist er nun übersichtlicher und funktionaler gestaltet.
Die Gerichte sind allesamt sehr einfallsreich und aufwändig und gewiss nur mit viel Übung und einem gewissen Maß an Erfahrung so umzusetzen. Aber das soll ja nicht zwingend der Kaufgrund sein. Die heimisch kochende Fraktion kann sich mit diesem durchaus beispiellosen kulinarischen Grillratgeber eines sinnvollen Kaufs sicher sein.
Hinweis der Redaktion
Ein Teil der besprochenen Produkte wurden von Unternehmen zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.