Mit J. Robuchon veröffentlichte letztes Jahr einer der bisher vier ernannten Jahrhundertköche sein „Großes Buch der Küche“. Dass man sein Werk nur so nennen sollte, wenn es denn auch im Ansatz die riesigen Fußstapfen der ähnlich klingenden Buchbände eines Ducasse` oder Paul Bocuse ausfüllen kann, muss man hierbei wohl nicht erwähnen. Er ist schon in jungen Jahren stets mit dem Bestreben vorangegangen, immer der Beste zu sein.
„Robuchon – Die Klassiker:
Grand Livre de Cuisine “
Joël Robuchon
Fotografie: Hervé Amiard
Matthaes Verlags GmbH, 2011
460 Seiten, gebunden, 98 EUR
ISBN: 978-38751-5058-2
Ständig auf der Suche nach dem öffentlichen Wettstreit nahm er im Anschluss an seine Ausbildung unheimlich oft an Kochwettbewerben teil. Dabei teilt er in seinem Band mit, dass ein großer Koch in der Lage ist die Dinge, welche er sich im Kopf vorstellt, mit den Händen auszudrücken. Ein gewisses Grundgeschick ist also von Nöten:„Ein großer Koch sind wirklich Kopf und Hände“.
Dazu müssen für eine gute Küche dem Koch auch prinzipiell qualitativ hochwertige Produkte zur Seite gestellt werden:
„Um die Qualität zu verbessern, müssen wir immer bessere Produkte haben als die Konkurrenz“.
Stets ein genaues Augenmerk auf die korrekte Menge, die richtige Temperatur und die richtige Garzeit lassen ihn die Gerichte immer wieder exakt und erfolgreich reproduzieren. Den stetigen Drang nach Perfektion fordert er dabei von seinen „Handwerkern“.Robuchon klärt gleich zu Anfang seines Buches über gewisse Grundregeln auf ohne dabei zu sehr in die Tiefe zu gehen.
„Man muss sein Bestes geben, den Wunsch haben zu siegen. Menschen, die das nicht in sich tragen, haben keinen Platz in meinen Restaurants.“
So in etwa lesen sich die ersten Seiten im Kapitel „Der Weg eines großen Chefs“. Dieses Buch erscheint mir nach den ersten gesichteten Rezepten auch für Profis gedacht zu sein. Nichts Anderes lässt mein erster Rückschluss über die verwendeten Zutaten zu.
13x fällt das Wort Trüffel im Rezeptregister. 6x Foie gras und Hummer, Kaisergranat und Jakobsmuschel treten zusammen insgesamt 16x auf. Ein Kochbuch für den finanzkräftigen Koch.
Wer bis hierhin aber die benötigten Zutaten aufbringen kann, wird nun vollends in die Lage gebracht, gemäß der Step-by Step Abweisungen alles nachvollziehbar herzustellen, vorausgesetzt die oben genannten Handfertigkeiten und das Geschick sind ihm gegeben.
Die Zubereitung der Flusskrebse mit Kürbis zum Beispiel wird entsprechend bebildert. Auf drei Fotos kann man gut erkennen, wie das Krustentier anzugehen ist, will man denn nach dem Garen an dessen Fleisch heran kommen. Die Herstellung des Kürbispürees angefangen beim Ansatz mit Kürbiswürfeln und Geflügelbouillon sowie das Fertigstellen und Anrichten sind absolut ausreichend abgebildet. Gänzlich ohne künstliche Ablenkung wird hier das Kochen zugänglich gemacht.
Er greift aber auch auf kostengünstigere Kreationen zurück. Im Abschnitt der Suppen wird eine wunderbar grüne Bohnensuppe mit ihrem Bohnenkraut angerichtet. Bis zum fertigen Teller sind es hier 11 Schritte, vorausgesetzt der Geflügelfond ist im Hause. Das wird aber, wie bei allen anderen Kochbüchern derzeit, schon von vorn herein vorausgesetzt. Aber die meisten der Nachkocher befinden sich wahrscheinlich sowieso in gekachelten Räumlichkeiten mit Arbeitsflächen aus Edelstahl, wo im Hintergrund der Chef schon wieder brüllt:„Bon neu“.
Wunderbar finde ich an diesen heißen Tagen die Vorspeise „Würzige Auberginenmousse Monte Carmel“. Diese besteht aus einem Sockel von gebackener Aubergine mit Curry, Zitrone und Oliven. Bestrichen wird dieser mit einer Avocadocoulis und darauf kommen noch kleine Brotwürfel. Eine wunderbare Abkühlung für diesen merkwürdigen Sommer dieses Jahr.
Dass man als 3 Sterne Koch einen komplett differenzierteren Umgang mit den Produkten pflegen muss, und dieser auch aufgrund seines Anspruchs ausgeübt werden soll, erkennt man im Buch auf Seite 119. Wir sind immer noch bei den Vorspeisen. „Feldsalat mit Kartoffeln und Trüffel“ klingt erst einmal nicht so aufregend, man hat aber alleine schon beim Anrichten eine gewaltige Anzahl von Handgriffen und viel Geduld aufzuwenden.
Aber genau diese handgemachten Anrichteweisen sind auch die Bestandteile, die den Unterschied ausmachen. Wenn man diese hier beschriebenen Zubereitungsschritte 1:1 vollzogen hat, wird man wohl nicht mehr die hohe Anzahl der Köche und Helfer in einer Küche der gehobenen oder gar der Sternegastronomie anzweifeln. Dieser Aufwand fordert seinen Tribut.
Nach den unzähligen Vorspeisen gelangt man nun zu den hauptgänglichen Klassikern von Robuchon. Auch hier geben sich die hochpreisigen Ingredienzen die Hand. Und das Ganze nicht zu knapp. Neben den Cheftellern werden auch für den Service unmittelbar am Gast viele Gerichte in der gleichen strukturellen und schrittweise bebilderten Lernmethode nahe gebracht.
Ein Lammbraten in der Salzkruste ist hier ein wunderbares Paradebeispiel dafür. Die Zutaten sind dafür auch absatzweise aufgeführt, so dass man sich problemlos z.B. die Salzkruste heraus ziehen kann.
Die Desserts orientieren sich stark an die französischen Altbekannten. Es darf hier natürlich weder das Savarin, Crêpes oder eine Feuillatine noch die Tarte oder gar ein Soufflée fehlen.
Abschließende Grundrezepte von Fonds, Teigen und Gelees sowie das Erklären von diversen Fachbegriffen mit einem zusätzlichen „Glossar der Produkte“ vervollständigen dieses Buch zu einem sehr umfassenden Werk, was sich in erster Linie mit Sicherheit an die professionellen Jungköche richtet, die, bevor sie sich den modernen Interpretationen widmen, die französische Kochkunst und deren Ursprünge so umfassend und nachvollziehbar erlernen können.
Man wird hier vergebens nach den derzeitigen optischen Effektmethoden wie Schäume, Espumas, Airs oder Geleewürfel
bzw. -tropfen suchen. Wir bewegen uns hier mit den Gerichten in einer Epoche des Kochens, die noch keine Züge der Molekularen Gastronomie erlebt hat und komplett im Bereich der Nouvelle Cuisine anzusiedeln ist. Das heißt aber nicht, dass ein J. Robuchon nicht mit der Zeit geht. Seine sehr erfolgreiche Art und Weise der Restaurantführung ist nicht nur in Frankreich, sondern auch außerhalb Europas zu finden.
Für jeden Fachmann kann man dieses Buch neben dem Larousse oder der Bibel von Alain Ducasse ohne Wenn und Aber empfehlen, allen anderen sei dieses Buch natürlich auch nicht verwehrt, der Schwierigkeitsgrad ist jedoch des Öfteren ein sehr hoher.
QuellenangabenCopyright sämtlicher Bilder: Hervé Amiard Hinweis der Redaktion
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