Nach all den nationalen Kochbüchern möchte ich in dieser Buchbesprechung ein Buch aus den Staaten, genauer gesagt aus New York rezensieren. Dort hat sich ein schweizer Küchenchef dermaßen etabliert, dass er zuletzt vom Guide Michelin 3 Sterne bekam und laut der San Pellegrino Liste der 50 besten Restaurants auf Platz 24 gelistet ist.
„eleven madison park – the cookbook“
Daniel Humm & Will Guidara
Gestaltung: Juliette Cezzar
Fotografie: Francesco Tonelli
Little, Brown and Company
New York, 2011
384 S., gebunden, 26,95 EUR
ISBN: 978-0-31609-851-9
Sein Vater hat sich mit Sicherheit gewünscht, dass sein Sohn ihm in die Welt der Architektur folgt, doch dass er mit seiner Vorstellung von Design und Struktur in einer eher vergänglichen Kunst fungieren wollte, kam ihm dabei bestimmt nicht in den Sinn. Denn seine Mutter inspirierte ihn viel mehr mit den von ihr selbst zubereiteten Mahlzeiten, welche sie wenigstens zweimal pro Tag herrichtete. So bekam er nach der Schule stets einen gedeckten Tisch, und die Düfte ließen ihn stets erkennen, auf was es sich zu freuen galt. Wie bei so vielen anderen Sterneköchen ist auch sein Lieblingsgericht ein eher bodenständiges: „Zürcher Geschnetzeltes mit Rösti“.
Aus erster Hand motiviert startete er eine klassische Ausbildung als Koch bereits mit dem Alter von 14 im „Baur au Lac“ und beendete sie als Jahrgangsbester. Es folgten Stationen in verschiedensten Fünf- Sterne Häusern in der Schweiz.
Der Mentor Gérard Rabaey aus dem „Le Pont de Brent“ brachte ihm die nötige Disziplin und den Zusammenhang zwischen all den Kompositionen bei, welche er akribisch dokumentierte und aufzeichnete. So füllten sich mehr und mehr seine Ordner.
Im Jahre 2002 ernannte ihn der Gault Millau in der Position als Küchenchef zur Entdeckung des Jahres und er erhielt im „Gasthaus zum Gupf“ seinen ersten Michelin Stern. Da war er gerade 24.
Bevor er nach New York kam heuerte er auf der anderen Seite Amerikas im Hotel
„Taj Compton Place“ an, dort ging es rasant weiter mit den Erfolgen, und er konnte sich in den Vereinigten Staaten einen Namen machen. Doch konnte er es sich noch nicht vorstellen, dass die Staaten ein großes kulinarisches Ziel von ihm sein werden. Das aber kam daraufhin mit der Einstellung im New Yorker Restaurant „Eleven Madison Park“.
Der im Art-Déco-Stil eingerichtete Speisesaal mit Marmor, der lichterfüllt und großzügig erbaut wurde, liegt mitten im Big Apple. Die hier zelebrierte Küche ist irgendwie klassisch aber dabei doch modern interpretiert, einfach gehalten aber doch raffiniert und dabei nachvollziehbar aufgebaut und vor allen Dingen glänzen die Gerichte durch ihre Reinheit. Das mag einem zuerst befremdlich vorkommen, aber das Buch suggeriert das ungemein.
Eingeleitet wird man hier mit einer Art Bedienungsanleitung für das Kochbuch, die neben Navigationshilfen und Bemerkungen zum besseren Verstehen der Rezepte, 12 Regeln zum Anwenden der Rezepte wie folgt geben:
„Eggs are extra large and organic
Butter is unsalted
Flour is all-prupose
Sugar is granulated
Herbs are fresh
Salt is kosher
Pepper is ground fresh
Wine is dry
Gelatine is gold
Cream is heavy
Milk is whole
Foie duck is grade-A duck (about 2 pounds)“
Das Buch ist klar strukturiert nach einem seiner Leitfäden, nämlich den 4 Jahreszeiten, welche einem die saisonale Verbundenheit seiner Speisen offenbaren.
Wie kürzlich im Buch von Christian Bau vorgestellten Restaurant greift auch Daniel Humm in seinem Lokal das Konzept auf, dem Gast keine fertig ausgearbeitete Menükarte zu kredenzen sondern offeriert zur entsprechenden Saison die jeweiligen Menüzutaten, welche er einsetzt.
So entpuppt sich aus dem Begriff „Garden Pea“ eine gekühlte Erbsensuppe mit Minze, Buttermilch und Prosciutto Knusper. Oder im Sommer die „Scallop“ als Jakobsmuschel in einer Minestrone mit Mais und Flageolet Bohnen. So entsteht für jede Hochsaison ein Sammelsurium von 28 Gerichten. Unter denen werden auch bestimmte Zutaten „serviert in 4 Gängen“ präsentiert.
Ergänzt wird es durch eine Bestand an Grundrezepten, Amuse Bouches , Petit Fours, Pickles- Zusammenstellungen, Öl- & Dressing Zubereitungen, Gel- & Pürees, Räuchereien, Streusel und Teigmischungen, Sorbets- & Eiscrèmes, Buttermischungen und nicht zuletzt noch eine Übersicht von Anlaufstellen für das ein oder andere doch schwer zu bekommende Produkt oder Zutat.
Am originellsten finde ich nebenbei auch den sehr genialen Überblick vom Restaurant & Küche, mit jedem einzelnen Posten und Mitarbeiter, die dort aufgeführt sind. Es wird einem absolut einleuchtend erklärt, was jeder individuelle Angestellte für eine Funktion erfüllt, und wo sein Aufgabenbereich liegt. Dazu gibt es noch eine zeitlich detaillierte Tagesbeschreibung, die nicht nur für Amateure sehr interessant sein dürfte.
Selbst bescheinigt der Chefkoch die Richtigkeit seiner Rezepte anhand mehrfacher Prüfungen durch Restaurantmitarbeitern und Freunden des Restaurants. Durch eigenes Nachkochen kann ich das auch nur bestätigen. Wie so viele Kochbücher aus den Staaten hat auch dieses den Wermutstropfen mittels der Maßangaben in Teelöffel, Esslöffel, Unzen, Tassen & Co. im Gepäck mit dabei. Aber mittels der tollen Übersicht von Katharina Hönk auf Valentinas-Kochbuch.de ist das auch kein Problem mehr, das geht da auch ohne App.
Die beinhaltenden Rezepte werden mit Bildern von Francesco Tonelli wirklich beeindruckend und auch so wiedergegeben, wie ich mir eine oben beschriebene Küche vorstelle. Klare Anordnungen, wirklich sehr echt wirkende Farben und diese zudem auf hochwertigem Papier. Da hatte ich schon so manch andere hochpreisige Bücher in der Hand, welche viel Geld für die Abbildung an sich aber nicht für das Material auf dem es gedruckt ist, verbraucht haben. Und wenn ich jetzt noch schreibe, dass dieses Buch für derzeit nicht einmal 27 € zu haben ist, muss man wohl wirklich vom Glauben abfallen. Ich rate zum Kauf, so lange es noch so günstig zu haben ist.
Ein kleines Video mit Eindrücken vom Restaurant und der Photographie sei Euch auch noch gegönnt.
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Eleven Madison Park – The Cookbook from Francesco Tonelli on Vimeo.
Copyright sämtlicher Bilder: Francesco Tonelli
Ich seh das Buch auch ganz weit vorne – allerdings strotzen manche Rezepte vor übertriebener Dekadenz, find ich. Ich hab zwei Rezepte ausprobiert, bei denen beide Garnelen gegart werden – einmal in einer Beurre Blanc und einmal in einem ziemlich aufwendigen Sud, beides wird auch weiter nicht verwendet, d.h. die Adaption für die Küche zuhause fehlt leider, da sind die anderen Bücher, die du bisher vorgestellt hast schon besser „übersetzt“ – aber was soll´s, wir können ja mit sowas umgehen 😉 Ansonsten, großartiges Buch. Was kommt als nächstes – hast du dir „Bentley Contemporary Cuisine“ schon angeschaut?
„Bentley Contemporary Cuisine“ ist ein riesen Tipp… Danke!
Dann mach ich mich noch einmal auf die Suche nach Deinem Garnelenrezept. Scheint sich hier aber nach kollateralen Schäden anzuhören. Etwas Schwund ist natürlich beim Umsetzen der Rezepte von Profiköchen auf Heimküchen immer. Aber das hast Du ja schon einsichtig festgestellt. Wir -müssen- damit umgehen um an all die exzellenten Rezepte ranzukommen :-).
Empfiehlst Du das Buch aus persönlicher Erfahrung heraus? Direkt als nächstes bin ich noch am Aufarbeiten des letzten Jahres. Da wartet das Buch von Nils Henkel im Regal. „Pure Natur“ ist der Name seines Machwerks und da bin ich gerade am durchforsten. wie es mir denn gefällt.
Für Mitte des Jahres ist ja ein besonderes Highlight geplant. Dort kommt dann die deutsche Version von Peter Gilmores „Quay“ heraus. Das ist der einzige Grund, warum ich da bis jetzt noch gezögert habe. Im Originalen schon in der Hand gehabt und ich war wirklich tief beeindruckt.