Es ist beim jüngst veröffentlichten Buch mit dem Titel „bau.stil.“ wie bei dem Versuch Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Es funktioniert einfach nicht. Wie soll ich nach einem Werk, das vom Konzept der Bildgestaltung und Typographie in sich so stimmig ist und dabei so brilliert, wie das eines Sven Elverfeld, nicht ein wenig enttäuscht sein, wenn ich in der Momentaufnahme von Christian Bau blättere.
bau.stil.
Christian Bau & Thomas Ruhl
Gestaltung: Petra Gril
Fotografie: Thomas Ruhl
Umschau Buchverlag
Neustadt 2011
288 S., gebunden, 48 EUR
ISBN: 978-3-86528-739-7
Doch es ist einfach nicht möglich, diese Bücher auf den kleinsten Nenner zu bringen um sie miteinander rein objektiv zu bewerten. Es wird Christian Bau ganz sicher nicht gerecht. Er hat derzeit enormen Einfluss auf die kulinarischen Trends in Deutschland und Europa und lebt diese mit seinem aktuellen Versuch, die Speisekartengestaltung komplett verschiedenartig zu definieren, neu aus.
Er war nach seiner Ausbildung Schüler bei Harald Wohlfahrt, welcher selbst es sich nicht nehmen ließ, eine einleitende Hommage an die jungen Jahre von C.B. im Alter von 22 Jahren zu schreiben. Sie fällt sehr herzlich aus.
Das neue Kartenkonzept nennt sich Carde Blanche und der Name ist Programm. Der Gast begibt sich komplett in die Hände der Köche und stellt ihnen eine Art Vollmacht aus, welche die Zusammenstellung & Komposition des Menüs durch die Handwerker gestattet. Lediglich über die Länge kann der Gast entscheiden und vorab über unverträgliche oder einfach nicht gemochte Zutaten hinweisen. Das Menü wird dann entsprechend angepasst.
In dem Buch stellt sich der Küchenchef in lukullischer Hinsicht auch zu aller erst mit diesem Konzept vor und offeriert einem die Darbietung dieser Arbeitsweise. Recht schnell offenbart sich einem der starke japanische Einfluss, welche ihren Wurzeln wohl in den vielen Auslandsreisen Richtung Osten haben. Das entpuppt sich durch den Einsatz von asiatischen Saucen wie Ponzu oder Kimizu, einer Sauce die unter Verwendung von Mirin und Reisessig hergestellt wird und nicht zuletzt auch durch die Inanspruchnahme von verschiedensten Importprodukten wie Abalone, Hamachi & Co.
Nationale Klassiker sucht man bei Christian Bau vergebens. Er konzentriert sich auf die Darbietung ständig neuer geschmacklicher Zusammenspiele und treibt somit die Entwicklung seiner eigenen Unverkennbarkeit voran. Und die Umsetzung dieser Tendenz wird mit den weiteren Abschnitten, die sich z.B. „Gourmetvision re-loaded“ oder „Weltoffen“ nennen, höchst gelungen wiedergegeben.
Wodurch sich dieses Werk von vielen anderen absetzt, ist die hier sehr gut erklärende Funktion. Die Gerichte werden dem Leser in deren Beschaffenheit und Aufbau, so gut wie ein Buch das halt mit Worten vermitteln kann, dargelegt. Das ist bei den komplexen und sehr facettenreichen Kompositionen zweifelsohne eine Gradwanderung und freilich nur schwer befriedigend zu erreichen. Zu viele exotische und den meisten vom Geschmack her wahrscheinlich unbekannte Aromen stellen sich der Sache hier in den Weg. Doch sind die Texte an sich schlüssig und eröffnen einem den Zugang des Werdegangs jedes einzelnen Opus’.
Und das macht es so unglaublich kompliziert, den Vergleich mit S.E. zu ziehen. Jedes Buch hat seine eigenen Stärken. Als Photographie- Begeisterter bin ich von den Bildern natürlich stark beeindruckt, dennoch nicht so überwältigt, wie ich es erwartet hatte. Die Aufmachung in diesem Buch erfüllt alle Ansprüche an Übersichtlichkeit und Inhalt, setzt sogar beim Schildern und Anrichten der jeweiligen Gänge noch eine Schippe drauf. Selten wird es dem Nachahmer so leicht mit dem Auftafeln gemacht, wie bei diesem Werk, jenes in Kombination aller Eigenschaften die nötige Ruhe und Ausgeglichenheit vermittelt, welche beim Nachkochen ja so unschätzbar wichtig ist.
Christian Bau reiht sich ein in die Riege derer, welche gerne auch einen Blick hinter die Fassade erlauben und preisgeben, wie der Findungsprozess und das Kreieren neuer Kompositionen von statten geht.
Bleibt mir nur noch zu sagen, dass auch dieses Buch in keinem Standard- Kochbuchregal der Neuzeit fehlen darf.
Copyright sämtlicher Bilder: „Thomas Ruhl“ / www.port-culinaire.de
Ehrlich, für mich gleichen sich die Teller von Elversfeld und Bau ungemein, habe beide Posts gerade angesehen und bei Vertauschen der Photos hätte ich’s auch nicht gemerkt…..Scheint der allgemeine Trend in D. zu sein…..Erinnert mich hier verdammt an Michel Bras, nur an den kommen beide beim besten Willen nicht heran….
Ich bin der Meinung, dass die beiden sich nicht nur in der Kochphilosophie sondern sehr wohl auch in der Anrichteweise unterscheiden. Der starke asiatische Einfluss macht sich zwar nur bei genauem Hinsehen bemerkbar, aber dennoch finde ich, dass Christian Bau eine viel detailverliebtere Anrichteweise, die teilweise mit bis zu 15 Handgriffen pro Gang nicht auskommt, an den Tag legt. Wohingegen S.E. sich eher auf das nötigste beschränkt und nicht so detailverliebt eher klar strukturiert arbeitet. Ich möchte meinen, dass man die Teller sehr wohl unterscheiden kann. Geschmacklich dürfte das dann noch viel einfacher werden. Der Blick in einige der Rezepte verrät da schon viel.