Über die längst überholten Ausbildungsstandards der Köche lässt sich nicht streiten. Hier liegt so einiges im Argen und bedarf eines gründlichen Updates. Es gibt Themen, welche sich in der heutigen Zeit enorm aufdrängen. Da ist zum Beispiel der Klimawandel, welcher aktuell für großflächige Brände in Australien sorgt. Wer sich hier immer noch darauf beruft, dass Sorge nicht angebracht sei, muss die Fakten schon stark ignorieren.
Eine Prüfung jenseits der Saison
Der diesjährige Warenkorb der IHK Berlin für die Abschlussprüfung im Januar/Februar 2020 lässt mich wieder nur mit dem Kopf schütteln. Sie lässt auf fast schon ignorante Art die oben angesprochene Abwägung der Jahreszeit gänzlich missen. Ich erkenne nur schwer ein Produkt, welches einer Wintersaison zuzuordnen ist. Daraus sollen die angehenden Profis dann ein 3- Gang- Menü schnüren. So gibt es in diesem besagten Warenkorb Frisée, Eichblattsalat, Rucola, Bundmöhren, Schwarzwurzel, grüne Zucchini, Babyspinat, tiefgekühlte Riesengarnelen, Zanderfilet, Bachsaiblinge, Birnen und schließlich zum Dessert Brombeeren. Brombeeren? Ernsthaft?!
Warum muss man Brombeeren im Winter in den Warenkorb setzen?
Bei Fisch und Fleisch kann man sicherlich deutsche Ware besorgen. Schaue ich mir die Obst- und Gemüseauswahl an, habe ich große Zweifel, dass hier überhaupt mit deutscher Ware geplant werden kann. Sollten diese dann dennoch hierzulande angebaut werden, dann nur auf beheizten Feldern bzw. Gewächshäusern. Gänzlich außer Acht lässt man sämtliche wirklichen Wintergewächse wie Rosenkohl, Rotkohl, Wirsing, Lauch, Chicorée, Feldsalat, Grünkohl oder Schwarzkohl und bietet lieber Importprodukte aus Spanien an. Allen voran Brombeeren, wo ich mich ernsthaft frage, was man eigentlich geraucht haben muss, um sowas ernsthaft in einem Prüfungsmenü im Januar einzubauen.
Auf Anfrage meinerseits wird dies so begründet:“… Die Prüflinge müssen also die gesamte Bandbreite der in der Ausbildungsverordnung festgelegten Gerichte zubereiten können – unabhängig von der aktuellen Jahreszeit, in der die Prüfung stattfindet…“. Stellt sich mir nun die Frage, ob das nicht mit Produkten aus der Saison geht.
Kann man denn nicht mit saisonalen und regionalen Produkten die Skills der zu Prüfenden testen? Kann man denn nur aus Sommerbeeren eine Mousse herstellen? Kann man aus Salate nicht aus Feldsalat oder Chicorée zubereiten? Wie siehts bei den Beilagen aus. Welche besonderen Fähigkeiten kann man nur an Sommergewächsen wie Zucchini zeigen? Ich verstehe das nicht.
Einmal mehr stoße ich auf ein fragwürdiges Konzept, dass jegliche aktuelle Entwicklungen in der Gastronomie ignoriert.
Guten mal auf solche Dinge hinzuweisen. Aber man muss auch beachten, dass die Prüfungen von der Wirtschaft in Selbstverantwortung organisiert werden.
Daraus folgt, es müssten ich mehr progressive Köche in den Prüfungsausschüssen ehrenamtlich engagieren :-).
Dennoch sind dort Meister ihres Fachs am Werkeln. Das heißt, wir haben es hier nicht mit ahnungslosen BWLern zu tun, sondern hier sind es erfahrene Meisterköche.
Hallo Steffen!
Ich finds super dass du dich diesem Thema angenommen hast. Manchmal dachte ich schon dass sich sonst keiner Gedanken darüber macht. Ich kann mich noch gut an meine Abschlussprüfung in 2007 erinnern. Wir hatten tatsächlich Kängururücken im Warenkorb. Und das in Sachsen-Anhalt wo deutsches Wild wohl präsenter ist als australisches Wild. Wie bei so vielen Sachen fängt der Fisch ja bekanntlich am Kopf an zu stinken, und so steht die Frage im Raum, wie kann man diese Lage ändern? Es ist wirklich ein Unding dass Jahr für Jahr neue Warenkörbe der von dir beschriebenen Kategorie ausgehändigt werden. Und ich bin ganz bei dir wenn du sagst, dass wir es ja nicht mit ahnungslosen BWLern zu tun haben die sich so etwas ausdenken. Seit Sommer diesen Jahres bin ich nun selber ehrenamtlicher Prüfer(inRLP) und bin sehr gespannt was auf mich zu kommt und ob es Möglichkeiten gibt etwas zu ändern. Vorausgesetzt natürlich das nun endlich mal wieder Prüfungen in vollem Umfang stattfinden können.