Zuletzt war die Vergabe des Guide Michelin das Thema der Stunde, da viele Köche alljährlich auf die Sternevergabe hinarbeiten. Für Arne Anker vom Restaurant BRIKZ in Berlin Charlottenburg wäre dies sicherlich ein lang ersehnter Ritterschlag. Das Restaurant BRIKZ, das er seit 2020 als Inhaber führt, war einst ein Jazz-Café und bietet heute eine saisonale und regional inspirierte Küche, die nun mit einem Eintrag in meine Rubrik der Culinary Hotspots gewürdigt wird.
BRIKZ – Regionalität und No-Food-Waste auf hohem Niveau
Arne Anker dürfte einigen spätestens nach der Sendung „Raue – Der Restaurantretter“ bekannt sein, in der er bei Tim Raue um Hilfe suchte, um den ersten Stern im Guide Michelin zu erlangen. Nach der Eröffnung Ende 2020 geriet das Restaurant BRIKZ direkt in die Corona-Krise. Nach der Pandemie sollte es dann endlich mit dem Traum vorangehen. Eine Aufhellung des Restaurants mit neuem Interieur sorgte für mehr Charme.
Auch moderne Kunst an den Wänden sorgt für den einen oder anderen Blickfang. Doch soll es hier nicht um die Kunst an den Wänden gehen, sondern viel mehr um das, was auf dem Teller serviert wird.
Die kulinarische Ausrichtung wird vom fünfköpfigen Team umgesetzt. Auf dem Menü steht bei unserem Besuch folgendes Angebot:
Das Menü im BRIKZ
Gruß aus der Küche | Entrecôte-Schinken | Rübenmousse
Topinambur | Creme Cru | Haselnuss mit Ossetra Imperial Kaviar von AKI aus Hamburg
Kailan | Bergamotte | Fregola
Sauerteigbrot
Zusatzgang: Jakobsmuschel | Saitling | Radieschen
Huhn von Odefey & Töchter | Knollenziest | Romesco
Zusatzgang: Käseauswahl mit Brot
Kaki | Joghurt | Berliner
Abschied aus der Küche
Was uns bei unserem Besuch schnell klar wird, ist der starke Fokus auf regionale Produkte aus der Umgebung.
Gruß aus der Küche | Entrecôte-Schinken | Rübenmousse
Der Start wird mit einem zweiteiligen Amuse-Bouche eingeleitet. Ein hausgemachter Entrecôte-Schinken wird zusammen mit einem Rotweingel und Pumpernickel gereicht. In der zweiten Schale befindet sich eine leichte Mousse aus Runkelrüben mit Flower Sprouts, eingelegter Wassermelonenschale und einer Vinaigrette aus Orangen-Geranien-Kombucha. Das klingt alles sehr komplex und vielschichtig und steht symbolisch für die Küche, die uns heute erwartet.
Topinambur | Creme Cru | Haselnuss
Der erste Vorspeisengang ist dieses Mal nicht regional angesiedelt. Arne präsentiert uns höchstpersönlich eine Garnele aus Italien, die zusammen mit einer Sous-Vide gegarten Topinambur, einer Creme Cru, einer Topinambur-Bouillon und einem schön knusprigen Haselnusschip angerichtet ist. Hier zeigt sich sein Sinn für Texturen und unterschiedliche Konsistenzen, die miteinander sehr gut funktionieren. Jedes Detail wirkt durchdacht und lässt jeder Zutat genug Raum, sich gewinnbringend zu entfalten. Das gefällt uns sehr.
Kailan | Bergamotte | Fregola
Der nächste Zwischengang wird uns auf zwei Tellern serviert. Es gibt Kailan. Wenn das bei dir nicht sofort klingelt, dann sei versichert, mir ging es genauso. Kailan ist ein leicht bitteres Blattgemüse mit blaugrünen Blättern, das mit Grünkohl und Brokkoli verwandt ist. Hier wird es zusammen mit einer karamellisierten Bergamottehaut und -gelee serviert. Der gegarte Stiel ist paniert mit Crumble. Im tiefen Teller befindet sich ein Fregolasalat mit einem Bergamotteespuma.
Spätestens als der Gault Millau den Einsatz dieser sardischen Pasta namens Fregola total verrissen hat – denn fast jedes deutsche Restaurant versuchte sich an ihnen – traute sich kaum noch ein Koch, sie auf die Karte zu setzen. Was für eine Schande, denn wie an diesem Beispiel gut sichtbar wird, lässt sich daraus ein wunderbar cremiges, risottoähnliches Gericht zaubern. Der uns bislang unbekannte Kohl passt mit den angenehmen Bitternoten hervorragend zur Säure der Bergamotte. Dieser zweiteilige Zwischengang ist wunderbar ausbalanciert und zeigt einmal mehr, dass man auf die Führer einfach nicht so viel geben sollte, wenn es um das Setzen oder Lenken von Trends geht.
Sauerteigbrot, Butter & Öl
Was in immer mehr Häusern Einzug hält, hat sich auch hier durchgesetzt. Das begleitende Brot wird im BRIKZ als eigener Gang gefeiert. Was ursprünglich von Drittanbietern bezogen wurde, stellt Arne mit seinem Team täglich selbst her. Das täglich frisch gebackene Sauerteigbrot wird seit Tag 1 serviert und wurde seitdem nicht verändert. Das Roggenweizenmischbrot wird zusammen mit aufgeschlagener Salzbutter und einem Sauerteigbrotöl serviert, das aus übrig gebliebenem Brot hergestellt wird. No-Food-Waste eben. Lecker!
Jakobsmuschel | Saitling | Radieschen
Die Komplexität der Speisen im BRIKZ zeigt sich auch beim nächsten Gericht. Die geflämmte Jakobsmuschel wird von Arne höchstpersönlich präsentiert. Diese sowie andere Zutaten bezieht er direkt vom Anbieter Saltz, den ich euch vor einiger Zeit vorgestellt habe. Die Jakobsmuschelscheiben liegen zwischen eingelegten und fermentierten Austernseitlingen, geschmorten Radieschen und fermentierten Tomatillos, und werden von einer Seeigelvinaigrette und Muschelschaum vervollständigt. Süße, Säure und jodige Noten verleihen diesem Gang eine fast schon sommerliche Frische, was uns sehr gefällt. Dieser Teller würde von mir die Note #fingerlickinggood erhalten.
Huhn von Odefey & Töchter | Knollenziest | Romesco
Wer es bisher noch nicht bemerkt hat – Arne ist sehr produktfokussiert. Seine Küche basiert stets auf den besten Produkten, die nach Möglichkeit in Sachen Geschmack und Nachhaltigkeit keine Kompromisse eingehen. So auch das Huhn von Odefey & Töchter, das er für zwei Wochen in geröstetem Heu einlegt. Sehr beeindruckend ist der vollmundige Geschmack, der in dem saftigen Fleisch transportiert wird. Die dressierte Romescocreme und der Knollenziest bilden mit ihrem erdigen Geschmack eine wundervolle Aromatik, die noch genügend Raum für den Hauptbestandteil, das Huhn, lässt. Hervorzuheben ist die sehr intensive Geflügeljus, die die Brücke zwischen all den Elementen bildet.
Doch damit ist Arne noch lange nicht am Ende angekommen. In einer zweiten Schale präsentiert er einen Knollenzieststampf, auf dem drei knusprige Hühnerhautchips thronen. Der Hauptgang macht einfach nur Spaß, und es ist sehr schön anzusehen, wie sorgsam dafür gesorgt wird, dass möglichst alles sinnvoll verwertet wird.
Käseauswahl mit Brot
Fast schon klassisch geht es beim Käsegang zu. Eine vierteilige Käseauswahl mit Gruyère, Ziegenkäse, italienischem Taleggio und dem würzigen Friesisch Blue wird zusammen mit einer Nocke von kandierten Senffrüchten und eingekochten Birnen mit knusprigem Sauerteigbrot serviert. Käsefans werden dieses Intermezzo nicht missen wollen.
Kaki | Joghurt | Berliner
Beim Dessert angekommen, offenbart sich vor uns auf einem grazilen Teller eine Joghurt-Chiboust mit fermentierter Kaki, süßem Joghurt, einer abgeflämmten Meringue und einem Pfannkuchen a.k.a. Berliner in Form einer Eisnocke sowie in der bekannten gebackenen Variante. Die Diskussion darüber, wie dieses Gebäck in dieser Region nun genannt wird, erübrigt sich. Denn wichtig ist nur, ob dieser süße Abschluss gefällt, was wir uneingeschränkt bejahen können.
Nach dem zweiteiligen Abschied aus der Küche verlassen wir beseelt das BRIKZ, aber nicht ohne uns noch persönlich bei Arne und seinem Team verabschiedet zu haben.
Fazit des BRIKZ
Hat es dieses Mal mit dem Stern im Guide Michelin geklappt? Leider nicht. Neben dem Hallmann & Klee gab es in diesem Jahr keinen neuen Stern für die Hauptstadt. Ist das ein Grund für Arne, aufzugeben? Wohl kaum. Denn das Rennen um die neuen Sterne im nächsten Guide Michelin hat längst begonnen. Und wie ich Arne kenne, nimmt er es als Ansporn, weiterhin die Basis für eine Auszeichnung im Guide Michelin im nächsten Jahr zu legen.
In Sachen Kulinarik konnte er uns jedenfalls auf allen Ebenen überzeugen. Auch die Weinbegleitung sowie ihr alkoholfreies Pendant haben großen Anklang bei uns gefunden. Wir können zweifelsohne einen Besuch empfehlen und dem Guide Michelin nahelegen, sich hier für die nächste Edition einen Platz im bekannten roten Buch vorzumerken.
Funfacts zum BRIKZ
Restaurant: | BRIKZ |
Küchenchef/-in: | Arne Anker |
Auszeichnungen: | 2 Hauben Gault Millau 7+ Gusto Pfannen XXX+ Schlemmer Atlas “Spoons” FFF+ FEINSCHMECKER 88-89 Falstaff “Fork” HH+ Großer Guide |
Adresse: | Grolmanstr. 53 · 10623 Charlottenburg |
Kontakt: | +4930 318 0378 0 | restaurant@restaurantbrikz.com |
Datum des Besuchs: | März 2024 |