Dae Mon ist Fusion Cuisine bzw. Crossover pur. Hier kochen neuerdings zwei Küchenchefs groß auf. Samuel und Phillip, beide gebürtige Österreicher, zeigen genau diese unkonventionelle Art zu kochen. Crossover war kurz nach der Jahrtausendwende „das Ding“. Mit dem Zugang zu immer mehr Lebensmitteln aus aller Welt und vor allem dem kulinarischen Drang, mehr als nur frankophile Speisen in den Restaurants anzubieten, begann der Siegeszug der sogenannten „Fusion Cuisine“. Doch was ist eigentlich Fusion Cuisine? Diese Frage kann ich zusammen mit einem praktischen Beispiel, dem Besuch im Dae Mon, auf den Grund gehen.
Was ist eigentlich Fusion Cuisine?
Stell dir vor, du bist auf einer Party, wo du viele Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen triffst. Du kommst ins Gespräch mit einem Japaner, einem Franzosen, einem Mexikaner und einem Inder. Ihr habt alle etwas gemeinsam: Ihr liebt gutes Essen. Ihr beschließt also, zusammen zu kochen und eure Lieblingsgerichte zu teilen. Was kommt dabei heraus? Fusion Cuisine!
Denn Crossover bzw. Fusion Cuisine ist die Kunst, verschiedene Esskulturen und Kochstile miteinander zu kombinieren und zu vermischen. Dabei entstehen neue und spannende Gerichte, die nicht selten auch mutige und ungewöhnliche Kombinationen darstellen. Das Ziel ist es, den Gaumen zu überraschen und mit unerwarteten Geschmackserlebnissen aufzuwarten.
Crossover/Fusion Cuisine ist eine Stilrichtung, die im Zeitalter der Globalisierung die Vielfalt und den Reichtum der verschiedenen kulinarischen Traditionen widerspiegelt. Sie ist auch eine Küche der Experimentierfreude und der Kreativität, die immer wieder neue Möglichkeiten eröffnet.
Das Dae Mon ist Fusion pur
Genau solch eine Küche erwartet euch im Dae Mon, das sich zwischen dem Monbijoupark und dem Hackeschen Markt in Berlin-Mitte befindet. Das Restaurant gilt für mich als eines der Restaurants, das für meinen Geschmack ein wenig zu sehr unterbewertet ist. Zudem erinnert es mich sehr stark an meine Zeit im Restaurant Shiro i Shiro, ebenfalls ein Crossover-Konzept, das von The Duc Ngo betrieben wurde. Doch zurück zum Dae Mon.
Das Dae Mon gibt es bereits seit 2016 und wurde unter anderem von Stefan Reinhardt eröffnet. Der gebürtige Berliner wuchs in einer Familie auf, in der viel Wert auf gutes Essen gelegt wurde.
Mit dem Dae Mon erfüllte er sich seinen eigenen Traum von einem eigenen Restaurant. Zunächst eröffnete er es zusammen mit dem Schauspieler Hyun Wanner, der aber 2018 ausstieg. Er nannte das Restaurant Dae Mon, was auf Koreanisch „offene Tür“ bedeutet und seine Philosophie der „open-minded cuisine“ am besten beschreibt.
Open-Minded Cuisine
Seine „open-minded cuisine“ steht für eine Küche, die aus vielfältigen kulinarischen Traditionen, die auf innovative Weise miteinander verschmelzen sollen, erschaffen wird. In meinem Gespräch mit ihm verspricht Stefan moderne und kreative Gerichte mit Einflüssen aus Europa, Japan und Korea. Ihr erklärtes Ziel ist es, den Gaumen der Gäste zu überraschen und mit unerwarteten Geschmackserlebnissen zu verwöhnen.
Dass Stefan ein passionierter Gastgeber ist, bemerke ich schnell, denn er brennt für die Arbeit, die seine beiden neuen Chefköche, Samuel Haas und Philipp Steixner, jeden Tag auf die Teller zaubern. Er bezeichnet das Dae Mon als sein Herzensprojekt, bei dem er auch für die Weinauswahl verantwortlich ist. Diese stellt er mit viel Geschmack und Fachwissen zusammen. Das Dae Mon ist laut Stefan ein Ort, bei dem großer Wert auf die Qualität und Frische der Produkte gelegt wird. Nicht ohne Grund hat sich das Dae Mon zu einer der besten Adressen in Berlin entwickelt.
Ein Grund dafür ist auch das raffinierte 8-Gang-Menü, das von der neuen Doppelspitze der Küche zusammengestellt wird. Samuel Haas und Philipp Steixner, die beide aus Österreich stammen, haben sich im Stubaier Hof kennengelernt. Das Menü, welches ich bei meinem Besuch probieren durfte, war folgendes.
Dae Mon Menü
Garnelen-Tartelette / Beete-Macaron / Leber-Eis
Erbse
Erdnuss-Miso I Edamame I Kaltschale
Gelbflossenmakrele
Sashimi I Mango I Granatapfel
Oktopus
Salicorne I Pimientos I fermentierte Tomate
Bao Bun
Kürbis I Chili
Melone
Gazpacho I turuncu koji I Apfel
Wagyu-Rind
geschmort I Pilz-Dashi I Dumpling
Wagyu-Rind
kurzgebraten I Chinakohl I Rotkohl
Meerrettich
Yuzu I Rosmarin I Schokolade
Umeboshi / Bärchen / Madeleine
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Garnelen-Tartelette / Beete-Macaron / Leber-Eis
Das Amuse-bouche zu Beginn des Menüs war bereits ein sehr gelungener Start. Auf dem Löffel lag eine Nocke Gänseleber-Eiscreme, daneben ein Garnelentatar mit Roter Bete und Pistazienschaum. Das Tatar war exzellent und aus spürbar frischen Garnelen zubereitet. Das Cremeeis war vollmundig und kam mit einem sehr angenehmen Schmelz, während das Bete-Macaron mit der Pistaziencreme für ein gelungenes Zusammenspiel von süßen und erdigen Aromen der Bete sorgte.
Erbse – Erdnuss-Miso I Edamame I Kaltschale
Als wir im Dae Mon eintrafen, war es recht warm und der Spätsommer zeigte sich von seiner besten Seite. Somit war uns die Vorspeise mit einem Erbsenmousse, Erdnuss-Miso, Edamame und einer Kaltschale sehr willkommen.
Gelbflossenmakrele – Sashimi I Mango I Granatapfel
Bereits der zweite Gang war ein Volltreffer. Das Sashimi von der Gelbflossenmakrele mit dünnen Mangoscheiben, Granatapfelkernen und Kaido-Vinaigrette und Korianderkresse. Der Hamachi war wunderbar frisch und die Qualität tipptopp.
Die unheimlich vitalisierende Vinaigrette hat mir sehr gut gefallen. Dieser Gang fand viel zu schnell sein Ende – zu gerne hätte ich hinterher die Reste der Vinaigrette direkt aus der Schale getrunken, nur leider waren wir nicht bei mir zu Hause.
Oktopus – Salicorne I Pimientos I fermentierte Tomate
Weiter geht es mit gegrilltem Pulpo, der, wie jeder Gang, eindrucksvoll präsentiert wurde. Zu dem Pulpo gesellten sich angenehm säuerliche, fermentierte Tomaten, die noch erstaunlich viel Biss mit sich brachten. Darauf legte sich ein samtiger Espuma von grüner Paprika und gepuffte Schweinehaut, für den Umami-Kick.
Dieser Pulpogang war mit seinen sehr fein abgestimmten Säurenoten perfekt ausbalanciert und sorgte mit dem knusprigen Schweinecrunch für eine zusätzliche Dopaminausschüttung. Wir haben es sehr genossen.
Bao Bun – Kürbis I Chili
Wer Bao Buns mag, wird den Dae Mon Bao Bun lieben. Der mit Kürbiskernöl zubereitete Teig trägt eine köstliche Füllung von mit Gochujang mariniertem Kürbis, leicht fermentiertem Kohl und Kresse. Gochujang ist eine scharfe, koreanische Gewürzpaste.
Es ist ein Produkt der Fermentation (wie Sauerkraut und Kimchi), sodass es einen charakteristischen würzigen Geschmack hat. In der koreanischen Küche ist es ein wichtiger Bestandteil und hat zudem viele gesundheitliche Vorteile.
Der Getränkeempfehlung, einem Champagner – Brut Reserve, sind wir gerne gefolgt. Als bekennender Bao Bun Fan kann ich sagen: „Die Proportionen, Texturen und Aromen harmonieren vortrefflich. Hier stimmt einfach alles“.
Melone – Gazpacho I turuncu koji I Apfel
Wie kaum ein zweiter Gang steht der nächste für die hier erlebte Crossover Kitchen. Wenn unterschiedliche Traditionen und Techniken fast komplett dekonstruiert und wieder neu aufgebaut werden und vom Ursprünglichen nur noch ein Hauch der kulinarischen DNA zu erkennen ist, dann hat man es wahrscheinlich mit der Open-Minded Cuisine des Dae Mon zu tun.
Die Gazpacho wird hier aus einer Wassermelone zubereitet. Dazu gesellt sich ein kühles Koriandergranité, Apfelchips und eine Scheibe von mit Koji fermentierter und anschließend geräucherter Wassermelone. Als letzter kalter Gang vor dem bayerischen Wagyu in zwei Gängen hilft die kühle Koriandererfrischung mit der Melone ungemein, die Zunge und den Gaumen zu kalibrieren.
Bayerisches Wagyu-Rind – in zwei Gängen serviert – geschmort I Pilz-Dashi I Dumpling
Offenkundig spielt bei den beiden Küchenchefs auch die Regionalität eine große Rolle. Und das verpacken die beiden höchst eindrucksvoll in einem Dumpling. Dabei kommt das unheimlich zart gegarte Fleisch von einem Bauern. Die beiden Dumplings sind umgeben von einem sehr aromatischen Pilz-Dashi, das kaum mehr Umami in sich tragen könnte. Auf diesen Teigtaschen thronen eingelegte Austernseitlinge, zu denen hier passenderweise ein höchst süffiges Bier gereicht wurde.
Wagyu Rind – kurzgebraten I Chinakohl I Rotkohl
Kurze Zeit später präsentierte sich Gang II, der sich kaum reduzierter hätte sein können. Vor uns offenbarten sich neben dem perfekt gegarten Wagyu eine Chinakohl- und eine Rotkohlcreme. Und wieder mal zeigt sich, dass es nicht viel braucht, wenn man exzellent ausgesuchte Zutaten in großartiger Qualität perfekt zusammenbringt. Die Rotkohlcreme ist dabei weit dominanter und schmeckt daher eher vor als der Chinakohl, der fast schon untergeht.
Meerrettich – Yuzu I Rosmarin I Schokolade
Dieser Gang erinnerte mich sehr an meine eigene Zeit, als ich noch recht jung war. Damals arbeitete ich noch im Shiro i Shiro und war ebenfalls sehr mutig, wenn es um die Zusammenstellung von ungewöhnlichen Kombinationen ging. So wie Philipp und Samuel, die in ihren Mittzwanzigern ganz sicherlich noch am Anfang ihrer Karriere stehen.
Die sehr gewagte Zusammenstellung bei diesem ersten Dessert ist ein Meerrettichmousse mit Rosmarin-Eis, Yuzugel und Schokolade. Die Schokolade unter der Mousse ähnelt einem Fudge und hatte eine recht sättigende Wirkung. Auch der Meerrettichgeschmack wird von dem sehr dominanten Rosmarineis überlagert. Bei diesem Gang gibt es ein wenig Ungleichgewicht zwischen den Proportionen und den vorschmeckenden Aromen. Jedoch ist das Jammern auf hohem Niveau.
Umeboshi | Bärchen | Madeleine
Die abschließenden Petit Fours mit einem Rum-Madeleine, Kirschgummibären mit Habanero und einer Schokolade mit Umeboshi, einer gesalzenen Pflaume also.
Fazit zum Dae Mon
Im Fokus dieses Blogbeitrags stand die Fusion Cuisine, eine kulinarische Kunst, die verschiedene Esskulturen und Kochstile miteinander verschmelzen lässt. Als herausragendes Beispiel dieser Kochrichtung wurde das Restaurant Dae Mon in Berlin-Mitte vorgestellt. Das Dae Mon, gegründet von Stefan Reinhardt im Jahr 2016, bietet eine „open-minded-cuisine“ mit Einflüssen aus Europa, Japan und Korea.
Das 8-Gang-Menü im Dae Mon zeichnet sich durch seine raffinierten und kreativen Kombinationen von Zutaten aus, die den Gaumen auf eine einzigartige sensorische Reise mitnehmen. Das Team zeigt den Mut zur Experimentierfreude und die Suche nach unvergesslichen Geschmackserlebnissen.
Das Dae Mon bleibt ein Geheimtipp für Feinschmecker, die die Vielfalt und Kreativität der Fusion Cuisine schätzen und bereit sind, sich auf eine kulinarische Entdeckungsreise einzulassen. Das Dae Mon ist nicht das erste Restaurant der Stadt, welches ich für absolut unterbewertet halte. Ich bin gespannt, was man noch von der neuen Doppelspitze aus Österreich hören wird. Ich wünsche in jedem Fall, dass sie mit diesem Konzept noch viele Erfolge einfahren. Verdient hätten sie es allemal.