In der Gastronomiebranche gibt es eine kontroverse Diskussion über die Frage, ob Restaurants kostenloses Wasser auf den Tischen anbieten sollten. Während einige Gastronomen argumentieren, dass dies ihre Kalkulation beeinträchtigt, sehen andere darin eine Gelegenheit, Gastfreundschaft zu zeigen und nachhaltige Praktiken zu fördern. In diesem Artikel versuche ich ein wenig, die verschiedenen Aspekte von kostenlos angebotenem Wasser in Restaurants zu untersuchen und teile gerne ein wenig mögliche Vor- und Nachteile dieser Praxis.
Wasser – der wertgeschätzte Rohstoff
Die Entscheidung, kostenloses Wasser anzubieten oder nicht, ist komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Seit 2021 gibt es zu diesem Thema gar eine EU-Trinkwasserrichtlinie. Die besagt, dass es keine Verpflichtung gibt, kostenloses Leitungswasser in Restaurants anzubieten, wenn gleich sie es wohl sie zur Umsetzung anregen möchte. Denn durch das kostenlose Wasser kann sehr effizient der Plastikmüll bekämpft werden.
Doch wie sehr dieses Thema polarisiert, sieht man in etlichen Diskussionsrunden auf Facebook und anderswo.
Dieses Thema spaltet ungemein. Während die Verfechter von kostenlosem Wasser auf dieses Signal der Gastfreundlichkeit verweisen, wehren sich die Gastronomen mit dem Argument, dass sie dadurch erhebliche Umsatzeinbußen und Servicekosten hätten.
Schauen wir uns die unterschiedlichen Argumente genauer an. Was spricht für das kostenlos angebotene Wasser in Restaurants?
PRO kostenloses Wasser
Kundenservice: Das Angebot von kostenlosem Leitungswasser zeigt Gastfreundschaft und Wertschätzung gegenüber den Gästen. Es kann dazu beitragen, eine positive Beziehung zum Kunden aufzubauen und das Kundenerlebnis zu verbessern.
Kundenbindung: Durch die kostenlose Bereitstellung von Wasser haben Gäste möglicherweise einen Anreiz, länger im Restaurant zu bleiben und wiederzukommen. Es kann zu einer positiven Mundpropaganda führen, da zufriedene Kunden ihren Freunden und Familien von der großzügigen Geste erzählen.
Nachhaltigkeit: Indem Restaurants kostenloses Leitungswasser anbieten, reduzieren sie den Verbrauch von Einwegplastikflaschen und tragen somit zur Umweltfreundlichkeit bei. Es ist eine umweltbewusste Entscheidung, die viele Kunden zu schätzen wissen. Auch die aufwendig zu transportierenden Mehrwegflaschen können im Umfang reduziert werden. Es entfällt das lästige Schleppen und Lagern der Kisten, die auch später wieder gekühlt und abtransportiert werden müssen.
Qualität: Das Wasser hat in Deutschland in den meisten Gebieten eine sehr hohe Qualität, ist es doch das am meisten kontrollierte Lebensmittel. Restaurants können zusätzliche Schritte unternehmen, um sicherzustellen, dass das servierte Leitungswasser höchste Qualität hat. Dazu können sie fortschrittliche Wasserfiltersysteme oder Aufbereitungsgeräte verwenden, um potenzielle Verunreinigungen oder Geschmacksprobleme zu minimieren.
Günstig in der Anschaffung: Leitungswasser ist enorm günstig. Ein Liter Wasser aus dem Hahn kostet im Schnitt 0,2 Eurocent. Das sind 0,002 €. Somit könnte man für 10 € Wasserkosten insgesamt 5000 Karaffen Wasser à 1 Liter anbieten.
Was spricht also gegen das Angebot von kostenlosem Wasser?
CONTRA kostenloses Wasser
Wasserqualität und Filterung: Einige Restaurants oder gar Gäste könnten dennoch Bedenken hinsichtlich der Wasserqualität haben. In einigen Regionen kann das Leitungswasser einen bestimmten Geschmack, Geruch oder eine geringe Trübung aufweisen, was die Gäste möglicherweise nicht ansprechend finden. Um diese Bedenken zu mindern, müssten diese Restaurants möglicherweise in Wasserfilter oder -aufbereitungssysteme investieren, um eine optimale Wasserqualität sicherzustellen. Dies könnte mit zusätzlichen Kosten verbunden sein.
Gläser und Service: Das kostenlose Leitungswasser muss den Gästen in sauberen Gläsern serviert werden. Es könnten zusätzliche Kosten für die Anschaffung von Gläsern sowie für die Reinigung und den Service entstehen.
Kalkulation: Ein häufig genannter Grund gegen kostenloses Wasser ist die finanzielle Kalkulation. Restaurantbesitzer argumentieren, dass sie die Kosten für Personal, Miete, Lebensmittel und Getränke decken müssen und dass das kostenlose Wasser diese Kalkulation stören kann.
Umsatzverlust: Wenn Kunden kostenloses Wasser trinken, bestellen sie möglicherweise weniger andere Getränke wie Softdrinks, Säfte oder alkoholische Getränke, die höhere Gewinnmargen haben. Dadurch könnten Restaurants einen potenziellen Umsatzverlust erleiden.
Somit sprechen zunächst eher wirtschaftliche Gründe gegen den Ausschank des kostenlosen Wassers. Doch die Entscheidung, ob es Sinn ergibt oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab, einschließlich des Geschäftsmodells, des Standorts und der Zielgruppe des Restaurants.
Andere Länder, andere Sitten
Frankreich: In Frankreich ist das kostenlose Servieren von Wasser in Restaurants ebenfalls weit verbreitet. Es wird oft als „une carafe d’eau“ bezeichnet, was eine kostenlose Karaffe mit Leitungswasser bedeutet.
Italien: In Italien ist es üblich, dass Restaurants kostenloses Leitungswasser anbieten. Es wird oft als „acqua del rubinetto“ bezeichnet, was wörtlich übersetzt „Wasser aus dem Wasserhahn“ bedeutet.
Spanien: Auch in Spanien ist es üblich, dass Restaurants kostenloses Wasser servieren. Es wird oft als „agua del grifo“ bezeichnet, was ebenfalls „Wasser aus dem Wasserhahn“ bedeutet.
Schweden: In Schweden ist es üblich, dass Restaurants kostenloses Leitungswasser anbieten. Dies ist Teil der schwedischen Kultur und des Konzepts des „Allemansrätten“, dem Recht auf Zugang zur Natur und den Ressourcen des Landes.
Norwegen: Ähnlich wie in Schweden wird in Norwegen oft kostenloses Leitungswasser in Restaurants serviert. Es wird erwartet, dass Gäste nach Wasser fragen, wenn sie es möchten.
Dänemark: Auch in Dänemark ist es üblich, dass Restaurants kostenloses Leitungswasser zur Verfügung stellen. Die Gäste können nach „vand fra hanen“ (Wasser aus dem Wasserhahn) fragen.
Island: Auf der Insel Island wird in Restaurants in der Regel kostenloses Leitungswasser angeboten. Es ist auch möglich, frisches Quellwasser direkt aus natürlichen Quellen zu trinken.
My 0,002 Cents
Ich war schon immer ein großer Fan von den Restaurants, welche die hohe Qualität des Wassers ihrer Region mit der kostenlosen gefilterten Wasserflasche unterstützten. Denn jede Karaffe, die kostenlos im Restaurant ausgeschenkt wird, muss nicht mühevoll zum Restaurant gebracht, gelagert und später wieder zurücktransportiert und aufgearbeitet werden. Das spart eine Menge Müll und dürfte erheblich zum Umweltschutz beitragen.
Fazit
Mir ist klar, dass es nicht im Interesse von vielen Biergärten oder ähnlichen Gastrokonzepten sein kann, dass die Gäste anstatt der erfrischenden Limonade das kostenlose Wasser nehmen. Doch sehe ich im Bereich der gehobenen Gastronomie sicher Spielraum, dem Gast, der sich mit aktuell sehr hohen Preisen konfrontiert sieht, entgegenzukommen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Gäste aufgrund des Wassers gegen einen Cocktail oder einen Wein entscheiden.
Um Wasser-Missbrauch zu vermeiden, kann beispielsweise eine einmalige Servicepauschale erhoben werden, ganz egal wieviel Wasser der Gast später ordert. Was ich jedoch nicht in Ordnung finde, ist, wenn für den Liter Wasser aus dem Wasserhahn 3,5 € pro Liter abgerechnet werden. Das ist im Vergleich zu anderen Getränken von der Kalkulation nicht argumentierbar und alles andere als transparent. Da fühle ich mich als Gast an der Nase herumgeführt.