Lena und Christian Herrgesell sind nach ihrer Asien-Tournee in ihre Wahlheimat zurückgekehrt, um im bulthaup kochraum einen Einblick in ihr neues Pop-up Konzept “KOCHRAUM by Herrgesell” zu geben. An drei Tagen wurden insgesamt vier Dinings an einer langen Tafel vorbereitet. Ich durfte Teil dieses einzigartigen Events mit meiner Kamera begleiten.
Lena & Christian gingen für KOCHRAUM by HERRGESELL auf Asientour
Besucher der Berliner gehobenen Gastronomie müsste Christian Herrgesell (ehemals Singer) ein Begriff sein, war er doch für mehr als 10 Jahre im Restaurant Tim Raue, ausgezeichnet mit 2 Sternen im Guide Michelin“, tätig. Er verließ seinen Mentor als Küchenchef und machte sich zusammen mit seiner Frau und jetzigen Geschäftspartnerin auf, neue Ufer zu ergründen. Dafür ging es mitunter nach Asien, um dort den eigenen kulinarischen Horizont zu erweitern und eine Hand voll Pop-up Konzepte mit internationalen Kollegen umzusetzen.
KOCHRAUM by HERRGESELL – Pop-ups als Eventserie
Aus ein paar wenigen Veranstaltungen entpuppte sich als bald regelrecht eine Serie. Lena und Christian waren schnell Feuer und Flamme und entschlossen sich, ihre Pop-up Reihe in ihre Wahlheimat Berlin zu bringen. Der passende Ort war mit dem bulthaup kochraum schnell gefunden und so entstand die Pop-up Reihe „KOCHRAUM“ by HERRGESELL, deren erste Eventreihe ich am letzten Wochenende beiwohnen durfte. An drei Tagen in Folge lud das Paar zu ersten Dinings in der Hauptstadt ein.
Lena ist Event-Expertin
Dabei kann jeder von den beiden mit eigenen Expertisen zum Mehrwert verhelfen.
Lena beispielsweise hat durch ihre schwedischen und österreichischen Wurzeln sowie Aufenthalte in Städten wie New York, Delhi oder Kapstadt erlebt, wie unterschiedlich in den Kulturen gefeiert wird und wie man das persönliche Event individuell gestaltet.
Nach dem Abitur und einem freiwilligen sozialen Jahr in Indien unterstützte sie die Event- und PR-Agentur Schrenk + Schrenk Berlin bei umfangreichen Projekten wie „Falling Walls“. Während ihres Studiums half sie Unternehmen wie Langnese oder Siemens bei Veranstaltungen und plante und betreute Messeauftritte in Dubai, Amsterdam und Istanbul.
Ein besonders prägendes Event war für sie ein Praktikum bei Fremantle Media in London, bei dem sie an der Konzeption und Umsetzung des 30-jährigen Jubiläums der australischen TV-Serie Neighbours mitwirken konnte.
Als studierte Medien- und Wirtschaftspsychologin bringt sie zu ihrer Leidenschaft auch die erforderliche Ausbildung mit, um die Wünsche der Kunden umzusetzen und deren Events strukturiert, effizient und verantwortungsvoll zu planen.
In ihrer Bachelor-Arbeit hat sie den Einfluss von Social-Media-Kanälen auf die Hochzeitsvorstellungen von zukünftigen Brautpaaren untersucht. Zweifelsohne kann sie mit dieser Expertise dieses Wissen auch in Bezug auf die Erlebnisgastronomie der heutigen Zeit anwenden.
Gerade bei Pop-ups sind die Inszenierung und das sorgfältige Planen der Abläufe wichtige Punkte, die es zu berücksichtigen gilt. Ein Pop-up durchzuführen ist in meinen Augen „Kochen außerhalb der Komfortzone“.
capturing moments
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Was sind die größten Unterschiede von Pop-ups zu normalen Restaurants?
Standort und Zielgruppe
Die Wahl des richtigen Standorts für das Pop-up-Konzept ist entscheidend. Es sollte ein Ort sein, der für die Zielgruppe attraktiv ist und das Konzept gut unterstützt. Das können zum Beispiel leere Ladenflächen, Galerien, Veranstaltungsorte oder ungewöhnliche Locations sein.
Zeitlicher Rahmen
Pop-up-Konzepte sind oft zeitlich begrenzt und können nur für kurze Zeit an einem bestimmten Ort existieren. Daher ist es wichtig, den Zeitrahmen sorgfältig zu planen und zu kommunizieren, um die Aufmerksamkeit der Kunden zu gewinnen und eine gewisse Dringlichkeit zu schaffen.
Flexibilität
Im Vergleich zu Restaurants erfordern Pop-up-Konzepte oft mehr Flexibilität. Die Ausstattung und Einrichtung müssen möglicherweise transportabel sein und sich leicht an verschiedene Orte anpassen lassen. Auch das Menü kann je nach Standort und Zielgruppe variieren oder sich an spezielle Themen anpassen.
Marketing & Kommunikation
Pop-up-Konzepte sind temporär, daher ist es wichtig, eine effektive Marketing- und Kommunikationsstrategie zu entwickeln, um potenzielle Kunden anzusprechen und über das Konzept zu informieren. Social Media, lokale Werbung und Kooperationen mit relevanten Partnern können dabei hilfreich sein.
Erlebnisfaktor
Pop-up-Konzepte bieten oft die Möglichkeit, ein einzigartiges kulinarisches Erlebnis zu schaffen. Neben dem Essen selbst kann die Atmosphäre, das Ambiente, die Musik oder sogar besondere Aktivitäten oder Events Teil des Gesamterlebnisses sein. Ein Pop-up-Konzept sollte den Gästen ein unvergessliches Erlebnis bieten, das sie weiterempfehlen möchten.
Logistik und Infrastruktur
Da Pop-up-Konzepte oft an temporären Orten stattfinden, ist es wichtig, die logistischen Aspekte sorgfältig zu planen. Dazu gehören die Verfügbarkeit von Wasser, Strom, sanitären Einrichtungen und ausreichendem Platz für die Küche und den Service.
Genehmigungen und Vorschriften
Bei der Planung von Pop-up-Konzepten müssen auch alle relevanten Genehmigungen und Vorschriften beachtet werden, die je nach Standort und Art des Konzepts variieren können. Es ist wichtig, sich frühzeitig über die erforderlichen Genehmigungen zu informieren und diese einzuholen.
Gerade in den operativen Abläufen gibt es noch viele weitere signifikante Abläufe, die bei einem Pop-up Konzept stark ins Gewicht fallen, wie zum Beispiel die Mitarbeiter Akquise, die Logistik oder etwa die Infrastruktur vor Ort.
All diese Punkte haben beide wohl durchdacht und mit in ihre Planung aufgenommen. Herausgekommen ist folgendes Menü, welches ich euch wie immer nicht vorenthalten will.
JAKOBSMUSCHEL – Dry Aged Beef-Dashi, Blumenkohl, Schnittlauch & Imperial Kaviar „Selection Herrgesell“
Eine großartig gebratene Jakobsmuschel wird mit einem Blumenkohlpüree, einem sehr gehaltvollen Beef-Dashi und ausgesuchten Imperial Kaviar angerichtet. Auf den Fischrogen ist Christian besonders stolz, ist es doch eine eigens ausgesuchte Edition, die nach seinem Geschmacksempfinden zusammengestellt wurde. So bereichern diesen ersten Gang unterschiedliche Salznoten, welche ihren Ursprung teilweise aus dem Meer und teilweise vom Land haben. Ein schöner Start in den Abend, wie ich finde.
ZANDER – Wasabi, Daikon, Grüne Traube & Wasserklee
Christian kann seine Referenz auf Tim Raue nicht wirklich verbergen und versucht es auch nicht. Der gedämpfte Zander wird mit einer Beurre Blanc vom Wasabi gereicht. Ihr Aroma stieg uns sofort in die Nase und das war bei diesem Gang auch der dominierende Part, der alle anwesenden Gäste sehr begeisterte. Er reicherte seine Version mit Kokoswasser
und -milch an und verzichtete vollends auf Butter. Dazu richtete er in Holunderblütenessig eingelegten Rettich, grüne Trauben und Wasserkressepüree an.
Beurre Blanc
Eine Beurre Blanc ist eine französische Sauce, die aus reduziertem Weißwein, Essig, Schalotten und Butter hergestellt wird. Die Sauce ist bekannt für ihre glatte, cremige Konsistenz und ihren reichen Geschmack. Sie verleiht Gerichten eine luxuriöse Textur und wird oft zu Fisch- und Meeresfrüchtegerichten serviert.
Durch das langsame Hinzufügen von kalter Butter zur reduzierten Flüssigkeit entsteht eine emulgierte Sauce mit einem delikaten Zwiebelaroma. Es ist wichtig, die Sauce sanft zu erhitzen, um ein Gerinnen zu vermeiden. Die Beurre Blanc ist ein klassischer Bestandteil der französischen Küche und verleiht jedem Gericht eine raffinierte Note.
KAISERGRANAT – Karotte, Thai Curry, Chicorée & Orange
Zu diesem Zwischengang warteten die beiden mit einer Anekdote ihrer Asien-Tournee auf. Sie berichteten von einem Thai Curry, welches sie in einem Strand-Restaurant nördlich von Phuket genossen hatten. Dessen Rezept wollte Christian unbedingt mitnehmen, was der Küchenchef ablehnte. So kamen sie wieder und wieder ließen sich erneut das Curry schmecken und fragten mehrmals nach dem Rezept, was sie leider nicht erhielten. Am letzten Tag vor der Abreise, gab ihm der Küchenchef eine kleine Dose seines Thai Currys mit, aus der Christian an diesem Abend die Currysauce für den gebratenen Kaisergranat mit Chicorée und Orange zubereitete. Wir konnten all am Tisch nur zu gut nachvollziehen, warum sie beide so verrückt nach dem Rezept waren.
Auch bei diesem Gang referiert Christan auf die klassisch-französische Küche, thront doch eine Kaisergranatnocke, welche ihren Ursprung in der Hechtnocke wiederfindet.
PERLHUHN – Miso, Grüner Spargel, Morcheln & Trüffelsud
Nach all der Säure und der Schärfe folgen zwei weniger dominante Gänge. Das ist zuerst sanft gegarter Perlhuhnkeule, Topinamburpüree, grünem Spargel, einer mit Piemonteser Haselnuss abgeschmeckter Weißpilzsauce und formidabler Perigord Trüffeljus. Gemessen am Ticketpreis warten Lena und Christian mit erstaunlich hochpreisigen Zutaten auf. Im Gegensatz zu den Preisen in der hiesigen Gastronomie ist das mal eine gern gesehen Abwechslung.
WAGYU BEEF – Kampot Pfeffer, Geräucherte Rote Bete, Meerrettich & Petersilie
Die Inspiration des Hauptgangs kam, wie sollte es anders sein, aus China. Das kantonesische Black Pepper Beef besteht aus Würfeln von Rinderfilet, die sehr heiß angebraten werden und in einer dunklen, leicht süßlichen Sauce glasiert werden. Dazu gesellt sich auf dem Hering-Teller ein Salat von geräucherter Rote Bete mit Meerrettich, Kirschblütenessig neben Petersilienpüree und Perlzwiebeln. Der Geschmacksbogen reicht hier von der angenehm ausbalancierten Schärfe, über rauchige Noten der Roten Bete und säuerlich-süßen Akzenten der Johannisbeeren und in Portwein gegarten Zwiebel. Grandios!
Saucenfans kommen also bei Christians Küche beinahe bei jedem Gang auf ihre Kosten – so viel sei gesagt.
ERDBEERE – Rhabarber, weiße Schokolade, Limette & Oxalis
Das Dessert bildet für Christian eine Art Hommage an den Frühling. Für ihn ist es die wohl mit Abstand beste Jahreszeit für Köche, da sie mit der größten Vielfalt an Produkten aufwarten kann. Es gibt ein weißes Schokoladenmousse mit Rhabarber und Erdbeere, Limettentapioka und Oxalis.
Was wirklich hervorsticht, ist die große Weinexpertise, die Christian bei jedem Gang beherzt mit den Gästen teilt, indem er den jeweiligen Wein zum Gang vorstellt.
So entlässt uns das Paar mit einem zufriedenen Lächeln, einiger ihrer Anekdoten der Asientour und der Erkenntnis, dass Pop-up-Konzepte noch lange nicht auserzählt sind.
Fazit zu KOCHRAUM by HERRGESELL
Insgesamt stellten Lena und Christian ihr Menü von Freitag bis Sonntag vier Mal vor und konnten bei jedem dieser Events viel Lob und ganz sicher auch viele Learnings einheimsen. Ich bin mir sicher, dass von den beiden in Zukunft noch viel zu hören sein wird.