Das POTS am Potsdamer Platz ist gekommen, um der deutschen Küche einen neuen Anstrich zu verleihen. Das Team möchte zeigen, dass man die deutsche Küche höchst mannigfaltig, gar modern erleben kann. Für die tägliche Umsetzung zeichnet sich Christopher Kujanski verantwortlich. In einem ungezwungenen Brasserie-Ambiente kommen deutsche Gerichte mit einem Twist auf den Tisch. Ich habe das POTS besucht und mir einige Gerichte genauer angesehen.
POTS by Dieter Müller und Christopher Kujanski
Am Potsdamer Platz Berlin hat sich in den letzten Jahren ein richtiger kulinarischer Schwerpunkt etablieren können. Mit dem Facil, dem Golvet, dem Frederick’s und dem POTS gibt es viele Anlaufstellen, um einen besonderen Abend zu erleben.
Im letztgenannten Restaurant gibt es seit 2019 ein Konzept, welches sich zum Ziel gesetzt hat, die deutsche Küche im modernen Gewand darzustellen. An einem Ort wie Berlin, in dem an jeder Ecker die Fusion-Küche wieder Einzug gehalten hat, dürfte es schwierig sein, gute Beispiele zu finden, die genau typisch deutsch sind.
Kommen wir zuerst zu dem Erscheinungsbild, denn die Optik ist im POTS sagenhaft.
Inside POTS – Stylisch • Chic • Offen
Das Restaurants ist weiträumig und lässt tief in die Geschehnisse der offenen Küche blicken. Als ich selbst einmal in solch einer Küche gearbeitet hatte, war ich nach kurzer Zeit ein großer Fan dieser Showküchen. Denn der Koch kann direkt sehen, wie die eigenen Kreationen ankommen und teilweise mit den Gästen interagieren. Christopher ist ein sehr kommunikativer Herdkünstler, der ganz sicher nichts gegen solche Interaktion mit dem Gast hat.
Im lang gestreckten Gastraum befinden sich in schwarz gehaltene Tische in Bistrolook mit edlen, gepolsterten Holzstühlen mit Lederbezug.
Am Rand bieten Separees die Möglichkeit in kleinen Gruppen einzukehren, um am größeren, runden Tisch platzzunehmen. Alles in allem bietet das POTS ein modernes und optisch reizvolles Ambiente mit vielen sichtbaren, aber auch versteckten Details im Design.
Den Namen hat das POTS im Übrigen aufgrund der Lokalität an dem sich das Restaurant befindet – dem Potsdamer Platz. Natürlich würden viele denken, wären die unzähligen sichtbaren Töpfe in Kupfer, die sogar als Tablett für das Eindecken des Bestecks dienen, Grund für die Namensgebung. Dem ist jedoch nicht so.
Christopher mag eklektisches Kochen im POTS
Was der Küchenchef Christopher an diesem Abend in der offenen Küche handwerklich umsetzt, ist eine spannende, eklektische Küche, welche das Konzept der typisch deutschen Speisenzubereitung als Blaupause ins Auge fast. Sie gerät aufgrund der neuartigen Umsetzung fast schon in den Hintergrund. Denn seine Interpretationen sind irgendwie alles, nur erinnern sie erst beim Sinnieren hinterher an die Existenz der deutschen DNA. Exemplarisch dafür steht sein erster Gang.
Minibrot & Mixed Pickels mit Misobutter und Kressequark
Zu Beginn wird jedoch erst einmal ein kleines, lauwarmes Brot gereicht, das zusammen mit eingelegtem Essiggemüse, einer Misobutter und erfrischendem Kressequark einhergeht.
Saibling | Ochsenmark | Dill
Solch einen Hauch von Kartoffelsalat, auf welchem der superzart gegarte Saibling thront, hast du vermutlich noch nicht genossen. Er ist so angenehm leicht, dass er nicht dem typischen Klischee eines mächtigen Kartoffelsalates entspricht. Kartoffelsalat on a new Level sozusagen. Darauf gibt Christopher feine Gurkenstreifen und einen mit Ochsenmark gekrönten, leicht rauchigen Saibling mit frisch gehobeltem Meerrettich. Umgeben von einem gelierten Gurken-Süppchen mit Dill ist dieser Start in das Menü mehr als gelungen.
Bio-Ei | Spargel | Frankfurter Kräuter
Kein Restaurant in Deutschland kann es sich leisten, eines der prominentesten Gemüse Deutschlands nicht auf die Karte zu nehmen – zu recht. Christophers Spargelgericht kommt als Zwischengang mit einem pochierten Bio-Ei im Knuspermantel auf geflämmten Spargel, vermutlich aus Beelitz. Komplettiert wird das Ensemble mit einer guten Nocke Kaviar und einer aufgeschäumten Frankfurter Kräutersauce. Ein Gang zum Nachbestellen.
Adlerfisch | Tomate | Brot
Um die Komplexität des nächsten Zwischengangs zu umschreiben, muss ich den sehr prominenten Koch Ferran Adrià bemühen.
„Man bräuchte ein ganzes Leben, nur um sich mit Tomate richtig auszukennen.“
Ferran Adrià
Tomate ist Geschmack pur und den kitzelt Christopher auf verschiedenen Ebenen aus ihr heraus. Dem Seeteufel, wird bei diesem Gang fast schon die Show gestohlen. Eine frische Scheibe Tomate bildet die Basis. Sie liegt neben einer pikanten Tomaten-Brotcreme. Die am Tisch aufgegossene Tomatenessenz mit Pinienkernen bringt diese Mehr an Umami-Geschmack, was dieses Gericht in eine echte Umamibombe verwandelt.
Unbeschreiblich und vermutlich eines meiner Highlights an diesem Abend. Wie Ferran es treffend ausdrückt – es bedarf ein ganzes Leben, um allein die Tomate zu verstehen, Du kannst Dich aber einfach bei Gängen wie diesem zurücklehnen und genießen. Das ist einfacher und vor allen Dingen befriedigender.
Müritz Lamm | Artischocken | Geräucherte Paprika
Es gibt Lieferanten, die müssen eigentlich Institutionen genannt werden. Sie beliefern die Berliner/Deutsche Gastronomie lang und nachhaltig mit ihren Spitzenprodukten, so dass sich Köche ein Auskommen ohne sie nicht vorstellen wollen. Einer davon ist Klaus Schwagrzinna. Er beliefert die Berliner Gastronomie mit Müritz Lamm vom Feinsten bereits in meinen Jahren als Jungkoch und das will bereits anderthalb Jahrzehnte her sein.
Mit diesem Müritz Lammrücken bildet Christopher einen vorläufigen Höhepunkt im Menü, der einfach über jeden Zweifel erhaben ist. Neben einem perfekt gegarten Stück Fleisch gibt er ein samtiges Artischockenpüree, wilden Brokkoli und eingelegte Zwiebelringe. Die am Tisch angerichtete Jus birgt Würfel von geräucherter Paprikawurst, um nicht zu sagen Chorizo, in sich. Vollmundig, voluminös, ausbalanciert – das sind die Attribute, die mir bei dieser Lammjus einfallen. Dieser Hauptgang ist einfach gut gemacht und besticht vor allem durch die immens hohe Produktqualität, welche das Fleisch mitzubringen vermag.
Milchreis | Staudensellerie | Apfel
Desserts ist jetzt nicht zwingend die Speisengattung, für die Deutschland weltberühmt geworden ist. Sicherlich haben wir eine Tortenkultur (Schwarzwälder Kirsch, Bienenstich, Frankfurter Kranz) vorzuweisen. Geht es um die Nachspeisen, sieht es da schon eher mau aus. Umso erfreulicher, dass sich Christopher eine kecke Version eines Milchreises ausgedacht hat.
Er vereint den Milchreis in Form eines Mousse in einem Ring von Kuvertüre und bedeckt diesen mit Apfel und Sellerie in verschiedenster Form. Das erfrischende Apfel-Petersilien-Sorbet wird mit einem Staudensellerie-Salat garniert. Umgeben ist das gemüselästige Dessert von einer Staudensellerie-Vinaigrette.
Neben dem Teller wird zudem ein Schokoladen-Reisknusper gereicht. Dieser Gang kommt als Abschluss zu einem großartigen 5-Gang-Menü wie gerufen. Uns gefällt, wie der Küchenchef mutig mit den Aromen von Apfel und Sellerie spielt und diese gekonnt in einem Fond extrahiert, den er am Tisch aufgießt.
POTS
Mittwoch – Samstag
12-22 Uhr
Potsdamer Platz 3,
Berlin 10785
Fazit – Du wirst das POTS mit seiner deutschen Küche lieben lernen
Für uns endet ein fulminantes und erfrischendes Menü, welches die Kulinarik der deutschen Küche in ein modernes und frisches Gewand hüllt, welches ihm extrem gut steht.