Manchmal verstehe ich die Welt nicht mehr. Seit mehr als elf Jahren ist dieser Blog nun schon online und für mich galt immer, dass der Inhalt zählt und sich Qualität am Ende durchsetzt. Auch Nachhaltigkeit und Regionalität wird mehr und mehr gepusht. Doch all die Müh‘ ist offensichtlich nicht notwendig, denn Gunnars Kochshow macht es mit seiner ersten Folge vor. Sein original Marzahner Rezept ist bei etlichen Medien im Ticker und der Algorithmus hat seinen Beitrag auch in den Feed gespielt.
Da tu‘ ich und mach‘ ich. Ich versuche mich in Sachen Fotografie weiterzubilden und neue Kenntnisse und Fertigkeiten anzulernen. Entwickle mich beim Kochen weiter. Versuche mich in einer hochwertigen Darstellung. Investiere in hochwertiges Equipment, in gute Lebensmittel. Kaufe regional ein. Für was eigentlich?
Gunnar macht’s vor
Gunnar, ein Abgeordneter aus Berlin-Marzahn macht es vor. Sein neuer Kanal namens „Gunnars Kochshow“ hat in Windeseile mehr als 80.000 Klicks erzieht und bereits 2870 Abonnenten. Und das bereits nach drei Tagen. Hier scheint wohl ein Vollprofi sozialer Medien am Werk zu sein. Es ist unglaublich wie sehr das in den Medien zündet. Offenbar scheint Qualität schon lange kein Erfolgsmerkmal mehr zu sein. Stumpf ist Trumpf.
Regionale Marzahner Küche am Rande der Satire
Wenn Du Dir das Video anschaust, dann erkennst Du direkt eine sagen wir sehr unaufgeräumte Küche. Es ist erstaunlich, wie vorsichtig und detailverliebt Gunnar sein erstes Gericht umsetzt, während ihm sein direktes Umfeld offensichtlich wurscht ist. Seine original Marzahner Küche wird in der Pilotfolge mit einer „salzigen Süßkartoffel mit einer Kohlroulade aus der Dose“ vorgestellt. Im Bildschirm ist dauerhaft der Claim „Original Urban Convenience Cuisine“. Man sieht, der Name ist Programm. Fertigprodukte scheinen eine wichtige Säule in seiner Küche zu sein. Gunnar umschreibt sein Equipment eines Standard-Elektroherds mit der Begrifflichkeit Hightech-Küche, so dass ich spätestens hier das starke Gefühl verspüre, dass es sich um Satire handeln muss. Jedoch zieht Gunnar durch und richtet seine salzigen Süßkartoffeln zusammen mit der echten Marzahner Kohlroulade aus der Dose auf dem Teller an. Und da das Auge mit isst, dürfen echte Kräuter der Provence nicht fehlen. Kurzerhand wird hier wenig sparsam über alle Elemente dieses delikate, getrocknete Kraut gestreut.
Gunnars Kochshow
Die nächste Folge wird kommen
Ich bin gespannt, wie Gunnar bei der zweiten Folge dem hohen Niveau, dass er nun gesetzt hat, standhalten kann. Sicher ist, dass es sich nicht um einen armen Schlucker handelt. Denn Gunnar ist Mitglied des Bundestages und verdient pro Monat mehr als 6000 €, da er in seinem Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf das Direktmandat geholt hat. Obwohl Gunnar bekennender Fan des Kochens ist, fließen seine Einkünfte offensichtlich nicht in die Kücheneinrichtung bzw. Lebensmittel. Dennoch hat er einen großen Achtungserfolg mit seinem ersten Video erzielt. Ich bin gespannt, was folgt und denke mal über meine neue Strategie nach. Ich kann noch viel lernen.