Auf der Insel Sylt liegt eines der unverwechselbarsten Restaurant Deutschlands. In diesem ist Jan-Philipp Berner der Küchenchef, und dieser junge Mann spielt groß auf. Seine kulinarische Momentaufnahme hat er nun zusammen mit dem Südwest Verlag in Buchform herausgebracht. Dabei ist ein wunderschönes Kochbuch mit einer sehr uniquen Handschrift entstanden. So schließe ich das Jahr 2021 mit einer Rezension über eines der schönsten Kochbücher des Jahres ab.
Sylt das Kochbuch
Für Jan-Philipp Berner (33) wird mit dem 1. Januar 2022 ein Meilenstein nach einer mehrjährigen Vorbereitungsphase erreicht sein. Denn dann wird ihm die Leitung des Luxusresorts Söl’ring Hof in Rantum auf Sylt übertragen. Er übernimmt sämtliche Aufgaben des Geschäftsführers und Gesellschafters Johannes King – damit sind die 15 Suiten und Zimmer sowie das Zweisterne-Restaurant verbunden.
Nach insgesamt 20 Jahren findet dieser Generationswechsel, welcher von Johannes King zu Jan-Philipp Berner übergeht, statt. Berner ist bereits seit mehr als zehn Jahren im Team tätig und schon 2013 zum Küchenchef des Restaurants ernannt worden. Bereits seit 2018 führt er es zusammen mit der Restaurantleitung und Sommelière Bärbel Ring hauptverantwortlich.
Der Autor
Jan-Philipp Berner schloss seine Ausbildung zum Koch 2007 mit Auszeichnung ab und ist nach verschiedenen Stationen auf Sylt und auf dem Festland 2009 im Söl’ring Hof eingekehrt. Zunächst war er Johannes Kings Stellvertretung bevor er schließlich die komplette Führung übernahm. Jan-Phillip lässt es sich, genau wie sein Mentor, nicht nehmen, Impressionen über seinen eigenen Instagram Kanal zu teilen. Wenn Du also immer wieder einen kleinen Blick hinter die Kulissen wagen möchtest, brauchst Du nur dem Instagram Account des Söl’ring Hof zu folgen. Er hat über die Zeit einen sehr unterhaltsamen Stil entwickelt.
Die Corona-Zeit hat Jan-Philipp offensichtlich genutzt, um sein erstes eigenes Kochbuch herauszubringen. Herausgekommen ist ein überaus aufwendiges Kochbuch mit vielen Rezepten und Bildern.
Der Inhalt
Sylt – Das Kochbuch ist vor allen Dingen mit Rezepten ausgestattet. Das Buch ist im Prinzip nach den vier Jahreszeiten unterteilt. Die Begleittexte sollen für jede Saison die Stimmung ein wenig wiedergeben und den Leser in den Sylter Kosmos eintauchen lassen. Im Verhältnis zum Rezeptanteil sind diese jedoch recht kurz gehalten.
Beeindruckend ist, dass neben den unzähligen Rezepten immer noch Platz für Themen wie der hoteleigene Garten, das Käsehandwerk, Sylter Austern oder Salzwiesenkräuter ist. Überhaupt ist anzumerken, dass in diesem Buch so viel Rezepte vorhanden sind, dass es eigentlich schon für zwei Kochbücher ausreichen würde. Der Preis von 49 Euro steht in keiner Relation zum Gezeigten. Hier könnte man auch locker 69 Euro und mehr verlangen, so umfangreich und hochwertig ist das Buch. Doch dazu später mehr.
Die Sylter Küche von Berner
Die Küche von Jan-Philipp Berner ist vor allen Dingen durch die Produkte der Region inspiriert. Er schließt jedoch den Import von Lebensmitteln nicht aus. So gibt es bei ihm ebenso Hummer, Steinbutt und Co. im Programm. Die Art, wie er Gerichte konzipiert, ist eher klassisch gehalten. In Sachen Komplexität gibt sich Jan-Philipp kein Blöße. Es kann daher schon vorkommen, dass ein Rezept über fünf Seiten lang beschrieben wird, da es so reich an Komponenten oder aufwendiger Zubereitung ist. Herausragende Rezepte waren bei meinen Sichtungen zu diesem Buch „Taschenkrebs, Wellhornschnecke, Seeigel, Sommergemüse“, „Kaisergranat, Bete, Kiefern“ oder etwa „Limandes, Waldpilze, Knödel, Thymiantee“.
Der Aufbau
Das Kochbuch ist innerhalb einer Jahreszeit stets gleich aufgebaut. Nach den ersten sechs Snacks samt Brot folgt ein Menü mit acht Gängen, Petit fours und ein persönliches Sonntagsküchen-Rezept. Ergänzt werden die Jahreszeiten um die oben bereits erwähnten Exkurse über die saisonalen und regionalen Produkte. Sehr lobenswert finde ich den Ansatz, nicht vorauszusetzen, dass jeder Leser Kenntnis über die eingesetzen Produkte hat. Jan-Philipp geht hier den Weg, ein wenig Warenkunde walten zu lassen.
Rezepte
Je nachdem, welche Produkte für die Gerichte verwendet wurden, lauten dementsprechend auch die Titel. Die Rezepte sind in der Regel für sechs Personen kalkuliert. Die Zutaten werden übersichtlich nach ihren Komponenten sortiert. Die Zubereitung ist ebenfalls so gegliedert. Nach dieser folgt ein Extra-Kapitel mit einer Anrichte-Anleitung sowie hin und wieder ein Extratipp.
Sehr vorbildlich wurde in diesem umfangreichen Kochbuch bei dem Index vorgegangen. Hier ist wirklich jedes Produkt in einem Inhaltsverzeichnis aufgelistet. Zudem befindet sich zu Beginn eine Übersicht über die Kapitel und deren Struktur. Besser geht es kaum.
Photographie & Haptik
Die Bilder wurden von Ydo Sol angefertigt. So richtig überzeugt bin ich von der Bildsprache bei den Speisen jedoch nicht. Im vorderen Teil des Buchs prägen vor allen Dingen viel harte Schatten und Kunstlicht die Stimmung, während im hinteren Teil mehr diffuseres Licht, weiche Schattenübergänge und mehr „Natürlichkeit“ zum Tragen kommt. Insgesamt finde ich ein durchgehendes Konzept als angenehmer, wenngleich das hier Kritik auf hohem Niveau ist.
Gerade auch die Landschaftsbilder und Aufnahmen des Teams sind sehr überzeugend. Sylt so zu erkunden, bereitet viel Spaß. Auch das Papier auf dem alles gedruckt ist, bereitet viel Freude. Es ist angenehm griffig und hat eine schöne Struktur.
Für wen ist das Kochbuch?
Das Kochbuch ist ganz klar ein Werk für alle begeisterten Syltfans, ambitionierten Hobbyköchen, Genussmenschen und Profiköche, die immer wieder auf der Suche nach neuen Inspirationen und Küchen mit starkem regionalem Einschlag haben. Der Schwierigkeitsgrad ist zweifelsfrei gehoben bis hoch.
Fazit
Sylt – Das Kochbuch ist ein tolles Kochbuch, ich würde sagen, mit eines der besten Werke dieses Jahres. Jan-Philipp Berner hat die Coronapause sinnvoll genutzt und sich einen Meilenstein gesetzt. Kein Wunder, dass es in den ersten Tagen soviel Absatz gefunden hat. Hier ist für jeden Geschmack etwas dabei. Dieses Buch sollte unbedingt in jeder Kochbuchsammlung Platz finden.