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Mit der Region Potsdam bin ich schon aufgrund dessen, dass ich dort für einige Jahre gelebt hatte, ganz besonders verbunden. Der Mix aus Seen, Wäldern und idyllischen Gärten ist so in diesen Breitengraden nicht alltäglich. Das einzige, worauf man als Potsdamer verzichten musste, ist gehobene Gastronomie. Denn diese gab es merkwürdiger Weise eher spärlich, gleich wohl doch in Potsdam finanzkräftige Anwohner in ihren Villen leben. Die Auswahl war bis bis vor kurzem noch recht eingeschränkt. Doch das änderte sich schlagartig mit dem Engagement von keinem Geringeren als Günther Jauch, welcher sich nach langem Engagement die Villa Kellermann sichern konnte, um daraufhin mit Unterstützung von Tim Raue einen traditionellen Ort der Zusammenkunft wieder zum Leben erwecken wollte.
Günther Jauch kann auch Gastro
Dieser bekannte TV- Moderator hat in der Fernsehwelt bereits so einiges an Preisen eingefahren. Er erhielt schon 1988 die Goldene Kamera, bekam den Bambi, den Bayerischen Fernsehpreis, den Journalistenpreis des Deutschen Mittelstandes, die Goldene Henne, den World Entertainment Award, den Adolf- Grimme- Preis, den Medienpreis für Sprachkultur, die Goldene Kamera und ist sogar Krawattenmann des Jahres 1991.
Wer solche Verdienste vorwiesen kann, wird sicherlich nur noch schwer für weitere zu motivieren sein. Nicht Günther Jauch. Seit 1990 ist der gebürtige Münsteraner Wahl-Potsdamer und versucht sich seit einem Jahrzehnt als Winzer. Seit 2018 kommen von ihm mitentwickelte Weine in den Handel.
Doch nicht nur die fermentierten Trauben haben es ihm angetan. Als er nach langen und hartnäckigen Verhandlungen die Villa Kellermann erwerben konnte, erweckte er zusammen mit Tim Raue das geschichtsträchtige Anwesen aus dem Dornröschenschlaf. Denn fast zehn Jahre stand dieses historische Gebäude, welches 1914 erbaut wurde, leer. Es entstanden nach den Restaurierungsarbeiten vier aufwändige Säle und eine Seeterrasse. Das Ziel von Günther Jauch war es, insbesondere die Potsdamer herzlich willkommen zu heißen, und einen für manche noch bekannten Treffpunkt für familiäre Zusammenkünfte zu schaffen. Hier soll es genussvolle Stunden und Abende mit Freunden in einem Ambiente geben, welches modern und dennoch der Tradition verbunden ist.
Interieur
Und genau das ist es, was dem Besucher zuerst ins Auge sticht. Der Innenausbau wurde besonders geschmackvoll gestaltet. Das Konzept folgt dem Willen, die Verbindung von Tradition und Innovation zu schaffen. Historische Bausubstanz mit originalen Stuckprofilen und Holzvertäfelungen, antiken Türen und Böden werden mit maßgeschneiderten Einbauten, modernen Leuchten und Teppichen ergänzt.
So führt man uns in den Elefantensalon, welcher mit einem grandiosen Blick auf den Heiligen See aufwarten kann. Durch und durch bestimmt die Farbe blau das Geschehen und das ausgestellte Porzellan unterstreicht den Bogen zwischen Moderne und Tradition. Von diesem Saal gelangen wir in den beigen Salon. Dort hängt ein Werk von Andy Warhol, es zeigt Friedrich den Große in knalligen Farben. Wieder eine Referenz auf das allgegenwärtige Erbe in zeitgenössischer Form. Egal wo man auch nur hinschaut, man hat alles mit viel Sinn fürs Detail ausgestattet.
Hier und da wirkt es beinahe schon fast kitschig, wenn man sich das Vintage- Geschirr und Silberbesteck anschaut, doch wird der Bogen nie überspannt.
Villa Kellermann öffnet wieder die Tore
Corona greift auch hier kräftig in das Konzept ein. Nach der Wiedereröffnung galt es, sich neu zurecht zu finden. Offerierte man es dem Gast vor der Pandemie, die Speisen in der Mitte zum Teilen einzusetzen, um sie kommunikativ mit dem Tischnachbarn zu tauschen, verfolgt das Team heute die sichere Variante, bei der jeder Gast seinen eigenen Teller eingesetzt bekommt. Denn die Gesundheit der Gäste wird hier groß geschrieben.
Noch lange bevor die Restaurants wieder öffnen durften, hatte man sich mit der neuen Situation vertraut gemacht und überlegt, wie man ihr angemessen begegnen kann, ohne dabei den Charakter der sagenumwogenen Lokalität zu verändern.
So sind im Restaurant zwischen den Séparées unauffällige Trennwände aus Glas eingezogen. Ebenfalls trägt das Personal immer noch Masken, obwohl in Brandenburg diese Pflicht bereits aufgehoben wurde. Wer einen Tisch reserviert, muss sich für einen der beiden Spots entscheiden. Entweder kehrt man um 18 Uhr ein und hat ein Zeitfenster von zwei Stunden oder man nutzt den zweiten Slot um 20 Uhr.
Hat man genau solch einen Platz ergattern können, so darf man sich nach der Ankunft tiefenendspannt in die Hände von Restaurantleiterin Patricia Liebscher samt Team begeben. Gekonnt und charmant führt sie einen durch den Abend und offeriert die Speisen von Küchenchef Christopher Wecker.
Christopher ist einer von Tim Raues „Zöglingen“. Der berühmte Koch versteht es, sich über die Jahre hinweg Spitzenkräfte auszubilden, welche er dann in die Lage versetzt, Konzepte umzusetzen, denen er als Consultant vorsteht. So ist in der Villa Kellermann natürlich deutlich sein Handschrift wiederzukennen.
Angedacht ist dabei eine hochwertige Hausmannskost. Was hier auf dem Tisch eingesetzt wird, ist freilich alles andere als gewöhnliche Hausmannskost. Der Gast erlebt eine sehr präzise, wohl balancierte Küche mit einer abgemilderten Version von Tim Raues Geschmacksakkord „Süße-Säure-Schärfe“. Das zeigt sich vor allen Dingen später beim Hauptgang.
„Der gedeckte Tisch“ in der Villa Kellermann
Patricia beginnt vorab uns auf die bereits eingedeckten Snacks hinzuweisen. Es wird ein gescheites Krustenbrot samt eingelegter Gewürzgurken, Zwiebeln und Leberwurst Dip kredenzt. Wir erhalten das Menü „Der gedeckte Tisch“, welches gerade für Gäste, welche bisher noch nicht eingekehrt sind, ideal sein soll. DEs setzt sich aus vier Vorspeisen und einer Suppe, einem Hauptgang und einem Dessert zusammen.
So bestand das Entree aus einem Spargelsalat mit Zitronenmayonnaise, Sauerampfer und Waldmeisterdressing. Daneben setzte man uns einen geräucherten Aal mit Birne, Kohlrabi und weißem Pfeffer ein. Nicht weniger spannend waren die Büsumer Krabben „Onkel Jörg“ mit Avocado, Tomate und Limette oder etwa das Roastbeef mit Kerbelremoulade, Mixed Pickels und knuspriger Kartoffel.
Die kalte Kartoffel- Frühlingslauch Suppe mit Saiblingskaviar und Sauerrahm rundete den Auftakt ab. Alles wirkt sehr frisch, akzentuiert das Handwerk des Küchenchefs war wirklich über jedem Zweifel erhaben. Hier sitzt jeder Handgriff. Obwohl direkt zu Beginn eine Armada von Vorspeisen aufgefahren wird, kommt nicht das Gefühl auf, dass die Gerichte und deren Vielfalt einen überfordern.
Gulasch „Tim Raue Style“
Als Hauptgang preist Patricia uns das Gulasch vom Rind an. Es ist ein Stück Rinderbäckchen, welches für 16 Stunden Sous Vide gegart wurde. Somit kommt dieses Gulasch nicht als klassisches Ragout auf den Teller sondern in Form einer Scheibe, welche für ein Gulasch ungeahnt zart und einfach mit der Gabel zu zerschieben ist. Dazu gibt Christopher einen Klecks Süßkartoffelcreme und ein letschoartiges Paprikagemüse mit Sauerrahm. Die kräftige Jus, welche das butterzarte Fleisch ummantelt, verbindet alle Elemente auf dem Teller. Eine wirklich runde Sache. Well done!
Buttermilchmousse mit Rhabarber und Erdbeer
Den Abschluss bildete ein oft gesehenes, sommerliches Ensemble von Rhabarber und Erdbeer. Ein Buttermilchmousse, das in einem Kranz von hauchdünn geschnittenen Erdbeerscheiben eingelassen ist und mit Sauerampferblättern abgedeckt wurde, gießt Patricia am Tisch mit leicht geliebtem Süppchen auf. Ein nicht zu süßer und erfrischender Gang, welcher sich nahtlos in die allesamt sehr überzeugenden Gerichte des Abends einreiht.
Fazit über den Abend in der Villa Kellermann
Trotz der Auflagen, welche diese Pandemie mit sich bringt, verspürt man in der Villa Kellermann weder das Gefühl, als müsse man bei jedem Handgriff aufpassen. Der herzliche Service hat die Situation jederzeit souverän im Griff und sorgt dafür, dass bis auf die getragenen Masken man nicht das Gefühl hat, als könne man sich in diesem großartigen Restaurant nicht fallen lassen – ganz im Gegenteil.
By the way – den ersten großen Gastropreis hat Günther Jauch bereits eingefahren. Der Gault & Millau kürte ihn zum Gastronom des Jahres 2020 und adelte die Villa Kellermann mit 16 Punkten im aktuellen Führer. Vermutlich wird uns Günther Jauch noch viele weitere schicke Krawatten auf Preisverleihungen zeigen können, dessen bin ich mir sicher. Sie haben alles richtig gemacht, Herr Jauch!