In diesen Wochen kommen ungewöhnlich viele hochkarätige Sterneköche mit eigenen Kochbüchern auf den Markt. Zuletzt war es Christian Bau mit seinem Werk „bau.steine“, der zeigte, was rein kochtechnisch alles so mit den heutigen Möglichkeiten machbar ist. Da kommt freilich nicht jeder mit und die vielerorts geforderte „Nachkochbarkeit“ bleibt auf der Strecke. Ganz anders macht es Bobby Bräuer in seinem neuen Kochbuch. „1 Hot Dog und 2 Sterne“ heißt es und entgegen dem Titel, der suggeriert, dass erneut ein Großer sich am Streetfood probiert, ist dies ein gelungener Rundumschlag aus seinen unterschiedlichen Konzepten, die er in der Münchner BMW-Welt betreut. Der Untertitel „Brillant kochen auf jedem Niveau“ ist das erklärte Ziel.
Bobby Bräuer mit einer Geschichte in Berlin
Bei Bobby Bräuer musste mich der Verlag „Gräfe und Unzer“ nicht lange fragen, ob ich denn sein Werk mal genauer unter die Lupe nehmen möchte. Aufgrund seiner Vergangenheit in Berlin, wo er in der Quadriga im Brandenburger Hof groß aufkochte und einen Stern erhielt, war er mir immer noch gut in Erinnerung geblieben.
Heute führt er die kulinarischen Geschicke der BMW Welt in München. Somit kehrte er 2013 wieder in seine alte Heimat zurück. Bobby Bräuer steuert im Auftrag für Käfer als Küchendirektor die vier vorhandenen Outlets (kulinarischen Konzepte). Sein Prestigeobjekt ist dabei natürlich das mit zwei Sternen im Guide Michelin ausgezeichnete Restaurant namens „Esszimmer“.
Des Weiteren gibt es dort noch das „CooperS“, die „Biker`s Lodge“ und die „Bavarie“. All diese Restaurants sind für unterschiedliche Kundenwünsche zugeschnitten und finden in unterschiedlichen Kapiteln des Buchs ihren Platz.
Mit einer Einleitung vom „Chef“
Die einleitenden Worte von Eckart Witzigmann, welcher zweieinhalb Jahre lang sein prägender Chef in dem legendären Restaurant „Aubergine“ war, sind eine sehr wohlgesonnene Umschreibung der Karriere von Bobby Bräuer, welche zwei Mal die Wege vom „Chef“ (E. Witzigmann) kreuzten. Das letzte Mal sogar als Bindeglied zwischen Mannschaft und Küchenchef, als sogenannter Souschef.
Dies ist auf deutsch gesagt der stellvertretende Küchenchef, einer der fordernsten Aufgaben im Team, da hier oft zwischen den Fronten vermittelt werden muss. Diplomatisches Feingefühl in hitzigen Phasen ist hier von Nöten. Eckart Witzigmann umschreibt seine verschiedenen Tätigkeiten, die ihn bis hin zu dieser Stelle in Bayern geführt haben. Zwischen den Zeilen erkennt man deutlich, wie stolz er wohl auf seinen „Zögling“ sein muss. Er macht daraus kein Geheimnis.
Traumberuf: Koch
Wer in diesem Buch blättert, merkt schnell, dass B. Bräuer viel Spaß an diesem Beruf hat und das kommuniziert er nicht nur durch Worte sondern eben auch durch die vielen sehr persönlichen Snapshots. Man ist hier den ungewöhnlichen Weg gegangen, die Laufbahn nicht in von professionellen Fotografen produzierten Hochglanzfotos darzustellen. Man hat viel mehr seine ganz private Fotoschatulle geöffnet und sich diesem Material bedient. So etwas habe ich zuletzt im Buch von René Redzepi gesehen, der sein dieses dreiteilig herausgegeben hatte. Ein Minibuch war davon solchen Snapshots vorbehalten. Das wirkt sehr bodenständig und sympathisch.
Schwerpunkt: Produktqualität
Bei allen gezeigten Speisen legt Bobby Bräuer großen Wert auf Produktqualität und nicht weniger auf den respektvollen Umgang mit der eingesetzten Ware. Um dem Anwender das Leben zudem noch leichter zu gestalten, macht man sich die Mühe, vor allen Rezepten eine Doppelseite mit Tipps und empfohlenen Küchengeräten einzufügen. Hier wird man sehr informativ darauf vorbereitet, was es braucht, um die Ergebnisse auf frustrationsarmen Niveau zu erreichen. Das ist eine Funktion, die für mich wirklich in jedes Kochbuch der gehobenen Küche gehört, und somit ein Stück weit mehr vom Hobbykoch abverlangt als man es vielleicht bei „gewöhnlicheren Büchern“ erwarten dürfte.
Mit steigendem Schwierigkeitsgrad
Das erste Rezept ist der im Titel angesprochene Hotdog. Dafür, dass er so prominent dargestellt ist, spielt er im weiteren Verlauf keine Rolle mehr. Ich denke aber, er versinnbildlicht im Großen und Ganzen den Start mit eher einfach umzusetzenden Gerichten aus seiner Feder, welche mehr und mehr an Schwierigkeit zulegen bevor es dann hinten im Buch zu den Gerichten aus der Sterneküche geht.
So ist das erste Kapitel gefüllt mit Rezepten aus dem „Coopers“, die insgesamt eher einen Snackcharakter haben, bzw. für eine kurze Mahlzeit für zwischendurch gut sind.
Recht italienisch inspiriert geht es dann in die „Biker`s Lodge“ in der er zeitgemäße Interpretationen dieses südeuropäischen Landes abliefert. So findet man beispielsweise einen Artischockensalat angerichtet im Whiskey Tumbler, ein Kalbsragout mit Strozzapreti oder eine Polentasuppe mit Salsiccia. Jedes der Rezepte ist gut für private Zwecke zu nutzen. Ich bin mir sicher, dass viele sich gerade dieser sehr unkomplizierten Rezepte widmen werden. Sie sind appetitlich angerichtet und wirken umsetzbar.
Bavarie & Eventküche
Weiterführend wird in der „Bavarie“ eine regional angehauchte Küche angepriesen. Hier zeigt er eine eigene Version vom „Ceviche vom Seesaibling“, „Fish & Chips“ oder „Kalbstatar“. Man merkt, die Gerichte werden dabei komplexer als auch umfangreicher in der Zubereitung. Auflockernd hier sind dabei die immer wiederkehrenden privaten Fotos, welche mir oft ein Lächeln ins Gesicht zaubern, da sie genau das Verkörpern, was Kochen mit so vielen Menschen macht. Es bereitet Freude und sorgt für rege Kommunikation. Dabei lässt er es sich nicht nehmen, seinen geschätzten Mitarbeitern ein Podium zu geben.
2 Sterne für die Massen
Im letzten sowie umfangreichsten Kapitel geht es nun zu der hohen Kochkunst Bobby Bräuers. Es ist wie in einem klassischen Menü aufgebaut. Will heißen zuerst werden Rezepte für das Brot, die Amuse Bouches und Vorspeisen aufgeführt, bevor es dann zu den Hauptgängen und den Desserts geht.
Seine Küche ist hier geprägt von dem Einsatz sehr hochwertiger Edelprodukte wie Carabinieros, bretonische Langostinos, Taschenkrebs oder Bresse Huhn in Verbindung mit saisonalen Produkten der eher bodenständigeren Art wie Perlzwiebeln, Erbse oder Sellerie. Dennoch kann man hier nicht von einer regionalen Küche sprechen. Die Zubereitung dieser ist nicht undenkbar und stets verständlich beschrieben.
Man kann es idealerweise auch so halten, wie es der Sternekoch zu Beginn anführt und die Teller nicht in der Gänze zubereiten sondern sich einzelner Komponente bedienen. So oder so lässt dieser Part keine großartigen Wünsche offen.
Look & Feel
Das Buch ist vom Format her kleiner geraten als man es von einem Koch mit diesen Auszeichnungen denken würde. Es fällt dabei nicht unangenehm auf, das handliche Format überrascht mich dennoch ein wenig. Die Verarbeitung ist solide. Die Foodfotos hingegen überzeugen mich nicht 100 %-ig. Das Design ist unaufgeregt und eckt nirgendwo an. Somit lenkt es nicht von den Tellern ab. Die Rezepte wirken schlüssig, klar sowie gut strukturiert. Da gibt es nichts zu mäkeln.
Fazit
Man geht hier den Weg und stellt das kulinarische Handwerk Bobby Bräuers nicht nur auf dem höchsten Niveau dar und schafft auf diesem Weg die Möglichkeit, seine Gerichte zu Hause nachahmen zu können. Das sind dann vielleicht die heimischen Projekte mit Gelinggarantie, die auch ohne fachlichen Background umsetzbar sind.
Dennoch stellte man Platz für die Haute Cuisine zur Verfügung. Man kann dies ebenso als Inspiration nutzen oder lediglich einzelne Teile daraus kochen, sollte der Aufwand für den kompletten Gang zu groß erscheinen. So ist in diesem Buch für viele Geschmäcker etwas dabei. Der Preis ist angemessen und dieses Buch ganz sicher eine frühe Weihnachtsempfehlung wert.