In den vergangenen Wochen ist viel passiert. Auch im kulinarischen Sinne. Die Berlin Food Week fand statt, die Chefdays des Rolling Pin hielten Einkehr und am letzten Wochenende wurde der Titel der Berliner Meisterköche verliehen. Ach und noch etwas geschah. Christian Bau erhielt das Bundesverdienstkreuz. Grund genug, für das Team der Süddeutschen Zeitung, sich mit dem Dreisternekoch einmal auszutauschen. Dabei erfährt der Leser über seinen Unmut über den anhaltenden Mangel an Anerkennung, also die wenig geschätzte Welt der deutschen Köche und noch ganz persönliche Ansichten über das deutsche Arbeitsrecht. An und für sich finde ich gut, dass es in Deutschland eine breite Meinungsvielfalt gibt und auch das Recht, sie zum Ausdruck zu bringen. Christian Bau hat das getan. Ich mache das heute einmal selbst.
Wenn das Bundesverdienstkreuz an Aufmerksamkeit nicht reicht
Christian Bau ist schon sehr lange mit drei Sternen ausgezeichnet. Eigentlich kann man ihn aus der deutschen Gastronomie nicht mehr wegdenken. Er hat seinen Platz gefunden und ist einer von zehn Köchen mit dieser Höchstnote in Deutschland. Der Redakteur der Süddeutschen gratuliert zur Auszeichnung, als Christian Bau direkt danach die Gegenfrage stellt, wieviele Spitzenköche es denn unter den bisherigen 257.000 Trägern dieser Auszeichnung wohl gäbe.
Die Antwort kann er natürlich selbst geben. Es sind laut seiner Aussage lediglich zwei, Herr Wohlfahrt und Heinz Winkler. Er gibt sich dazu recht fassungslos und hat offensichtlich mehr erwartet. Er sieht daher diese Würdigung eher stellvertretend für die gesamte Branche. Die anschließende Frage, nach dem Grund, weshalb hunderte Schriftsteller, Musiker und Künstler eher gekürt werden also Köche beantwortet er recht spitz mit:
Für mich ist das Lesen bereits stark befremdlich gewesen, ich musste mich zusammenreißen, nicht sofort einen mit glühender Feder geschriebenen Text zu veröffentlichen. Zu schroff käme der Text daher. Daher kommt meine Antwort darauf mit einigem Abstand.
Für meinen Teil sehe ich hier viel Zorn über den Umstand, dass Vertreter der Politik sein Restaurant laut seiner Aussage meiden. Solch ein Gebaren sei den normalen Bürgern nicht zu erklären.
Ich bin der Meinung, dass es natürlich nachvollziehbar ist, wenn Politiker sich nicht zwingend in sein Restaurant setzen und diese garantiert auch wichtigere Themen auf der Tagesordnung haben, als sich darüber den Kopf zu zerbrechen, in welches besternte Restaurant sie denn als nächstes gehen. Abgesehen davon ist es längst nicht so, dass sich Politiker nicht in derartige Restaurants setzen, im Gegenteil. Vielleicht ist es nicht ganz so häufig der Fall, wie es dem einen oder anderen gerne recht wäre. Aber das Politiker gute Restaurants meiden ist sicherlich in erster Linie eine Kostenfrage.
Ist es denn nicht naheliegend, dass der Politiker an sich ein Volksvertreter ist und nach Möglichkeit auch volksnah agieren soll? Und natürlich ist es dann genau auch das, was Herr Bau so treffend vermutet. Dekadent!
Es ist dekadent, wenn man sich im Volksauftrag Restaurants aussucht, die derartige Preise auf den Plan rufen. Das ist in meinen Augen keinem Staatsbürger vernünftig zu erklären, warum der Volksgesandte genau dort seine dienstlichen Speisen einnehmen sollte, wenn auf der anderen Seite Geld für wichtige Dinge nicht vorhanden ist, was dringender und notwendiger zu finanzieren ist wenn es zum Beispiel um Migration, Bildung und ähnlichem geht.
Es wird außerdem das Argument angeführt, dass die deutsche Politik die Automobil-Lobby viel mehr unterstützt und ebenso sich mit diesen Produkten, wie zum Beispiel die S-Klasse von Mercedes, ausstatten lässt. Ich denke, der Vergleich hinkt.
Mercedes verkaufte im Monat Juli 167.500 Autos, weltweit. Das ist ein Absatzmarkt, den man sicherlich nur schwer mit dieser Branche in Umsatzkennzahlen vergleichen kann, auch ergibt sich alleine schon mit dieser Menge an verkauften Produkten in nur einem einzigen Monat, dass die deutschen Politiker ein höheres Maß an öffentlicher Anerkennung und Werbung für diese Marke haben dürften. Sie sichert Arbeitsplätze und schafft Existenzen für viele Schichten in der Gesellschaft. Alleine im Daimler-Konzern gibt es im Jahr 2016 mehr als 282.000 Mitarbeiter.
Neben dieser Aufgabe werden zudem noch Steuereinnahmen durch die Umsätze in der Automobilindustrie erzielt, die sämtliche Sternerestaurants Deutschlands nicht aufbringen könnten. Christian Bau selbst sagt, sein Betrieb läuft, wenn alles gut geht +/-0. Man kann wohl sagen, dass das deutsche Volk ein gesteigertes Interesse haben dürfte, dass dieser Konzern nach vorne gebracht wird, gerade auch durch die Politik. Das ist jedem sehr leicht zu erkären.
Face the facts
Bleiben wir aber in der Ausführung nicht so allgemein. Die Zahlen sprechen ja zumeist eine eindeutige Sprache. Das Menü “Paris-Tokyo” kostet mit 7 Gängen 255 Euro, ohne Weinbegleitung oder Getränke, pro Person. Wer Silvester vorbeischaut bekommt unbestritten ein mit Sicherheit grandioses Spektakel für den Gaumen geboten, für 445 € pro Gast. Ob das jetzt viel ist oder nicht, mag jeder für sich selbst bewerten. Ich bin mir ganz sicher, dass das Essen jeden Cent wert ist. Aber es ist gänzlich ungeeignet für regelmäßige durch den Staat finanzierte Besuche von Politikern.
Auch spricht Christian Bau an, dass für Staatsempfänge oder vergleichbare Anlässe er oder Kollegen aus der Sterneelite nicht berücksichtigt werden.
Aus meiner Erfahrung heraus kann ich für den Bereich Berlin sagen, dass ein munterer Wechsel zwischen den hier ansässigen Sterneköchen stattfindet, welche zu den Staatsempfängen die Menüs bzw. die Veranstaltungen im Schloss Bellevue bzw. Kanzleramt bedienen. Hier darf es zum Beispiel nicht dazu kommen, dass ein und der selbe Caterer/Sternekoch dreimal in Folge die Speisen bereitstellt. Das ist auch gut so.
Hier wird darauf geachtet, dass möglichst viele unterschiedliche gastronomische Konzepte die Zusage für ein Catering bekommen. Der Staat tut auch gut daran, nicht nur die Crème de la Crème auffahren zu lassen. Und selbst wenn hier die Expertise der Besten gefragt ist, wird es auch dafür fähige Köche geben. Es gibt genug Köche mit 2 Sternen im Guide Michelin, wenn es denn darauf ankommt, besonderen Staatsgästen gutes Essen zu liefern.
Ich kann über die Region in der Christian Bau sich bewegt nichts aus eigener Erfahrung sagen, da ich nicht weiß, wie es dort gehandhabt wird, aber für diese Region halte ich es für absolut zeitgemäß, auch die Kosten im Blick zu behalten. Ich gehe ganz klar davon aus, dass solche Bewirtschaftungen einem ähnlichen Ausschreibungsverfahren vorangehen. Es ist ja auch nicht gesagt, dass diesem Ausschreibungsverfahren das günstigste Angebot der Zuschlag erteilt wird.
Christian Bau – Victor’s Fine Dining by Christian Bau in Perl-Nennig/Mosel
Sven Elverfeld – Restaurant Aqua im The Ritz-Carlton, Wolfsburg
Klaus Erfort – GästeHaus Klaus Erfort in Saarbrücken
Kevin Fehling – Restaurant ‚The Table Kevin Fehling‘
Jan Hartwig – Restaurant Atelier vom Hotel Bayerischer Hof
Christian Jürgens – Gourmetrestaurant, Althoff Seehotel Rottach-Egern
Claus-Peter Lumpp – Restaurant Bareiss im Hotel Bareiss in Baiersbronn/Mitteltal
Clemens Rambichler – Restaurant Sonnora im gleichnamigen Waldhotel in Dreis bei Wittlich
Joachim Wissler – Restaurant Vendôme im Grandhotel Schloss Bensberg in Bergisch Gladbach
Torsten Michel – Schwarzwaldstube im Hotel Traube Tonbach Schwarzwald in Baiersbronn
Klaus Erfort im Interview über ein verpasstes Catering
Ebenfalls ziemlich uneinsichtig über derartige Vergabeverfahren zeigt sich Klaus Erfort, Chefkoch im Gasthaus Erfort in Saarbrücken. Die Staatskanzlei empfing das niederländische Königspaar. Der Ministerpräsident des Saarlandes sowie Vertreter der Wirtschaft wurden beim Mittagessen im Saarbrücker Schloss von einem Caterer bekocht.
Klaus Erfort nennt es in dem Beitrag von sol.de „beschämend“, wie die Staatskanzlei hier vorgegangen ist.
Lese ich das Interview, kann ich mir beim besten Willen keinen Reim darauf machen, wie man als Staatskanzlei nun proaktiv mit den Sterneköchen, die ein Interesse daran haben, für diesen Empfang zu kochen, umgehen soll. Wie darf ich mir dieses Szenario vorstellen?
Die Staatskanzlei kommt mit ihrer Anfrage für dieses exzellente Mittagessen und gleichzeitig wird durch sie die Bitte geäußert, man könne doch zum Einkaufspreis kochen. Die Folge wäre ganz sicher gewesen, dass man sich ja wieder nicht genug geschätzt fühlt und die Staatskanzlei die deutsche Kochkultur missachtet. Ein Aufruhr wäre durch die Reihen gegangen, wäre sowas publik geworden. Dessen bin ich mir sicher.
Sollte dennoch solch ein Deal à la „Dreisterneküche zum Einkaufspreis“ zustande kommen, wäre das wiederum nicht im Sinne einer freien Marktwirtschaft, wenn der Staat Preisabsprachen mit Dienstleistern abhält und so die Mitbewerber nicht in der Lage sind, ein konkurrenzfähiges Angebot zu erstellen.
Desweiteren nutzen Klaus Erfort und Christian Bau das Wort „Caterer“ als sei es ein Schimpfwort. Die Art und Weise, wie sie sich ausdrücken, kommt in meinen Augen ziemlich arrogant und herablassend rüber. Ich gehe davon aus, dass sie hier ganz sicher etwas anderes im Sinn hatten, als die Kollegen zu beleidigen.
Fakt ist, dass auch die Staatskanzlei bei ihrem Abhalten von Feierlichkeiten einem Budget unterliegt. Logisch, dass hier Kostenvoranschläge geprüft, verglichen und dann Aufträge vergeben werden. Mir stellt sich die Frage, warum man denn nicht ein derartiges Angebot abgegeben hat. Hinterher darüber zu wettern, dass man nicht berücksichtigt wurde, weil man ja ausgenommen beim Preis, zu den Besten zählt, hat irgendwie ein fades Geschmäckle.
Aber auch hier liegen die Erwartungshaltungen der Parteien wohl weit auseinander. Vielleicht sollte sich die deutsche Kochelite, wenn es denn so viele sind, zusammentun und wirklich mal einen offenen Brief gestalten, was sie denn von der deutschen Politik erwartet und in welchen Aktionen das münden kann. Dann hätte man, eingeschlossen mir, vielleicht eine grobe Ahnung von der Materie und den wirklich wichtigen Problemen in der Gesellschaft.
Die deutsche Kochlandschaft, geprägt von nur vier Köchen?
Auch die These, dass lediglich vier „große Köche“ dafür verantwortlich sind, was hier in Deutschland kulinarisch so stattfindet oder wie es sich entwickelt hat, halte ich gelinde gesagt für ein wenig übertrieben. In der Tat ist es ja zumeist so, dass diese Art der Küche selten lang von den Mitarbeitern besucht wird. Die Fluktuationsrate in der Spitzengastronomie ist immens. Ich habe schon selbst erlebt, dass zum Sommer 80 % des Küchenteams gekündigt und woanders ihre Karriere weitergeschmiedet haben. Die mussten allesamt ersetzt werden. Sie ziehen weiter und andere kommen nach.
Es ist nicht unüblich, dass in dieser sehr gehobenen Gastronomie, die Köche nicht länger als ein oder zwei Jahre bleiben. Dann davon zu sprechen, dass genau diese Zeit bei diesen “drei, vier großen Köchen” dafür verantwortlich ist, dass wir die Spitzenküche und deren Errungenschaften bis runter zu den Landgasthöfen spüren können, halte ich für überzogen. Aber auch ich kann mich da irren.
Ganz sicher haben Größen wie Witzigmann dazu beigetragen, dass wir noch schneller an Importprodukte und exotische Artikel, die es vorher hierzulande einfach nicht gegeben hatte, herankommen. Der gastronomische Dienstleister RUNGIS Express oder etwa auch BOSFOOD haben mit deren Logistik ganz viel an Substanz geschaffen, keine Frage.
Aber den heutigen Stand der kulinarischen Vielfalt allein an den wenigen Sterneköchen mit drei oder meinetwegen auch zwei Sternen im Guide Michelin festzumachen und dabei jegliche Einflüsse, wie zum Beispiel die ethnischen Strömungen in einer globalisierenden Welt ohne Grenzen, welche ebenso viel dafür gesorgt haben, dass deren kulinarischen Identifikation mit in dieses Land getragen wurde, zu ignorieren, wirkt auf mich unglaubwürdig. Aber für Christian Bau scheint ja auch der Berliner Markt ein einziger Hype zu sein, ohne Konstante ohne Werteentwicklung.
Viele mögen aber diesen Hype, diese sich stets erneuernde Vielfalt, weil diese eben bezahlbar ist, sich immer wieder neu darstellt und wiederum für neue Dinge offen ist. Hier herrscht die Pluralität.
Spätestens das Internet und die Erfindung der sozialen Medien hat für viel mehr Austausch und Verbreitung von Techniken und Wissen gesorgt, als es jemals die elitären Spitzenköche Deutschlands in ihren eigenen Küchen vermitteln können. Abgesehen davon kann man auch am deutschen Kochbuchmarkt sehen, wie eingeschränkt die Küche in Deutschland gerade im Sternesektor vertreten ist. Es gibt kaum noch Verlage, welche die Spitzengastronomie in Kochbüchern darstellen. Das dürfte auch seinen guten Grund haben.
Wenn ich dann Zitate wie diese lese, frage ich mich, wie denn diese Aufgabe nun genau aussieht und wer diese in Auftrag gegeben hat?
Arbeitszeiten mit der Generation Y
Noch dazu haben wir ein viel größeres Problem. Und das wird ebenso von Christian Bau angesprochen. Es geht um die Arbeitszeiten. Ich finde es unverständlich, dass die Branche der Gastronomie sich so unfassbar schwer tut, mit dem Wandel der Zeit zu gehen. In Zeiten von Trends und Hypes, die immer wieder dafür sorgen, dass gerade die Restaurants immer wieder die Möglichkeiten haben, sich und ihre Küche neu darzustellen, wenn sie denn wollen, verstehen die Betreiber es nicht, sich auch darauf einzustellen, dass die Zeiten der Ausbeuterei einfach einmal vorbei sind.
Wer morgen aufgrund von Personalmangel seinen Laden nicht dicht machen möchte, der kümmert sich am besten gestern schon darum, ein personalfreundliches Klima zu schaffen. Wer meint, er könne seinen Laden nicht profitabel führen, weil das Konzept zu viel Personalkosten oder Wareneinsätze verschlingt, kann doch nicht allen Ernstes erwarten, dass der Staat dafür Sorge trägt, dass Mitarbeiter wieder 10 Stunden und mehr in der Regel arbeiten dürfen.
Ich selbst habe in solch einem Sternerestaurant gearbeitet und im Monat teilweise 240 Stunden gerissen, und das Ganze für ein mickriges Commis de Cuisine Gehalt, welches mit ca. 1200 € netto angesiedelt war. Kein Mensch kann heutzutage das als faire Bezahlung bezeichnen. Und sollten solche Schranken wie diese angesprochene Regelung fallen, läuft es vermutlich darauf hinaus, dass Mitarbeiter wieder nach diesem Schema ausgebeutet werden.
Vermutlich nach dem Prinzip eines Einsatzes im Teildienst bei dem man morgens um 10 Uhr anfängt, nachmittags im 15 Uhr in die Pause geht um dann nach zwei Stunden den Dienst von 17 bis 0 Uhr oder später fortzuführen. Die Life- Work- Balance ist dann nur noch Wunschdenken.
Das ist mit keiner Kunst auf welchem Niveau auch immer in einer zivilisierten Gesellschaft wie unserer zu rechtfertigen. Dann muss man eben in Betracht ziehen, das Konzept zu ändern, anstatt das Geschäftsrisiko auf die Mitarbeiter zu übertragen.
Ich habe aber natürlich auch Verständnis für alle Sterneköche der heutigen Zeit, dass diese an diesen Relikten der Vergangenheit festhalten, sie selbst haben es vermutlich selbst erlebt und finden das womöglich gut. Aber die Zeiten ändern sich und somit auch unser Verhältnis zu Arbeit.
Work-Life-Balance kontra Sternegastro
Genau in dieser Diskrepanz zu heutigen Lebensstandards und der für meine Begriffe altbackenen Ansicht aus dem vorigen Jahrhundert in Bezug auf Arbeitsrecht bzw. Lebensqualität sehe ich auch das immer größer werdende Problem, Menschen zu motivieren diesen Beruf zu erlernen bzw. nach der Prüfung weiter auszuüben.
Wir haben so unfassbar große Probleme, neue Kräfte zu bekommen, dass denkbar perfekte Podien, wie zum Beispiel die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes, eher genutzt werden könnten, um den Berufsstand wieder attraktiv zu machen und um für ihn zu werben, anstatt solche arbeitnehmerunfreundlichen Rahmenbedingungen einzufordern. Kein Mensch hat nach diesem Interview Lust auf die Gastronomie.
Fazit
Mit annehmbaren Arbeitszeiten, angemessenen Gehältern, mit würdevollem Umgang der Mitarbeiter hat das Handwerk eine Kochs/einer Köchin wieder eine Chance. Ansonsten bleibt alles beim Alten. Auch auf die angesprochene Sache mit der mangelnden Aufmerksamkeit, welche ja zu anfangs moniert wird, sollte man vielleicht noch einmal nachdenken, was die Sterneköche hierzulande eigentlich alles an Anerkennung und Preise bekommen.
Ich weiß ja nicht, wieviele Schlagzeilen und Ehrungen man so braucht, wenn man an der Spitze steht, ich werde es auch nicht erleben. Aber wenn man Koch des Jahres ist, die höchste Bewertung im Guide Michelin hat und auch sonst immer wieder jährlich durch die berechtigten Preise und Noten in die Schlagzeilen gerät, hat man dann nicht eigentlich schon genug Publicity? Was muss denn da der Staat oder die Politik noch leisten? Müssten dann andere Berufssparten nicht ebenso nach dem Gleichheitsgedanken behandelt werden? Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal davon gelesen habe, daß der beste Tischler oder Maler oder weiß ich welcher Beruf öffentlich mit Rankings geehrt wurde. Der Koch wird wie kaum ein anderer Beruf öffentlich gehypt und bekommt Sendeplatz im Fernsehen, wird bewertet und gehuldigt.
Es ist immer eine Frage der Perspektive. Ich möchte meinen, es gibt nicht viele Berufe, die derart oft durch die Presse gehen, wie der eines Kochs. Aber anscheinend reicht das noch nicht. Auch glaube ich nicht, dass man das Kochen auf die gleiche Schiene stellen sollte, wie die Kunst der Malerei oder musische Kreationen. In erster Linie ist Kochen ein Handwerk und dann ist es zudem eine höchst vergängliche Kunst, die nicht lange anhält. Insofern hinken Vergleiche mit Komponisten, deren Werke erstens für jedermann zugänglich und auch von Dauer sind.
Und ein Tim Mälzer, gleich wenn ich nicht unbedingt die beste Meinung von ihm habe, hat vermutlich mehr für nachhaltige Ernährung getan, als die meisten Sterneköche überhaupt. Aufgrund seiner Reichweite ist ihm das auch möglich. Es spielt halt jeder seine Rolle, die er sich ausgesucht hat. Der eine ist der verkannte Sternekoch im Gourmettempel, der andere ein charmanter Fernsehkoch, der nachvollziehbare Küche und Konzepte unter das Volk bringt.
Sternegastronomie hat einen hohen Stellenwert, aber man sollte den Bogen nicht überspannen. Mir geht es um den Umgang in dieser Gesellschaft und das Vertreten meiner Meinung zu diesem Thema. Mehr nicht.