Wie ich kürzlich in dem Beitrag zum einen der besten Frühstücksrestaurants in Berlin für mich festgestellt habe, spielt neben dem guten Essen ebenso das Innenleben eines jeden Restaurants eine übergeordnete Rolle. Es ist bereits beim Eintreten in die Lokalität der Wahl erkennbar, ob Stil und Geschmack beim Betreiber vorhanden ist. Über einige der kreativsten und neuesten Gestaltungskonzepte im internationalen Bereich hat der „Gestalten“ – Verlag ein Buch herausgebracht. • Appetizer – New Interiors for Restaurants and Cafés • kann Euch als Reiseführer für den nächsten Trip aber auch als Inspirationsquelle dienen. Ein Besprechung über ein Buch, das über und über mit ästhetisch anspruchsvoll gestalteten Räumen aufwartet.
„Enter design, of any stripe“
Essen berührt die Sinne und das in vielerlei Hinsicht. Natürlich ist es zuerst das rein Visuelle, welches uns bei einem guten Gericht zuerst berührt. Direkt im Anschluß wird uns vermutlich kurze Zeit später der Duft um die Nase wehen, welcher verheißungsvoll schon ein Vorbote zu einem Gaumenschmaus oder im negativen Sinne uns bereits eine Warnung sein könnte.
Beim Durchfahren mit der Gabel durch die vielen unterschiedlichen Texturen, welche mal cremig, knusprig, weich, hart oder etwa auch geleeartig sein könnten, entsteht der Eindruck der haftischen Wahrnehmung. Wenig später kommt natürlich auf der Zunge der finale Geschmack in Verbindung mit der Temperatur und den verschiedenen Entwicklungen aller Elemente im Gaumen zum Tragen.
Psychologic Taste
Beeinflusst wird das alles nicht nur durch das Essen und die Qualität der Zubereitung selbst, sondern ebenfalls in einem nicht geringen Maße durch die Einflüsse der unmittelbaren Umgebung. Mit wem mir was an welchem Ort zu uns nehmen, spielt eine große Rolle und nimmt maßgeblich Einfluß auf das Geschmackserlebnis. Zu dieser Erkenntnis sind verschiedene Studien gekommen. Es gibt bereits einige Köche, welche sich diese Erkenntnisse zu einem ganzen Konzept umgemünzt haben.
Zum Beispiel Paul Pairier mit seinem Restaurant „Ultraviolet“, welches mit avantgardistischer Küche und einem 360° Diningroom aufwartet. Es ist stets ein Spiel mit den Erfahrungen und den Erwartungen, die nahtlos ineinander übergreifen und so bei jedem Gast ganz individuell verschiedene Emotionen auslösen können.
Design follows function!?
Natürlich ist ein Design gleich welcher Art auch immer in Einklang mit der weiteren Funktionen der Örtlichkeit zu bringen. Davon kann ich in meiner Zeit als „Gastgeber“ aus der zweiten Reihe ein Lied singen. Der Gast sieht in erster Linie natürlich die Formen und unterschiedlichen Facetten der Einrichtung. Für die Mitarbeiter des jeweiligen Lokals muss neben dem ansprechenden Design dieser Area ebenso als Arbeitsplatz mit gewissen Eigenschaften herhalten.
Ich habe schon so einige Konzepte gesehen, welche sicherlich rein optisch sehr gut gelungen schienen, aber gerade auch für die Menschen, welche in diesen Restaurants arbeiteten, sich unterm Strich fast schon als Zumutung entwickelt haben. Aber darum soll es heute nicht gehen.
Heute dreht sich alles um die sehr einzigartigen Restaurants und Kaffeehäuser in diesem neuen Buch vom Gestalten Verlag, welches uns die schönsten Orte kulinarischer Art dieser Welt zeigt. Das Buch heißt „Appetizers“ und ist wahrlich gefüllt mit kleinen Happen, die zum Reisen anregen.
Appetizer : Interior at its best.
Natürlich kann bei einem Thema wie Design nur von einer Momentaufnahme gesprochen werden. Wer weiß, welche neuen Trends uns nächstes Jahr begegnen und mit welchen neuen Stoffen und Möglichkeiten wir dann konfrontiert werden?
Das Buch führt uns zuerst nach Frankreich, genauer gesagt nach Paris. Dort ist das Restaurant Panache, welches von Dorothée Meilichzon designed wurde. Sie ließ sich von dem umliegenden Stadtgewebe und den dreieckigen Formen inspirieren. Die Lobby des Restaurants füllte sie mit Winkeln und stellte dreieckige Spiegel auf. Sie bildete Strukturen aus dreieckigen Mustern und schuf Sechsecke aus Dreiecken in den Bodenfließen, Wänden und Mosaikarbeiten. Es stehen sogar dreieckige Schränke in den Ecken der Räume.
Paris, Polen, Vanouver …
Weiter geht es nach Polen, genauer gesagt Sopot. Dort steht das „Pancake-House“ namens „Fanaberia Crêpes & Café“. Das Interior dieser Lokaliät am Meer zeigt Farben in Navy und Ingwer mit knalligen Tönen von Azurblau und das an Orten, wo man es von Designern wohl am wenigsten erwartet… an den Tischrändern und deren Beinen.
Hier geht es in diesem Raum und seiner Leichtigkeit ums fröhliche Erwachen am Morgen. Die Örtlichkeit mit der Nähe zum See wird durch die Sisalseile und maritimen Blautöne sowie Rattanoberflächen noch unterstrichen. Ebenso erinnert der Einsatz von Weißeiche an die historische Architektur dieses Badeortes.
Patterns, Textures & Patternes
Diese ebenso aufgeführte Bar ist eine pure Augenweide. Hier reiht sich eine Textur an die nächste. Die in Barcelona direkt am Wasser liegende „One Ocean Bar“ trägt unzählige Wellen in sich. Die Unterwasserschattierungen, welche von Profundis-blau bis Meeresschaum-weiß reichen, spielen mit dem Schatten und Reflexionen. Keramikfliesen, jene lokale Handwerker handgefertigt geliefert hatten, verkleiden die Böden, Wände und ein Patchwork aus Paneelen, die in unterschiedlichen Höhen an der Bar aufgehangen worden sind. Durch diese Konstruktion soll der Gast sich wie in einer Röhrenwelle aufgehoben fühlen. Ein recht einzigartiges Konzept, wie ich finde.
Weltweite Designkonzepte manch Maß
Aber es gibt in diesem Buch ebenso Konzepte, welche weiter entfernt liegen. So zum Beispiel eines aus Vancouver und Kanada. Dort gibt es die das Restaurant „Kissa Tanto“ mit einer sogenannten Fusionküche. Durch einem Wohnzimmer inspiriert, wurde dieser Raum von dem italienischen Modernisten Gio Ponti entworfen.
Mit seinen rosafarbenen und blauen Bänken, Haruki Murakamis Illustrationen mit Kacheln und einem Kenji Miyazawa-Gedicht mit einer kunstvollen Typo ist dies ein sehr eindrucksvolles Restaurant. Der Sitz liegt inmitten von Chinatown, man serviert hier eine Mischung aus delikater, japanischer Küche und einem Angebot an warmen italienischen Speisen.
Das Interior entstammt einem Entwurf einer verlorenen Gegenkultur, der Jazu Kissa (japanisches Jazzcafé) aus den 60-ern, in dem Gäste einen Whiskey trinken und bis in die frühen Morgenstunden Jazz auf Vinyl hören. Dieser Ort ist eher dunkel und düster gehalten.
Mannigfaltiges Design – ein Fazit
So kann man das Buch „Appetizer – New Interiors for Restaurants and Cafés“ schon fast als Reiseführer für interessierte Food- Entusiasten mit dem Hang zum außergewöhnlichen Design sehen. Denn hier sind an vielen schönen Reisezielen dieser Welt die unterschiedlichsten Designkonzepte mit einer eindeutigen Abgrenzung zu dem „gewöhnlichen“ Rest herausgepickt worden. Sicherlich sagt das Design noch lange nichts über die Kochkunst darin aus, aber man kann sich einmal sicher sein, dass rein optisch der Besucher ziemlich beeindruckt sein wird.
Das Buch lege ich jedem ans Herz, der gerne reist, gerne gut ißt und offen für alles Schöne auf dieser Welt ist.