Berliner Speisemeisterei • Life as a chef 👨🏻‍🍳

Mein Name ist Steffen Sinzinger (42). Ich betreibe den Blog die Berliner Speisemeisterei seit mehr als 13 Jahren und schreibe hier über alle gastronomischen Themen, welche mich begeistern. Ich bin gelernter Koch und habe den Großteil meiner beruflichen Karriere in der Berliner Gastronomie verbracht. Ich freue mich, dass Du zur Berliner Speisemeisterei gefunden hast.

Behind the Scenes in der Brasserie Colette

Behind the Scenes in der Brasserie Colette

Es gibt Orte, die bleiben mir stets in Erinnerung. Mit denen verbindet man unerreicht schöne Begegnungen. Das damals Genossene wird in Folge dessen gern auch zum Lieblingsessen erkoren. Sowas passiert ziemlich selten und ereignete sich für mich in der Brasserie Colette in München. Hier habe ich einen ziemlich perfekten Tag mit der bestmöglichen Gesellschaft überhaupt ausklingen lassen. Daher war es für mich seitdem ein Bedürfnis, der Brasserie Colette, die es ebenso in Berlin als auch in Konstanz gibt, erneut einen Besuch abzustatten, um dort einmal im Rahmen der Berlin Chef Stories hinter die Kulissen zu blicken. Natürlich folgt für mich aufgrund der Nähe erstmal ein Besuch in der Hauptstadt.

Brasserie Colette
Eine Chronologie in der Brasserie Colette: 10:30 Uhr

Es ist ein eisiger Tag in Berlin. Beim kulinarischen Direktor Steve Karlsch, welcher alle drei Residenzen betreut, habe ich mich für 10:30 Uhr angemeldet. Ich wollte, wie immer bei meiner Reihe der „Berlin Chef Stories“, das Restaurant vor dem Service sehen, um so meine ganz eigenen Impressionen mit der Kamera zu schießen.

Brasserie Colette

Ich liebe die Stille in einem Lokal kurz bevor das Treiben losgeht. Und hier ist im Mittagsgeschäft immer etwas los, auch wenn wir gerade Ferien haben und Familien die Stadt bei diesen kalten Temperaturen wohl verlassen haben dürften. Ich werde vor Ort vom Küchenchef himself empfangen. Das ist hier in der Brasserie Colette Berlin Dominik Obermeier. Er setzt mit seinem Geschick das um, was vorab durch Steve festgelegt als auch erarbeitet wurde. Er führt das Team an, welches heute für den Mittagsservice so langsam die letzten Vorbereitungen abgeschlossen hat und nebenbei bereits beim Mise en place für die nächsten Tage ist.

10:45 Uhr

Ich bin dabei mir meine Kamera zu schnappen, und melde mich nach einem kurzen Intermezzo und Handshakes mit dem Team im Restaurant, wo dort die Serviceleiterin Bianca wenig später eintrifft. In der Zwischenzeit habe ich bereits die ersten Fotos angefertigt. Wer die Brasserie noch nicht kennt, sollte sie in der Tat mal besuchen. Hier hat man sich sehr viel Liebe gerade auch bei den Details gegeben.

11:00 Uhr

Es teilt sich nämlich in drei Teile auf. Zum einen gibt es den recht großen Hauptbereich, wo eine angenehm große Tafel Platz für bis zu zehn Genießer bietet. Die angrenzenden Marmortische für zwei bilden einen sehr spannenden Kontrast zum im Vordergrund stehenden Holz, welches hier als Material eingesetzt worden ist. Doch dazu später mehr.

Brasserie Colette

Die Brasserien sind allesamt nach der Madame Colette aus dem Bordeaux benannt. Überall im Netz liest man davon, dass diese Dame Tim Raue, der ja Pate für dieses Konzept steht, mit ihren Crêpes sehr beeindruckt hat. So sehr, dass er ihren Namen als Vorlage heranzog. Sie tischte ihm wohl einen Crêpe mit Banane, gesalzener Butter und Vanilleeis auf. Die Texturen von süß, salzig und cremig überzeugten seinen Gaumen. So kam das Eine zum Anderen. So viel zu Namensgebung.

11:21 Uhr

Ich habe nun schon einige Ecken in der Brasserie Colette erkundet und bin bei den Aufnahmen im Barbereich angekommen. Hier besticht der wunderbar goldene Tresen durch eine sehr elegant erscheinende Optik. Man zaubert durch diesen Stil eine sehr edle Atmosphäre. Das gefällt mir.

Brasserie Colette

Im Kontrast dazu stehen hier alte Bahnsitze. Eine Wand mit Weinflaschen als Dekoration beamen mich recht schnell in jene typisch französische Welt.

Brasserie Colette

So langsam beginne ich mich zu fragen, wie es denn gerade in der Küche ausschaut. Die Jungs bedienen dort ja gleichzeitig zwei Konzepte. Das ist stets ein besonderes Wagnis, da das Kochen von zwei verschiedenen kulinarischen Ansätzen aus einer Küche eine Herausforderung ist, auf die man gut eingestellt werden muss. Doch dazu werde ich später mehr erfahren.

Brasserie Colette

11:43

Die letzten Aufnahmen sind so langsam im Kasten, ich durchstreife noch ein wenig das benachbarte Tertianium, um mir von dort auch einmal einen Eindruck zu verschaffen. Hier sehe ich einen wunderbar gestalteten Speisesaal mit einem immens großen Innenhof, der über das Glasdach mit Licht durchflutet wird. Hier gelangen ebenso die Speisen der Küche aus dem Colette an die Bewohner.

Sie sind in der Zusammenstellung sowie im Aufwand nicht der Stilistik des Colettes gleichzusetzen, sind aber dennoch nicht weniger ansprechend. so langsam kehrt Leben in das Tertianum-Restaurant ein. So überlasse ich diesen Ort dann lieber den Gästen, die sich jetzt auf ihren Lunch freuen. Das kann man in den Gesichtern leicht ablesen.

Brasserie Colette

12:05

Es ist fünf nach Zwölf. Hier läuft bereits die erste Welle für die Bewohner des Tertianum an. Der Gardemanger, der heute mit Christopher besetzt ist, ist fleißig dabei, die ersten Gerichte zu platen. Der Küchenchef durchstreift die Küche und stellt sich langsam auf die ersten Gäste im Colette ein. Am Pass wird hier und da noch Dekorationsmaterial für das letzte Finish bereitgestellt.

Die Passdecke unter der Wärmebrücke hat wie in vielen anderen Restaurants verschiedene Funktionen. Zum einen fokussiert man durch das Weiße der Decke noch einmal seinen Blick auf das Wesentlich und arbeitet automatisch sauberer, als würde man auf Chrome anrichten. Zum anderen kann man hier und da noch das ein oder andere Produkt kurz auf der Decke ablegen, um es zu trocknen oder im Härtefall auch mal zu entfetten, was aber seltener vorkommt.

Nebenan werden zwei große Boards aufgebaut, womit die Teller dann bei Tischen mit mehreren Personen ansprechend herausgebracht werden können. Sie sind aus dunklem Holz und wirken sehr anmutig. So etwas macht schon viel her.

Brasserie Colette

12:30 Uhr

Die Starter der Colette Karte sind nun auch auf dem Weg an die Gäste. Christopher platziert Avocado, die er in einer Mandelmischung wälzt sowie mit Tomaten und mariniertem Salat anrichtet. Hinzu kommt noch eine gebackene Praline. Wunderbar.

Parallel gibt er auch noch in der süßen Ecke des Tertianum Gas. Dort ist er bereits bei den ersten Nachspeisen angelangt. Es ist ein Spagat, den er wohl sehr gut umzusetzen weiß. Er wirkt nicht gestresst, sondern ziemlich zielstrebig und orientiert sich gekonnt an den Ansagen vom Pass.

Brasserie Colette

12:45 Uhr

Die Zeit für die Hauptspeisen ist nun gekommen. Ein butterzarter Pulpo wird von Dominik auf einer Kalbskopfjus mit Sauce Bearnaise und Kopfsalat höchst ansprechend angerichtet, bevor auch dieser Teller an in den Gastraum des Restaurants geht. Ebenso ist die immer wiederkehrende Interpretation vom krossen Spanferkel ein absolutes Muss, wenn man hier einkehrt.

Das Spanferkel ist hier ein absolutes Muss

Zurzeit serviert man es im Colette auf einem Spiegel von Senfcreme mit Ingwer und Kartoffelpüree. Es ist wieder einer dieser typischen Tim-Raue-Geschmacksakkorde aus Süße-Säure-Schärfe, wenngleich sie hier in einer milden Einsteigervariante vorherrscht.

Wer die volle Packung braucht, ist da sicherlich besser im Sternelokal in der Rudi-Dutschke-Straße aufgehoben. Ich finde es megalecker und es ist eine sehr gelungene Art, bodenständige Küche überaus ansprechend anzubieten. Grandios.

Brasserie Colette

13:06 Uhr

Jetzt ist auch in der letzten Ecke der Küche registriert worden, dass gerade die meisten reservierten Gäste bereits angekommen sind. Die Servicezeit erreicht langsam ihren Höhepunkt und es werden im Minutentakt Teller um Teller von den Händen des Servicepersonals aufgenommen.

Der Mittagsservice ist vor allem durch eine höhere Schlagzahl als Abends geprägt. Zu dieser Zeit haben die Gäste in ihrer Mittagspause einfach nicht so die Zeit, wie sie sie abends mitbringen. Man ist im Team aber komplett darauf eingestellt, man gibt sich routiniert.

Brasserie Colette

13:34 Uhr

Maximilian Schmidt, der Entremetier (Gemüse- und Beilagenposten), hat alle Hände voll zu tun. Er füllt Pasteten mit einer Kräutercreme, glasiert Urkarotten, erwärmt das Kartoffelpüree, mariniert die Artischockenböden, füllt die Kopfsalatherzen mit Radieschen und belegt sie mit weiteren Toppings und, und, und.

Brasserie Colette

Dieser Posten ist oft mit der größten logistischen Herausforderung überhaupt verbunden. Muss er doch sich regelmäßig nach dem Saucier und dem Poissonnier richten, die stets aufgrund der Garzeit der Fleisch- und Fischteile die verbindlichen Ansagen herausgeben, wieviel Zeit ihm noch zur Fertigstellung der Beilagen bleibt.

Brasserie Colette

Sollte es denn mal vorkommen, dass der Gemüseposten die Latte reist, ist oft Ärger in der Küche vorprogrammiert. Maximilian ist flink bei der Sache, der Posten ist recht logisch und sinnvoll eingerichtet. Er gibt Dominik die Sauteusen und Kasserollen mit den auf den Punkt abgeschmeckten Gemüsesorten nach vorn.

13:51 Uhr

Wenn es um das Fleisch und den Fisch geht, kann man sich heute Mittag in der Brasserie vollends auf Dimitiri Leinweber verlassen. Er kümmert sich darum, dass der Knurrhahn sauber gegart, das Spanferkel kross und der Pulpo herrlich weich an den Gast kommt. Teilweise sieht man ihn bereits Vorbereitungen für später tätigen. Das Mise en Place will halt auch erledigt sein.

Man ist hier so langsam in den letzten Zügen. Das merke ich. Die Jungs sind schon dabei, die ersten Aufräumarbeiten anzufahren. Ich merke, wie nach und nach die Spannung abfällt.

14:25 Uhr

Steve Karlsch, der gastronomische Direktor trifft ein und findet mich im Gastraum vor. Wir reden ein wenig über den Service und Steve erzählt mir von dem Krustentiermenü, welches sie im Februar anbieten. Er fragt mich, ob ich das nicht auch mal sehen möchte, denn dieses wird es ausschließlich abends auf der Karte geben. Gerne willige ich ein. So erwarten mich die vier Gänge, welche die Herrschaften in der Küche wenig später als kleine Zugabe noch auftischen werden.

Entwickelt und geschrieben haben diese Monatsmenüs stets die Küchenchefs der einzelnen Lokale in München, Konstanz oder auch Berlin. Dies gibt ihnen die Möglichkeit, sich Monat für Monat aufs Neue an neuen Gerichten auszuprobieren.

Riesengarnele Marokkana mit Humus, Dattel und Rose

Das Gericht ist angelehnt an die regelmäßigen kulinarischen Ausflüge des Teams ins französische Afrika. Seit der zweiten Speisekarte wird es immer wieder praktiziert. Hier soll der geschmackliche Horizont neben den Klassikern wie Rindertatar Zwiebelsuppe oder Thunfisch Nicoise erweitert werden.

Man will einfach mehr über den Tellerrand hinausschauen. Solch ein ähnlicher Gang wurde bereits schon einmal geschickt, damals noch mit Lamm. So sammeln sich hier die Aromen, welche man eben genau mit solcher Gegend verbindet. Eine samtige Humuscreme, ein kühlendes Rosenwassergel, in Reisessig marinierte Datteln und die typisch krosse Garnele im Kataifimantel bilden die Ouvertüre im Menü. Schon alleine der kontrastreichen Texturen wegen müsste man diese Speise aus dem Mittelmeerraum bestellen.

Brasserie Colette

Krustentiersud mit Lavendmilch und Korianderöl

Der Krustentiersud ist mit einem sehr leichten Schaum von Lavendel, welcher neben dem Korianderöl den sehr aromatischen Fond auflockern soll, serviert. Hier stellt sich im Teller ein schöner Spannungsbogen von der etwas herben Geschmacksrichtung des Hummers und dem eher frischen Korianderöl, welches durch den Lavendel noch abgerundet wird, dar.

Schneekrabbenravioli mit eingelegter Birne, Fenchel und Anis

Wer sich mit der französischen Kochkunst auskennt, der weiß, dass es dort keine klassische französische Pasta gibt. Dennoch kommt man ganz ohne Pasta hierzulande einfach nicht aus. So entschloss man sich den Schneekrabbenravioli auf die Karte zu setzen. Die Nudeltasche in Dreiecksform ist gefüllt mit einer Fischfarce und Schneekrabbenfleisch.

Brasserie Colette

Sie werden auf einem Sockel von Fenchelpüree angerichtet. Dazu kommen Würfel von in Portwein eingelegter Birne und Birnengel. Umgeben von einer Anissauce ist dieser Pastagang wohl der französischste, welcher mir bisher untergekommen ist. Lecker!

Vanilleeis mit getrockneten Blüten, Aprikosenkompott und Flusskrebssud

Das Vanilleeis wird sehr hübsch in einem Mix aus getrockneten Blüten zur Schau gestellt. Auf einem Sockel von Aprikosenkompott erfährt es einen fruchtigen Begleiter. Es ist gekocht aus frischen als auch getrockneten Früchten.

Brasserie Colette

Das wiederum führt zu einem ungewohnt erdigen Aroma, welches sehr gut zu dem erst am Tisch eingegossenen Flusskrebssud passt. Man möchte es kaum glauben, aber gänzlich ohne pikante Aromen und Salz gekocht, ist die Sauce aus Flusstieren enorm harmonisch und in einem Dessert wohl die Überraschung dieses Jahres für mich.

Ein großartiges französisches Flair inmitten Berlins

Wer die angebotenen Menüs nicht komplett sondern nur teilweise bestellen möchte, kann es natürlich auch so ordern. Dem Wunsch wird gerne entsprochen. Das Menü ist zudem eine sehr angenehme Ergänzung zum sowieso sehr charmanten Angebot in der Standardkarte. Wer sich hier vertrauensvoll in die Hände des Service- & Küchenteam gibt begeht keinen Fehler, ganz im Gegenteil.

Mir hat dieser Tag in der Brasserie Colette sehr gut gefallen und ganz sicher werde ich hier zum Dinner wieder vorbei schneien. Reservieren lohnt sich, es ist ein gut besuchter Ort mit Nähe zum KaDeWe. Auch ein Blick in die Barkarte lohnt sich. Wer zudem ein Rezept, welches für dieses Restaurant von Tim Raue entwickelt wurde, nachkochen möchte, folgt am besten diesem Link zu seinem Bœuf Bourguignon.

Brasserie Colette by Tim Raue

Passauer Str. 5-7
10789 Berlin

fon: +49 30 21992174
Öffnungszeiten:
Montag bis Sonntag • 12 Uhr bis 15 Uhr & 18 Uhr bis 23 Uhr

Steffen Sinzinger

Steffen Sinzinger, Jahrgang 1980, ist ein in Berlin lebender Küchenchef und seit nun mehr als 14 Jahren ein passionierter Foodblogger. In der deutschsprachigen Bloggerszene ist er ein fester Bestandteil und spricht mit seinen breitgefächerten Themen sowohl die professionellen Köche als auch die am heimischen Herd kochende Fraktion an.

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