Es lebe das Handwerk. Aber wer lebt heute noch das Handwerk? In der heutigen Gastronomie kann man mehr und mehr erkennen, wie viele handwerkliche Fertigkeiten einfach nicht mehr praktiziert werden, weil sie kaum noch einer beherrscht. Man setzt zunehmend auf Aushilfskellner oder studentische Kräfte, welche in einer nie dagewesenen Taktrate wieder ausgewechselt werden. Das eigentliche Handwerk mit der optimalen Bindung zum Gast kann so kaum noch ausgeübt werden. Es gilt daher umso mehr, hier die Tradition und das Handwerk hochzuhalten und fortzuführen. Genau diesem Ziel gibt sich der Verbund „L`Art de Vivre“, der mit seinem Preis für große Gastlichkeit 2017 wieder einen diesjährigen Gewinner unter den besten Servicekräften gesucht hat, hin. Ich habe mir die finale Runde angeschaut, dort wurde ich mit einem für mich heute kaum noch erlebbaren Service konfrontiert.
Der Service spielt in Deutschland keine Rolle
Wer in Deutschland nach den Stars in der Gastronomie sucht, wird schnell fündig. Ob es der Sternekoch, Szenekoch, Sommelier oder Barkeeper ist. Überall gibt es in den verschiedenen Bereichen der Branche ihre Stars und Sternchen, welche ihre Arbeit und vor allen Dingen auch sich selbst als Person gut verkaufen können. Derer zu folgen und vielleicht auch in dessen Fußstapfen zu treten, ist enorm leicht geworden, gerade wegen der sozialen Medien, die es den Protagonisten unheimlich leicht machen, sich zu inszenieren.
Eine große Dienstleistung der Restaurants nimmt man so gut wie überhaupt nicht wahr. Ein Grund ist kaum auszumachen, obwohl dieses Handwerk doch den meisten Kontakt mit den Gästen hat. Es geht um den Service. Jede noch so ausgeklügelte Küche ist auf eine ebenso professionelle und engagierte Arbeit im Service angewiesen. Letzten Endes ist doch der Service das verbindende Element zwischen allen Leistungen eines Teams im Restaurants. Er kommuniziert mit dem Gast und geht auf seine höchst individuellen Wünsche ein und muss sie in der Konsequenz für den Koch aufs Machbare herunterbrennen und kommunizieren.
Der Star ist der Koch und selten der Kellner
Doch bekommt gerade dieser Berufszweig kaum etwas von der Glorie, welche ja bei den Köchen viel mehr vorherrscht, ab. Prinzipiell wird man ganz sicher kaum Bilder auf Instagram finden, wo Servicekräfte derart mit ihrer Arbeit oder ihrem Handwerk posen, wie es denn die Köche tun.
Das führt ganz sicherlich auch dazu, dass immer weniger Menschen sich zu diesem Berufsbild hingezogen fühlen oder angesprochen werden. Gerade in den hochklassigen Häusern, welche eine enorme Bandbreite an Wissen abfragen, wird es immer schwieriger, geeignetes Personal zu finden. Auch die Gastronomie hat sich in den letzten Jahren derart stark gewandelt und ist viel schnelllebiger geworden. Dabei haben ganz sicher auch die Standards gelitten. Vieles wird heute vom Gast einfach nicht mehr abgefragt bzw. vom Gastgeber noch angeboten. Die Konsequenz durch das Ausbleiben ganzer Handlungsabläufe, welche früher im Service noch alltäglich waren, ist, dass mittelfristig das nicht mehr gelebte Handwerk auch für immer verloren geht.
L`Art de Vivre mit dem besonderen Anspruch
„L’Art de Vivre“ – das ist die Vereinigung von Spitzenköchen und Gastgebern, von Gästen und Gourmets, derer die feine Lebensart pflegen und sich gemeinsam der Tafel-, Tisch- und Weinkultur widmen. Sie vereinen sich, um Genuss, Kunst und Kultur zu verbinden, zu genießen und dessen Qualität zu fördern.“
Neben dem reinen Verbund engagiert man sich ebenso für die gezielte Förderung des Nachwuchses. So wurde am 23.10. beispielsweise der Preis für die große Gastlichkeit vergeben. In einem Wettstreit im Hotel Palace Berlin konnten sich die 12 qualifizierten Teilnehmer in verschiedensten Disziplinen gegeneinander messen lassen.
12 Wettstreiter mit 6 Finalisten
Bevor die abendliche Galaveranstaltung mit den sechs Finalisten losgehen konnte, mussten eben diese erst noch ermittelt werden.
„L’Art de Vivre engagiert sich als Impulsgeber für die Zukunft von Service und Gastlichkeit.“
So ging es an das Erkennen von Teesorten nur anhand der sensorischen Merkmale wie Aussehen und Duft. Ebenso sollte aus einem schwarzen Glas heraus Champagner unterschieden oder an einem mit Fehlern eingedeckter Tisch korrekt ausgewertet werden. Das ist natürlich neben weiteren Herausforderungen, wie einem Verkaufsgespräch am Gast oder auch dem Ablegen einer theoretischen Prüfung, kein leichtes Spiel. Hier wird enorm viel Fachwissen in einer sehr hohen Bandbreite abgefragt. Mitmachen durften alle Facharbeiter /-innen bis 35 Jahre.
Es war eine recht durchmischte Truppe, welche nach den täglichen Aufgaben nun doch noch eine Sonderschicht zu absolvieren hatte. Eingedeckt wurden drei große Tafeln mit je 12 Plätzen zu denen zum einen Mitglieder des Verbands „L`Art de Vivre“ und zum anderen Unterstützer des Wettbewerbs als auch Vertreter der Presse geladen waren. Und hier galt es nun drei Königsdisziplinen am Gast durchzustehen, wie zum Beispiel das Filetieren eines Loup de mers, das Tranchieren eines Perlhuhns oder das Flambieren eines Omelette Surprise.
Standards vs. Charakter oder geht auch beides?
Man konnte bei jedem der Teilnehmer eine andere Herangehensweise erkennen und sicherlich auch ein gehöriges Maß an Nervosität. Doch kam das Essen wie geplant auf den Tisch. Ganz sicher sind wir bei solch einem standardisierten Service weit von dem lockeren und ungezwungenen Charme, welcher einem derzeit in vielen Szenerestaurants entgegenschlägt, entfernt. Dort legt man nicht so viel Wert auf Etikette und der Service ist nicht selten auch mal ein aushelfender Student oder Studentin.
Das ist zum Beispiel auch der Grund, warum dort mitunter nicht der Service aufgefahren und geboten wird, welcher in den Häusern wie der „L`Art de Vivre“ Vereinigung zum Beispiel absoluter Standard ist.
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Der Umgang mit dem Personal ist einfach auch ein komplett anderer. Das mag zum Einen daran liegen, dass sich vermutlich niemals ungelernte Charaktertypen in solch einem Haus bewerben würden, da sie davon ausgehen, dass es eben absolut unmöglich wäre, dort dieses Handwerk zu erfüllen. Auch investieren solche Häuser viel Energie in die Ausbildung ihrer Mannschaften, um diese möglichst lang zu binden und um wiederum das durch einen rundum perfekten Service wieder zurückzubekommen. Ganz sicher haben beide Konzepte ihre Daseinsberechtigung, die ich hier auch nicht streitig machen möchte.
Jedoch verkommt bei einem der beiden Stile das Handwerk des Services total, da längst nicht so viel auf Schulungen und Trainings gesetzt wird und so der Gast nicht selten sondern immer öfter vor einer schulterzuckenden Bedienung steht.
Eine Frage des Handwerks • Der Preis für große Gastlichkeit
Es geht um ein Handwerk, welches davon lebt, auch ausgeführt zu werden und dem Service die Möglichkeit gibt, sämtliche Wünsche dem Gast mit der Selbstverständlichkeit zu erfüllen, welche dieser auch nicht selten einfordert. Insofern ist es wichtig, dass durch solche Veranstaltungen und Förderungen des Nachwuchses, das Service-Handwerk wiederbelebt wird. Richtig ist aber natürlich ebenso, dass sich auf der anderen Seite überlegt wird, ob wirklich alles durch und durch mit Standards geregelt sein muss. So kann der Kellner an sich immer noch einen angemessenen Teil ganz individuell auf den Gast zugeschnitten entscheiden und in der Konsequenz selbst gestalten. Nur so bleibt die Dienstleistung am Gast lebendig, herzlich, individuell und wirkt eben nicht steif und staubtrocken.
Der Gewinner kommt aus Rheinland-Pfalz
Am Ende fiel die Entscheidung der Jury, allen voran der Präsident Stefan Steinheuer, nicht ganz so leicht. Durchsetzen konnte sich Christoph Kollmeier aus dem Bellevue Rheinhotel in Boppard. Die Zweitplatzierte Anna Pauker wurde aus dem Hotel Louis C. Jacob in Hamburg geschickt. Nicht weniger erfolgreich ging der dritte Platz Florian Kugler aus Tübingen wieder nach Hause. Für die ersten drei Plätze gab es neben der Ehrung auch großzügige Preise. Im Namen des Initiators, der Vereinigung L’Art de Vivre, überreichte ihr Präsident Hans Stefan Steinheuer Ehrenurkunden und Geldprämien in Höhe von 2.000 Euro (1. Platz), 1.000 Euro (2. Platz) und 500 Euro (3. Platz).
Ein weiterer Ehrenpreis ist die Einladung zu einer Reise der drei Erstplatzierten zur Maison RUINART in Frankreich.
Zu den weiteren attraktiven Preisen zählten jeweils ein umfangreiches Gläserset von Zwiesel Kristallglas, ein Workshop-Camp von S.Pellegrino & Acqua Panna sowie ein spezielles Teeseminar von Ronnefeldt für den Sieger. Alle Teilnehmer können sich über eine Workshop-Einladung mit einem abwechslungsreichen Fortbildungsprogramm der IHK Akademie München freuen.