Heute stelle ich Euch kein brandneues Buch vor, gleich wenn das Thema aktueller denn je ist. “Die Küche der Achtsamkeit” von Tainá Guedes ist im Kunstmann Verlag erschienen und beinhaltet den Aspekt von “Mottainai”, dem japanischen Konzept, nichts zu verschwenden und Abfall zu vermeiden. Gleichzeitig bedeutet dieser Begriff aber auch Dankbarkeit. Hier gibt es wahrlich sehr viele Ansätze, denen man ganz gewiss Aufmerksamkeit widmen sollte. Eine weitere Kochbuchbesprechung der anderen Art.
Mottainai – Ein Begriff aus dem Buddhismus
Die Autorin Tainá ist eine gebürtige Brasilianerin mit einer Mutter aus Japan. In ihrem Buch “Die Küche der Achtsamkeit” finden sich 50 unkomplizierte Rezepte, welche eine Menge über “Mottainai” erzählen. Es geht um ein Leben zwischen den Kulturen wie Brasilien, Japan und Europa. Allesamt unterliegen diese Rezepte dem Vorhaben, nichts zu verschwenden sondern aus allem das Beste zu machen. Die Welt mit Respekt zu behandeln, ist der im Kern die Aussage dieser gebundenen Seiten.
No Waste
Sie selbst ist bereits im Alter von 19 Jahren zusammen mit anderen Leuten an die Gründung eines japanischen Restaurants gegangen. Nebenbei erlernte sie an einer Hochschule für Gastronomie das Kochen, da sie der Meinung ist, dass man mindestens soviel vom Kochen verstehen muss, wie die ganzen Küchenchefs in den Restaurants. Essen bedeutet für sie mehr als Brot, Nudeln und Gemüse.
Für sie ist es etwas stets Präsentes. Es ist überall zu finden. In unterschiedlichen Kulturen, zu jeder Zeit – in der Geschichte, Wissenschaft und Philosophie. Während der Kommunikation untereinander, einfach überall. Essen verbindet die Aspekte des Lebens miteinander.
Essen verbindet
So zieht sie heran, dass die Art des Essens einen unmittelbaren Einfluss auf die Welt in der wir leben hat. In ihrer Galerie “Entretempo Kitchen Gallery” in Berlin zeigt sie unterschiedlichste Arbeiten im Bereich FoodArt. Außerdem veranstaltet sie Dinners mit thematischen Schwerpunkten, welche sie beschäftigen. In dieser Mischung aus Köchin und Künstlerin ist sie in ihrem Element.
Sie hat somit die Chance, sich mit allen möglichen Menschen auszutauschen. Dabei gibt man sich gemeinsam den Aromen hin, genießt die Düfte und nimmt Texturen wahr. So erreicht sie die Gäste auf einer Ebene in der sie bereit sind, positive Veränderungen in die Welt hineinzutragen. Dieses Buch ist ein weiterer Schritt, der viele erreichen kann.
Von Japan nach Brasilien
Nach der Einleitung öffnet sich Tainá dem Leser und gibt die Geschichte der eigenen Familie preis. Die Erzhählung einer Mutter, welche im ersten Viertel des letzten Jahrhunderts von Japan nach Brasilien ausgewandert ist. Sie selbst wurde in São Paulo geboren und wuchs dort auf. Zu Hause wurde eine Mischung aus brasilianischer als auch japanischer Küche geboten. Während die Mutter eine fröhliche Mischung aus diesen beiden Kulturen zubereitete, kochte der Vater die Speisen stets streng makrobiotisch. Ihr erstes Kapitel enthält daher einige Rezepte inspiriert aus dieser Zeit.
Gerichte ihrer Jugend
“Die Bohnensuppe meiner Mutter” bildet den Start und gibt sogleich vor, auf welche Art von Küche man hier stoßen wird. Es ist eine sehr unkomplizierte, schnörkellose Vielfalt, welche dem Leser sich hier offenbart. Die im Einleitungstext bereits erwähnten eisgekühlten japanischen Nudeln mit frischen Sprossen finden ebenso den Weg ins Buch wie das “Couscous im São Paulo Style”. Sie unterwirft sich hier keinem eindeutigen Stil sondern offeriert den Mix, welcher sich ihr in der Jugend geboten hat 1:1 an.
Gerichte seziert in ihre Zutaten
Dabei fällt sofort die sehr charmant eingesetzte Darstellung der Zutaten auf. Sie bildet die Rezepturen neben einem klassischen Bild des fertigen Gerichtes auch mittels einer TableTop-Aufnahme mit all den genauestens abgewogenen Zutaten ab. In dieser Vogelperspektive sieht man sehr genau, was eigentlich alles in welchen Mengenverhältnissen verarbeitet werden muss.
Mottainai in den unterschiedlichsten Interpretationen
Um die Bedeutung hinter dem Wort “Mottainai” zu erklären, nutzt sie die insgesamt zehn Kapitel. Dort wird mit verschiedenen Geschichten und Anekdoten ihr Verständnis dieser Lebensart erklärt. Das ist unterhaltsam wie spannend, da so jedermann etwas für sich zu diesem Spirit herausziehen kann.
Kapitel 1 • Mottainai: Erinnerung bewahren
Kapitel 2 • Mottainai: Achtsam sein
Kapitel 3 • Mottaina: In Harmonie leben
Kapitel 4 • Mottainai: Nichts verschwenden
Kapitel 5 • Mottainai: Ressourcen schonen
Kapitel 6 • Mottainai: Die Natur achten
Kapitel 7 • Mottainai: Wertvolles schätzen
Kapitel 8 • Mottainai: Reagieren
Kapitel 9 • Mottainai:Nichts wegwerfen
Kapitel 10 • Mottainai: Eine Art, danke zu sagen…
So greift sie nach den Kindheitserinnerungen im ersten Abschnitt im zweiten Kapitel die Küchenphilosophie “Shojin Ryori” auf. In dieser wird in den zen-buddhistischen Klöstern seit Jahrhunderten in Japan Essen zubereitet. Eine Mahlzeit muss aus mindestens fünf verschiedene Farben und Geschmäcker bestehen: sauer, salzig, süß, bitter und umami.
Die Zubereitung ist simpel und wird ohne jegliche Verschwendung von Essbaren durchgeführt. Fleisch, Fisch, Lauch- und Zwiebelgewächse dürfen ebenso wie Chili nicht zum Einsatz kommen. Nicht fehlen darf aber Goma-dofu (Tofu aus Sesamöl). Ein sehr interessanter und kurzweiliger Entwurf, wie ich finde.
So erstrecken sich diese sehr einfachen und somit nahbaren Rezepte über die weiteren Kapitel, welche zudem mit wunderschönen Illustration und spannenden Erzählungen aufgelockert werden. Die Rezepte sind übersichtlich und gut lesbar gestaltet. Für die Produktbeschaffung wird man garantiert den einen oder anderen Spezialitätenladen aufsuchen müssen. Der Weg lohnt sich.
Großartige Alltagsküche mit dem Mut zur Veränderung
Gerade die angenehme Mischung aus japanisch-brasilianisch angehauchten Gerichten, die immer wieder mit europäischer Küche aufgefüllt und ergänzt wird, macht dieses Buch so sonderbar und reizvoll. Es wirkt in sich reduziert und gut aufgemacht und lässt sich ganz sicher in die Alltagsküche gut integrieren, so dass diese eine Aufwertung erleben kann.