Diese Woche gab es einen denkwürdigen Tag. An diesem Montag trafen die zehn ausgesuchten Talente des „S. Pellegrino Young Chef Award – Local Competiton“ aus Deutschland und Österreich zusammen, um in einem Kochwettstreit zu ermitteln, wer von ihnen nächstes Jahr nach Mailand fahren darf. Ich war für Euch natürlich mit von der Partie und durfte mir das regen Treiben hinter den Kulissen anschauen.
Der S.Pellegrino Young Chefs“: Eine globale Talentsuche
S. Pellegrino hat es sich nun in der dritten Edition dieses Wettbewerbes wieder zur Aufgabe gemacht, das Handwerk der Köche und deren Jugend zu fördern. Neben der eigentlichen Organisation dieses Events betreut das S. Pellegrino-Team, welches sich um die Köche und deren Vorbereitungen kümmert, auch um die Auseinandersetzung der Köche mit deren Öffentlichkeitsarbeit. Die Selbstvermarktung und das Erzählen einer eigenen individuellen Story gehören heutzutage ebenso zu den Fähigkeiten, die ein Chefkoch mitbringen sollte, um international einfach erfolgreich zu sein.
Allen voran kann man René Redzepi benennen, der in vielerlei Hinsicht vielleicht nicht der erste war, der das nordisch reduzierte Kochen praktiziert hat, aber er war der erste, welcher es perfekt inszeniert und vermarktet hat. Das macht ihn schon seit mehr als einem Jahrzehnt zu einem der erfolgreichsten Köche der Welt.
Was es heißt, neben dem Handwerk auch die Kunst der Eigendarstellung zu verstehen, wollen die Initiatoren den angehenden Experten mit auf den Weg geben.
10 unterschiedliche Signature Dishes
Wer sich nun „S. Pellegrino Young Chef 2018“ nennen will, der muss zuerst durch den Vorentscheid. Dieser wird in mehr als 21 Regionen per regionaler Qualifikation ausgetragen. Wer an diesem Duell teilnehmen wollte, musste sich vorab mit seinem eigenen „Signature Dish“ bewerben. Dieser sollte samt Foto mit den eingesetzten Komponenten sowie einem Dreizeiler zu diesem Gang eingereicht werden. Unter den Einsendungen wurden danach von der italienischen Kochschule „ALMA“ die zehn besten ausgewählt. Die Halbfinalisten kamen nun in dieser Woche zusammen um eben genau dieses Gericht so nachzukochen. Unter den vielen Bewerbungen hatte die Jury die Qual der Wahl.
Doch am Ende gab es folgende Mitstreiter:
- Falco Weiß, Chefkoch, Restaurant „à la Minute“, Trier
- Francesco Olivieri, Chef de Partie, „Ristorante Essenza“, Berlin
- Matteo Sini, Chef de Partie, Ristorante Essenza“, Berlin
- Vivien Volker, Chef de Partie, „PIER 51 Restaurant & Cocktailbar“, Stuttgart
- Raul Vidican, Chef de Partie, „Restaurant Alte Ziegler“, Regensburg
- Florian Weidlich, Sous Chef, „Restaurant Oliveto“, Bonn
- Tobias Schmitt, Sous Chef, „Restaurant Lafleur“, Frankfurt am Main
- Maximilian Kraemer, Sous Chef, Restaurant „Scheck-in Kochfabrik“, Achern
- Maximilian Kinder, Sous Chef, Restaurant „Facil“, Berlin
- Sebastian Böckmann, Sous Chef, Restaurant „Landlust Burg Flamersheim“, Flamersheim
Punkt 8 Uhr ging es los
Der Tag der Entscheidung begann für die Teilnehmer recht früh. Der erste Koch musste sich bereits um 8:05 Uhr an den Herd begeben, um seine Komposition zuzubereiten. Nach weiteren 15 Minuten wurde dann der Nächste an die Töpfe gebeten, bis schließlich um 10:20 der letzte Koch beginnen konnte.
Austragungsort war in diesem Jahr das Gesellschaftshaus Palmengarten. In diesem Gebäude kocht Andreas Krolik groß auf. 2 Sterne im Guide Michelin sind eine beeindruckende Referenz. Er ermöglichte es im anliegenden Küchenkomplex auf insgesamt 10 verschiedenen Kochstationen gleiche Bedingungen für die Mitstreiter zur Verfügung zu stellen. Neben den Arbeitsflächen, Öfen und Brettern, wurde natürlich auch so manches Hightech- Gerät wie ein Pacojet, ein Thermomix oder andere Maschinen platziert.
Man konnte und sollte hier also Vollgas geben. Desweiteren halfen zwei bis drei Mitarbeiter bei technischen Herausforderungen oder Fragen jeglicher Art. So wurde eine perfekte Voraussetzung für geschaffen, um hier mit allen Raffinessen, die einen das heutige Köchedasein bereithält, zu arbeiten.
Ruhig, fokussiert und gut in der Zeit
Als ich den Küchenbereich mit der Kamera betrat, fiel mir von Beginn an auf, dass es absolut ruhig und konzentriert zuging. Keinerlei Anspannung war den Prüflingen anzumerken, jedenfalls nicht mit der ursprünglich gerechnet habe, geht es hier doch schließlich um einen Wettbewerb internationalen Formats. Doch diese Damen und Herren scheinen sich perfekt vorbereitet zu haben. Jeder bereitete Schritt für Schritt die Beilagen seines Gerichts zu. Zu jedem Zeitpunkt musste außerdem damit gerechnet werden, dass die Jury Fragen zu den Produkten, der Herstellung oder dem Sinn, der gerade ausgeführten Handschritte stellt.
5 Stunden Live-Kochen
Insgesamt 5 Stunden blieben den Kandidaten, um aus den bereitgestellten Produkten hohe Kochkunst zu zaubern. In diesem Halbfinale wurden eben genau die Gänge gekocht, welche sie zuvor bei der italienischen Kochschule „ALMA“ eingereicht haben.
Sicherlich hat jeder für sich das Gericht unzählige Male probegekocht und die Abläufe optimiert, um in der kurzen Zeit das Signature Dish möglich zu machen.
Dabei setzte jeder für sich auf andere Konzepte. Es gab zum einen typisch italienische Gerichte wie die Tortelli mit Roter Garnele von Francesco Olivieri, oder der doppellagige Oktopus-Culurgiònes von Silvio Matteo oder auf der anderen Seite eher klassisch frankophile Speisen, wie das Lamm im Brotmantel mit Kartoffel- Mispelcreme und Rettichsalat. Aber auch modern und verspielt ging es hier zu.
Klassisch aber auch modern
Maximilian Krämer brachte einen meiner persönlich favorisierten Gänge mit ein. Er schuf unter dem Namen „Wald & Wiesen Ceviche“ ein trendtechnisch gesehen recht aktuellen Signature Dish. So bereitete er eine Forelle auf peruanische Art und Weise zu. Diese lateinamerikanische Art zu Kochen kombinierte er mit regionalen Zutaten wie Mais, Schwarzwälder Schinkenspeck, Fichtensprossen und Süßkartoffel.
Aber auch die Präsentation war ein echter Hingucker. Seine Mutter bastelte eigens dafür Aufsteller aus Moos und Rinde. So konnte ein Süßkartoffel-Brioche mit Ceviche Butter auf einem Spieß an der Rinde befestigt und unkonventionell gereicht werden.
Typisch italienisch, gleich zweimal
Auf die italienische Art ging es bei –Silvio Matteo und Francesco Olivieri zu. Hier hat man bei der Präsentation sofort bemerkt, dass das südländische Flair eingezogen ist. Francesco selbst absolvierte seine ersten Erfahrungen als Commis de Cuisine in Italien. Derzeit arbeitet er in der Spreemetropole Berlin im „Ristorante Essenza“ als Chef de Partie.
Sein Signature Dish ist unverkennbar italienisch. Mit Noten von Süße und Säure umgibt er seine Tortelli mit roter Garnele und Cantaloupe Melone. Es ist geschmacklich sogar teilweise so süß gehalten, es könnte fast schon als warme Süßspeise durchgehen.
Die Nudeltasche in der Nudeltasche
Matteo Sini hingegen setzt bei seinem Gericht auf höchste Qualitätsansprüche. Und daher kommt sein Pulpo auch aus Sardinien. Diese erstklassige Ware fügte er gekonnt ein und versetzte mit diesem Tier sogar den Juror Karl Obauer in Verzücken. Neben dem fangfrischen Oktopus gab es Spitzen vom grünen Spargel und eine Creme von violetten Blumenkohl aus Gallura. Im Zentrum liegt hier der Tintenfisch-Culurgiònes, eine Teigtasche gefüllt mit einer Teigtasche. So etwas habe ich bisher auch noch nicht genießen dürfen und ich war schon deswegen besonders angetan. Großartige Kochkunst!
„Lammour“ – From Nose to Tail
Ein ganz besonderer Gang, welcher gleich verschiedene Teile des Lamms zur Verarbeitung vorsieht und somit den Nachhaltigkeitsaspekt bei der Fleischverarbeitung aufgreift, kam von Sebastian Böckmann. Der Sous Chef des Restaurants „Landlust Burg Flammersheim“ hat sich für eine mutige Variante entschieden. Neben dem Rücken und der Keule nutzt er ebenso das Lammhirn. Das ist gewiss nicht jedermanns Sache, doch er inszeniert diese Zutaten in einer gelungenen Mixtur aus klassischen als auch modernen Elementen.
Sein Lammfleisch aus regionaler Haltung richtet er in einem Trammezzini- Brotmantel mit Mangoldhülle, Tapioca- Pommes, Gänseblümchen-Kapern, Rettichsalat und einer Kartoffel-Mispel-Creme an. Für die optische Dramaturgie wartete er noch mit einem ausgehüllten Baumstamm, den er für den Teller mit Moos auskleidete, auf. Optisch, technisch und vor allen Dingen geschmacklich bewegte er sich auf absolut hohem Niveau.
Top 3: Falko Weiß, Maximilian Kindel, Tobias Schmitt
Doch mussten sich die Juroren, dessen Tätigkeit am Ende des Tages wahrlich nicht zu beneiden war, entscheiden. Für den späten Nachmittag stand zuerst die Wahl der Top-3 Gerichte an. Aus allen zehn Gerichten, welche die Talente zudem noch persönlich in einem zehnminütigen Gespräch vorstellen sollten, wurden von dem fünfköpfigen Team die besten drei herausgepickt. Zwei der drei hatte ich selbst sogar auf dem Schirm.
Es waren Falko Weiß, Maximilian Kindel und Tobias Schmitt. Ihre Gänge überzeugte die Jury am meisten und zudem konnten sie diese auch mündlich gut vor der Jury verteidigen. Für die restlichen Teilnehmer war der anstrengende Teil nun vorüber. Die Top-3- Kandidaten mussten nun erneut an den Herd. Für das abendliche Finale während der Gala- Vorstellung sollten diese drei Gerichte erneut gekocht werden, nur dieses Mal für 10 Gäste, davon gingen erneut 5 an die Jury.
Ein Wettbewerb mit Show- Charakter
Als Moderatorin konnte das S.Pellegrino-Team Johanna Klum gewinnen, sie leitete sehr charmant durch den Abend. Nach einer angenehmen Einleitung wurde die Jury auf die Bühne gebeten, die nun wiederum nach und nach die letzten drei Gänge erneut beurteilen und dessen Ranking abwägen sollten. Ebenfalls kamen fünf Zufallsgäste in den Genuss, die Signature Dishes zu kosten. Johanna ging jedes mal bei beliebig ausgesuchten Probanden auf Tuchfühlung, um zu erfragen, wie es denn schmecke.
Nach zwei Stunden Unterhaltung wurde es dann ernst für die drei Köche. Die Siegerehrung stand an. Johanna Klum zögerte die Bekanntgabe nicht unnötig heraus und unter Jubel ernannte sie Falko Weiß zum Gewinner dieses regionalen Wettstreites. Er freute sich riesig und war kaum zu halten. Die Kollegen Maximilian Kindel und Tobias Schmitt trugen es mit Fassung und freuten sich gar für den Ersten. Welch faire Geste.
Koch, der Handwerksberuf
So gewinnt der Gang „Stadt/Land/Fluss“ von Falko Weiß diesen Vorentscheid, der gleichzeitig für ihn nun eine lange Reise nach Mailand ermöglicht. In einem Jahr findet dort zwischen insgesamt 20 Köchen das Finale für die „S. Pellegrino Young Chef Awards 2018“ statt. Bis dahin bleibt ihm nun noch Zeit, sein Gericht noch mehr zu perfektionieren, sich im Umgang mit den sozialen Kanälen und der Kommunikation auf Englisch auseinanderzusetzen und überhaupt zu verstehen, dass man heute als guter Starkoch eine Geschichte erzählen können muss. Das ist es, was die guten Köche von den einzigartigen Köchen unterscheidet. Auf diesem Wege wird S. Pellegrino ihm natürlich zur Seite stehen und in vielerlei Hinsicht Schulungen und Workshops mit an die Hand geben. Als persönlicher Mentor wird ihm Karlheinz Hauser zur Verfügung stehen. Er wird ihn auch vor Ort in Mailand unterstützen.
So beteiligen sie sich maßgeblich an seinem Erfolg und schaffen es dadurch vielleicht auch andere heranwachsende Köche dafür zu begeistern, diesen tollen Beruf nicht nur zu erlernen und auszuüben sondern zu leben. Wer sich freiwillig zu unmöglichen Zeiten in eine heiße Küche stellt, der braucht ein hohes Maß an Willenskraft und Motivation. Solche Wettbewerbe mit dem Anspruch nicht nur die handwerklichen sondern eben auch die sozialen Skills zu formen, helfen enorm dabei, den deutschen Berufsstand des Kochs auf internationaler Bühne wieder nach vorne zu bringen und ganz groß zu machen. Weiter so!