In einer Laufbahn eines Kochs wird man regelmäßig mit Convenience – Artikeln konfrontiert. Die Industrie gibt sich die beste Mühe, dem Koch das autarke Kochen auszutreiben, und der harte Preiskampf gerade in den Ballungsgebieten beschleunigt dieses Karussell aufs Schärfste. Am Ende geht es dem Handwerk der Köche an den Kragen. Es steht quasi vor der Abschaffung durch Industrialisierung und der daraus resultierenden Automatisierung.
Die großen Firmen haben für alle erdenklichen Szenarien geeignete Lösungen parat, auch wenn sie noch so abstrus erscheinen mögen. Hier ein Beispiel.
Das Spiegelei aus dem Tiefklühler – fix und vor allen Dingen fertig!
Es ist sonntagmorgens und Du stehst am Frühstücksbuffet und schweifst über die dort aufgebauten Speisen. Es gibt auch Ei, … Spiegelei. Mit Sicherheit kommen die meisten Menschen nicht am obligatorischen Frühstücksei, ganz gleich ob es denn gekocht, gebraten oder pochiert ist, vorbei. Das bedeutet nun in erster Linie Arbeit für die Köche im Hintergrund. Die Eier wollen aufgeschlagen werden.
Convenience Food [ˌkən.ˈviːnjəns fud] ( Anhören?/i) oder Convenience-Lebensmittel ist ein aus dem Englischen entlehnter Begriff für „bequemes Essen“ (convenience „Bequemlichkeit“, food „Essen“).[1] Damit werden vorgefertigte Lebensmittel bezeichnet, bei denen der Nahrungsmittelhersteller bestimmte Be- und Verarbeitungsstufen übernimmt, um die weitere Zubereitung in Privathaushalten, in der Gastronomie oder bei Gemeinschaftsverpflegung zu erleichtern. (Quelle: Wikipedia vom 29.9.2016)
Und schon hier springen die Unternehmen aus der Fertigproduktbranche für den zahlungswilligen Küchenchef in die Presche. Es gibt sie bereits als Spiegeleiversion in tiefgekühlter Version zu kaufen. Pro Ei zahlt man üblicherweise ca. 15 bis 20 Cent. Hier sind es in dieser eisigen Form ganze 0,50 €. Dafür braucht der Frühstücksdienst diese lediglich auf ein Blech zu legen und bei 100°C bei Dampfgarung für 8 Minuten zu erwärmen. Der Hersteller verspricht sogar, dass diese ebenso nach dem Erkalten problemlos zu genießen seien.
Frisch auf den Tisch? Die Wahrheit über Restaurants
Der NDR hat in seiner Reihe „45 Min“ genau diesen Komplex unter die Lupe genommen und dabei den Fokus auf den Sachverhalt, der das Fach nun schon seit Jahrzehnten umkrempelt, gelegt. Dafür haben sie Thomas Rund, einen Küchenchef, der selbst nichts von Fertigprodukten hält, zur Internorga gesandt, um herauszufinden, welche Trends oder Techniken der großen Anbieter von Fertigprodukten auf der Agenda stehen. Dort begegnet er Kollegen, welche Stein und Bein auf diese „bequemen Produkte“ mit der absoluten „Kalkulationssicherheit“ schwören und sie teilweise sogar in der gehobenen Gastronomie als salonfähig sehen.
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Thomas Rund ist schockiert.
Das Hauptbeispiel ist hier eindeutig der Artikel „Sauce Hollandaise“. Vermutlich wurde diese Doku in der vergangenen Spargelsaison gedreht, denn man schickt einen Vertreter der Hamburger Verbraucherzentrale auf die Reise, um zu erkunden, weswegen erstens Fertigsaucen aus dem Tetrapack verarbeitet werden und zweitens, wie oft das auf aktives Nachfragen am Gast auch eingeräumt bzw. kommuniziert wird. Die Ergebnisse sind für meine Begriffe erschreckend, da zum einen dem Kunden nur nach langem Hin und Her die Wahrheit offenbart wird und zum anderen alle hier befragten Gäste der Restaurants immer im Glauben waren, sie hätten eine selbst hergestellte Sauce Hollandaise auf dem Teller. In der Tat waren dann von den mehr als ein Dutzend getesteten Speisen mehr als zehn mit Tetrapack- Sauce angerichtet.
Muss die Deklarationspflicht umgedacht werden?
Doch der Markt gibt natürlich viel mehr her als diese Buttersauce (in der gekauften Version ist aus Kostengründen keine Butter enthalten, dafür aber eine Menge Stabilisatoren, Aromen und Curcuma). Hier werden jährlich milliardenschwere Umsätze gefahren.
Gewiss ist es ein Leichtes, diesen Industriezweig zu verteufeln und gleichzeitig dafür verantwortlich zu machen, dass die Gastronomie durch diese Angebote gegebener maßen in der Konsequenz ferner darauf zurückgreift. Doch könnte man das Ganze ebenso von der anderen Seite her aufziehen. Würde der Gast bessere Produkte erhalten, bzw. könnte der Gastwirt „ehrlicher“ und mit deutlich mehr Manpower in der Küche produzieren, müsste dem Konsumenten die Leistung am Ende auch deutlich mehr Wert sein. Doch allem Anschein nach, wird sich solch eine Kehrtwende mittelfristig nicht einzustellen.
Die Tendenz geht eher in die andere Richtung, … viel mehr Fertigkost und noch weniger (festangestellte) Facharbeiter. Darunter leidet logischerweise das Handwerk, welches selbst immer weniger Anwendung findet. Man sieht in dieser Doku an genug Beispielen, dass unter solchen Bedingungen keine Ausbildung mehr möglich ist. Der allzu selbständige Umgang mit diesen Artikeln, wie zum Beispiel beim „Knorr“- Küchenchef Rudi Koch, dürfte sich meiner Meinung nach umfänglich auf die Ausbildung dessen Azubis widerspiegeln. Seine Gäste wiederum waren allesamt, jedenfalls die Interviewten, der Meinung, dass hier frisch gekocht wird. Was für ein Trugschluss!
Fazit
So hinterlässt mich diese Dokumentation, welche ich jedem Koch und auch allen Angehenden nur als Pflichtmaterial ans Herz legen kann, mit mehr Fragen als Antworten. Geht es weiter in die eingeschlagene Richtung, werden wir uns wiederum keine Gedanken mehr über die Kochausbildung machen müssen. Das wäre dann nämlich komplett hinfällig.
Ein toller Artikel. Hast du bisher nur in Berlin als Koch gearbeitet?
Ja, Berin habe ich kulinarisch nicht verlassen.