Endlich ist es wieder soweit. Die zweite Staffel der Netflix Serie „Chefs Table“ ist nun online und das Binge- Watching kann wieder losgehen. Bereits die erste Staffel entzückte die Fangemeinde und Kochbegeisterten mit Protagonisten wie Ben Shewry, Magnus Nilsson, Francis Mallmann, Dan Barber und nicht zu vergessen Massimo Bottura, der mit seinen fantastischen Erzählungen über die Kunstausflüge mit seiner Frau und den daraus entstandenen Gerichten den Zuschauer an der Mattscheibe fesselte.
Die zweite Staffel ist nicht weniger spannend und inspirationsschaffend. Hierzulande hatte man ja kürzlich die Nachricht lanciert, dass es sogar ein Tim Raue in das Lineup dieser fast schon Kultserie geschafft hat. Doch leider müssen wir uns dafür noch zwei Jahre gedulden. Dieses Mal begegnen uns nun also folgende fünf Starköche:
Alex Atala, D.O.M., (Brasilien)
Ana Ros, Hiša Franko (Slowenien)
Dominique Crenn, Atelier Crenn (USA)
Enrique Olvera, Pujol (Mexiko)
Gaggan Anand, Gaggan (Thailand)
Grant Achatz, Alinea, Next, The Aviary (USA)
So liest sich die Liste nicht weniger spektakulär. Um Euch von dieser Serie berichten zu können, durfte ich mir bereits vorab die Screener ansehen, allen voran Grant Achatz` Porträt.
Grant Achatz gehört ohne Frage zu den besten Köchen Amerikas. Neben Adrià Heston Blumenthal und Marc Veyrat zählt er zu den bedeutendsten Spitzenköchen auf dem Gebiet der molekularen Gastronomie. Zusammen mit einem Investor, auf dessen Vertrauen und Unterstützung er stets bauen kann, schafft er mit seinem Team Tag für Tag neue Genüsse. Dabei stellt er den Werdegang von neuen Zusammenstellungen niemals unter konventionelle Maßstäbe. Grant Achatz weiß, dass weltweit viele Chefs Spitzengerichte entwerfen können. So sieht er sich gezwungen im Restaurant Alinea einen Schritt weiter zu gehen, hier möchte er dem Gast mehr als das verkaufen. Es geht um die besondere Erfahrung, welche es zu erleben gilt. Man solle sich nach jedem Schritt interessiert fragen, was denn Wunderbares als nächstes passieren wird.
Grant Achatz:“You should expect the unexpected!“
Doch basiert der Entwicklungsprozess nicht nur auf das Ausreizen der anwendbaren Techniken. Er will den besonderen „Aha“- Effekt im Restaurant schaffen. So beginnt es stets mit einem Top- Produkt, welches auf neue Art präsentiert werden will. Wenn zum Beispiel eine Tomate nicht nur einfach zu einem Fond zubereitet, sondern gebunden und danach in einer Silikonform die Hülle einer Erdbeere gegeben wird. Die Verwirrung stellt sich schließlich am Ende beim Gast ein, welcher die geschmacklichen Zusammenhänge zwischen Tomate und Erdbeere erst nach der optischen Täuschung begreift.
Dabei spielte sich seine erste bewusste kulinarische Erfahrung bereits im Alter von viereinhalb Jahren ab. Er besuchte mit seinen Eltern ein Diners. Dort arbeitete ein Onkel von Achatz als Koch. Er war diese Sorte Onkel, bei der man nicht so genau weiß, ob sie wieder einen Streich spielen oder es gerade ernst meinen. Als er sah, wie dieser Koch ein paar Pommes Frites gleichzeitig mit sauer eingelegten Pickles aß, dachte er zuerst wieder nur an eine Albernheit, die ihn wohl animierten sollte, es ihm gleichzutun. Dem wollte er nicht nachgeben, doch die Neugier überwog, so dass er sich diesem Snack ebenfalls widmete und sofort von dem Geschmackserlebnis überwältigt wurde. Sein Onkel konnte den Zusammenhang erklären. Er hatte auf einmal eine ganze Bandbreite an Geschmäckern und Texturen aufgenommen, die sich nach und nach in seinem Gaumen in den Vordergrund spielten. Da gab es salzig, sauer, knusprig, fettig… alles in einer ausgewogenen Balance, die sich als Geschmacksbild harmonisch entpuppten.
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Im Restaurant denkt er bei der Menüerstellung nicht nur gangweise, sondern nutzt Teile seiner „Tischkulissen“ für mehrere Gerichte, so dass der Gast teilweise nicht merkt, dass einige Garprozesse direkt bei ihm vor Ort stattfinden. Und das teilweise über Stunden hinweg. So deckt Achatz zu Beginn des Menüs eine kleine Feuerstelle auf dem Tisch ein. Dort entzündet beginnt unmittelbar die Interaktion. Man fängt buchstäblich selbst an, gereichte Spieße am Feuer zu erhitzen. Was aber nicht sofort auffällt, ist der Kern des Lagerfeuers. Der besteht aus einem in Konbu gewickeltes Stück Hähnchen, welches dort geröstet wird. Die Auflösung erfolgt unmittelbar vor den erstaunten Augen, die nun das live gegarte Stück angerichtet bekommen. Viele scheinbar zufällig arrangierte Elemente um den Tisch herum werden so mit der Zeit Teil des ganzen Events.
Weltberühmt ist ebenso seine Idee der Aromakissen. Bei dieser Innovation nimmt er sich beispielsweise ein Gewürz wie Muskatnuss, dessen Geruch er er über einen Verdampfer in ein Plastikkissen mit Stoffüberzug bringt. Kurz vor dem Servieren des eigentlichen Tellers auf diesem Kissen wird mit einer Nadel hier und da ein Loch eingestochen, so dass während des Genusses im Kissen unter dem Teller die duftende Luft entströmt und dem Genießer der gewünschte Duft mit jeder weiteren Gabel ereilt.
Solche Kreationen fliegen per Instagram um die Welt, jeder kennt seine „Signature Dishes“. Wobei er nicht unbedingt einen Teller braucht, um seine Gänge zu präsentieren. Als einer der ersten richtete er seine Desserts direkt auf dem Tisch an, wo diese wie auf einer Leinwand fast schon als Kunstwerk verstanden werden müssten. Kleine Facetten in der Tischfolie schaffen weitere Effekte, wie die viereckigen Saucentropfen, die sich automatisch den kaum sichtbaren Vertiefungen fügen. Für den unwissenden Beobachter muss diese „Show“ wie Magie wirken.
Es gibt aber wiederum auch Schattenseiten im Leben von Grant Achatz. Er kämpfte eine Zeit lang mit Zungenkrebs, welches zur wohl größten Herausforderung in seiner Laufbahn heranwuchs. Seine Souschefs mussten ihn sagen, wie dieses und jenes von ihm erprobte Gericht schmeckt. Er konnte selbst geschmacklich nichts mehr erkennen. Die Dokumentation zeigt ihn, wie er selbst seine Krankengeschichte erzählt und wie er erst langsam aber dann mit immer weiteren Fortschritten den Geschmackssinn wiedererlangte.
Dies ist nur eine Geschichte, welche in Chefs Table imposant erzählt wird.
Dominique Crenn kennen sicherlich ebenso viele Foodies. Sie wurde als beste Köchin Amerikas ausgezeichnet. Im „Atelier Crenn“ spiegelt sie eine höchst emotionale Küchenphilosophie wieder. Sie erzählt mit den Gängen immer auch Geschichten und über ihre Erinnerungen. Mit Essen verbindet sie Menschen und das auf eine sehr künstlerische Art. Sie präsentiert es mit eigenen Gedichten, die anstelle einer Speisekarte gereicht werden. Gerichte von Ihr konntet Ihr vor kurzem sogar in Europa bestaunen. Sie war Gastkoch im Restaurant Ikarus in Salzburg.
Die Riege der weiblichen Chefköche wird obendrein mit der einzigartigen Ana Ros erstklassig erweitert. Sie stammt aus Slowenien, konnte jedoch von klein auf die Welt bereisen. Durch ihr Studium als diplomatische Wissenschaftlerin beherrscht sie sogar fünf Sprachen. Ihr Restaurant Hiša Franko liegt in einem Alpental in der Nähe der italienischen Grenze. Ihr Kochstil verinnerlicht viele Einflüsse. Er ist inspiriert durch die unmittelbare lokale als auch traditionelle Küche ihrer Herkunft und dennoch verknüpft mit einem internationalen, avantgardistischen Stil. Die ursprünglich angepeilte Karriere als Diplomatin wich dem Wunsch nach einem eigenen Restaurant als sie kurz nach ihrem Abschluss auf Valter Kramer, ihren heutigen Ehemann, traf. Dessen Vater besaß ein Lokal, welches er aufgab. Diese Chance ergriffen die beiden und arbeiteten zuerst als Servicekräfte und nach und nach erforderten einige Umstände eine personelle Umstellung. So zog es den gelernten Sommelier Kramer als Serviceleiter weiterhin in den Restaurantbereich und Ana, obwohl sie denn keine Ausbildung genossen hatte, in die Küche. Dank ihrer Großmutter und Mutter, welche exzellent kochen konnten, fiel es ihr nicht schwer, sich im Backbereich zu behaupten.
Ihre große Stärke war dabei der bewusste Umgang mit nur lokalen Zutaten. Für die Erweiterung des eigenen kulinarischen Hintergrundes unternahmen die beiden weite Reisen zu den besten Restaurants der Welt. Das technische Know- How erlernte sie mit der Unterstützung eines Kochs, der auf einer Gastronomieschule lehrte. Ihre USP sind die „Null- Kilometer- Zutaten“, wie zum Beispiel die Forellen aus der eigenen Zucht oder auch Kräuter aus dem anliegenden Garten. Im Großen und Ganzen bildet auch ihre Küche einen weiteren Ansatz, der sinnbildlich für das mannigfaltige Kochen steht, das international betrachtet erlebt werden kann. Viele verschiedene Einflüsse haben die Hauptdarsteller zu den einzigartigen Kochkünstlern geformt, die sie heute sind.
Für wen ist diese Dokumentation?
Einfach für alle, die nur einen winzigen Funken für gutes Essen in sich tragen. Der kann mit diesen Bildern und Geschichten schnell entfacht werden und zum sofortigen Reflex, etwas Tolles kochen zu wollen, führen. Bei mir ist das jedenfalls ständig der Fall. „Chef`s Table“ wird Euch mit der tollen Stimmung einfangen und lange Zeit nicht loslassen wollen. Unzählige Gerichte werden hier dargestellt. Wer sich dem oben beschriebenen Binge- Watching hingibt, schafft es sicherlich spielend, diese Serie in nur kurzer Zeit zu konsumieren. Für alle anderen reicht sicherlich der Probemonat. Für alle bereits angemeldeten Netflix- Nutzer ist es quasi ein Pflichtprogramm und obendrein bietet es sich sogar an, die anderen dort verfügbaren Dokus übers tollste Thema der Welt, Essen, anzusehen.
Ich habe diese Doku auf Netflix gesehen aber nicht angeschaut.