Für mich war der Blog von Susann Probst und Yannic Schon von Beginn an die Entdeckung des letzten Jahres. Selten ging in der deutschen Blogosphäre derart qualitativ hochwertige Food- Fotografie einher mit einer authentischen Selbstdarstellung. Das geht los bei diesem einzigartigen Namen. „Kraut | Kopf“ zeigt schon, dass hier auf vegetarische Art das kulinarische Bewusstsein angestrengt wird.
„Kraut | Kopf
vegetarisch kochen und genießen.“
Susann Probst & Yannic Schon
Hölker Verlag
2015, Münster
216S., gebunden, 29,95 €
ISBN: 978-3881179553
Diese beiden Protagonisten arbeiten und leben sogar zusammen. Sie haben sich vor 10 Jahren kennen gelernt. Über die Bilder haben sie zueinander gefunden. Ihr tägliches Brot verdienen sie vor allen Dingen mit Hochzeitsfotografie. Seit 2013 kann man ihre Liebe zu gutem Essen auch online verfolgen. Seitdem sind sie mit dem oben erwähnten Foodblog namens „Kraut | Kopf“ (http://www.kraut-kopf.de/) im Netz zu verfolgen, und das könnte sich für den ein oder anderen als höchst eindrucksvolle Inspirationsquelle erweisen. Jedenfalls habe ich für mich noch keine weitere derart wunderbar abwechslungsreiche, vegetarische Kost bestaunen dürfen. Dabei sind Susann und Yannic weder gelernte Köche noch Ernährungsberater.
Lediglich ihr persönlicher Anspruch an ein gutes Mahl mit ausgewogenen, vollwertigen sowie mannigfaltigen Zutaten sind ihr innerer Kompass, der sie immer wieder aufs Neue sensationelle Kompositionen kreieren lässt. So wie dieser Cherry- Pie, welcher es leider nicht in das Buch geschafft hat. Tröstend ist da der Umstand, dass dieser uns online erhalten bleibt.
Folgen wir dem einleitenden Vorwort im Buch, so gelangen wir direkt zu den ersten Rezepten. „Lauwarme Kohlrabi- Ravioli mit Kürbiskernpesto“ klingt zuerst nicht nach einem sonderbar raffinierten Gericht, der Teufel steckt jedoch im Detail. Wer denn etwas genauer das Rezept studiert, wird vergebens nach Zutaten wie raffinierten Zucker suchen. Sie selbst haben als Ersatz für dieses nährstoffarme Produkt den Reissirup für sich entdeckt. Auch ernähren sie sich oft vegan, glutenfrei und verzichten dabei gerne auch auf Laktose. So sind die in diesem Kochbuch inkludierten Gänge mit einem verständlichen Symbol für vegetarische, laktose- oder auch glutenfreie Kost versehen. Ganz so wie auf ihrem Blog, man muss sich also kaum umstellen.
Dieser Kohlrabi- Ravioli kommt ebenso absolut ohne Mehl aus, da die Füllung aus Kartoffel und Knollensellerie von zwei dünnen blanchierten Kohlrabischeiben gehalten wird. Man kann nun komplett auf den Nudelteig verzichten und einen gesunden Träger zum Einsatz bringen. Das begleitende Pesto wird zudem ohne den sonst so obligatorischen Parmesan, der ja eigentlich auch laktosefrei ist, hergestellt. Hier wird lediglich mit Kürbiskernen, Petersilie, Zitrone, Reissirup, Olivenöl und Meersalz gearbeitet.
Eine ganz besondere Stärke sind meiner Meinung nach deren Desserts und gebackene Kuchen. In eindrucksvollen Farben präsentiert sich hier auf den ersten Seiten ein „Lieblingserdbeerkuchen“. Der Boden wird mit Dinkelvollkornmehl zubereitet und ganz simpel mit frisch vermengten Erdbeeren, welche lediglich mit der Gabel unter Zugabe von Honig und Vanille verrührt werden, bestrichen. Ein Topping von ganzen Erdbeeren und Holunderblüten erledigt den Rest, voilà!
Nach diesem Konzept geht es munter weiter. Sie geben hier bei jeder Seite absolut Vollgas, und schaffen es auf diese Art nicht eines der unzähligen Bücher zum Thema „Vegetarische Kost“, welche eher durch mittelmäßige und schon tausendfach gesehene Rezepte versuchen, einen gewissen Touch von kreativem Umgang mit Lebensmitteln pflanzlicher Art zu erzeugen, herauszugeben. Nein, hier ist und bleibt man vom Anfang bis zum Ende authentisch. Das liegt auch an Gerichten wie den gegrillten Pfirsichen mit Pistazienstreuseln. Hier wird ganz bewusst mit dem interessanten Effekt bei Desserts gespielt, indem man hier und da mit salzigen arbeitet. Der Pfirsich wird nach dem Garen so mit einer Pistazienstreuselmischung , die mit etwas Meersalz angereichert wird, bestreut.
Zwischendurch gibt es immer wieder interessante Aufnahmen bei der exemplarischen Zubereitung der Speisen an auch ungewöhnlichen Orten. Zum Beispiel hält hier eine sehr alte Baracke dafür her, um noch einmal dessen offenbar längst ausgemusterten Ofen als Zentrum der Genüsse zu stellen. Ein letztes großes Aufkochen also!
Überhaupt wirkt dieses Buch immer eher nostalgisch und rückwärtsgewandt. Die Bühne für die Gerichte sind oft bodenständige Schüsseln oder Steinplatten. Die fertigen Speisen sind dabei farbenfroh als auch mit spannenden Licht- und Schattenspielen erzeugt. Auch hat man durch diese unaufgeregte aber doch nicht weniger anziehende Art der Bildsprache immer ein recht vertrautes Gefühl und es kommt selten der Eindruck auf, man könne diese Kunstwerke nicht auch selbst herstellen.
Um diese dann später auch in die Tat umzusetzen, ist auch alles Notwendige vorhanden. Sehr übersichtliche Rezepte, die allesamt für 2 bis 4 Personen tariert sind, werden hier aufgeführt. Die Abläufe sind logisch und schnell zu begreifen.
So wird wohl der bis dato sehr erfolgreiche Aufstieg der beiden weitergehen. Vielleicht kommt ja ein eigenes Restaurant dabei heraus. Aber die eigenen Wünsche sind bereits im Buch beschrieben und diese gehen eher in eine andere Richtung, leider.
Dort ist nämlich von einem Traum in Form eines eigenen kleinen Häuschens am Mittelmeer die Rede. Fernab der Großstadt und weit weg von allen Asien- und Orientläden soll es sein. Ein Steinofen werden sie dort haben und vor allen Dingen einen großen Garten mit vielen Obstbäumen.
Solange sie dann auch weiterhin uns solch klasse Bücher wie dieses hier zusammenstellen, habe ich nichts gegen die Erfüllung dieses Traums.
Für mich ist dieses Buch (bzw. der blog der beiden) auch eines der Besten auf dem Markt. Definitiv unter den Top 3 meiner Lieblingskochbücher 2015… Habe schon etwas daraus nachgekocht und für absolut köstlich befunden.. Kann dir bei deinem Lob also nur zustimmen 🙂
Liebe Grüße,
Ela