Ein komplett neues Erlebnis wurde uns versprochen. „Game of Chefs“ ist ein weiteres kulinarisches TV- Format mit einem recht zweifelhaften Bewertungsschema, dem ich kaum folgen konnte.
Fangen wir doch aber zuerst einmal mit dem Konzept an. Es wird wieder einmal im deutschen Fernsehen gecastet und das hier erneut rundenweise. Für jedes gezeigte Gericht tritt die Jury zusammen und verteilt Messer. Im besten Fall sind es drei, um weiter zu kommen reichen sogar schon zwei. Die Jury setzt sich aus drei Sterneköchen zusammen. Christian Lohse, Christian Jürgens und Holger Bodendorf bilden dieses erfahrene Trio. Logisch, dass hier bei einer Fernseh- Show natürlich die Geschichte hinter dem jeweiligen Kandidaten nicht fehlen darf. Die Zusammenstellungen der Kandidaten folgen hier keinem schlüssigen Muster. Es ist alles vertreten. Vom Profikoch mit dem Meisterbrief in der Tasche bis hin zum blutigen Amateur ist so ziemlich alles vertreten. Auch gibt es keine alterstechnischen Schranken. Junge und ältere Semester geben sich hier die Klinke in die Hand, so weit so gut.
In 60 Minuten sollte der Protagonist sein Gericht, welches absolut frei gestaltet werden durfte, fertigstellen. Der anschließenden Verkostung, welche in Abwesenheit des Kandidaten stattfindet, folgt unmittelbar das Urteil. Interessant ist anfänglich schon, auf welche Art und Weise der jeweilige Sternekoch das Essen erstens seziert, beriecht, antatscht, auseinanderlegt, auftürmt und teilweise bei Nichtgefallen sogar dem Nachbar auftischt. Selbst das mit den Händen essen mag ja am Anfang noch schmunzelnd bei mir aufgenommen werden, nervt mich aber dann doch spätestens nach dem dritten Teller gewaltig, das laute Schmatzen und Fingerablecken ebenso. Eine ganz besondere Rolle spielt dabei Christian Lohse, aber die Rituale sind ja höchst unterschiedlich, ich muss ja nicht alles mögen.
Kritischer wird es dann aber bei der Beurteilung. Bevor die Juroren sich einen Gedanken über das jeweilige Gericht gemacht haben, wird viel lieber darüber philosophiert, wie alt und vor allen Dingen welchen Geschlechts doch die zubereitende Persönlichkeit sei. Was das mit der Präsentation und vor allen Dingen der Sensorik und dem resultierenden Gesamtergebnis zu tun hat, erschließt sich mir nicht. Dass dann aber Gerichte wie Spaghetti (aus der Tüte) in Basilikumrahm ohne Gambas (die Kandidatin hat es in der vorgegebenen Zeit nicht geschafft und wirkte auch sonst recht unorganisiert) mit einem separat angerichteten Mandelkuchen (die Zusammenstellung ist eigentlich auch zu hinterfragen) hochgelobt werden, und ein weiterer Kandidat einen Teller mit einem „spektakulären“ und zusätzlich durch Herrn Lohse mit einer „1+“ geadelten Rinderfilet daherkommt, rausfliegt, weil dessen Gemüsekombination nicht so ankommt, irritiert mich dann schon. Obwohl er dort tourniert, ausgestochen und nebenbei ein Kartoffelpüree zubereitet hatte, reicht es nicht aus, um genügend Messer der Juroren zu erhalten.
Dennoch ist hier einmal würdigend anzumerken, dass man sich endlich auch einmal normalen Kochprofis der deutschen Gastronomie widmet. Bei all den unzähligen Kochshows, die es leidlicher Weise im deutschen Fernsehen gibt, sind viel zu selten echte technisch begabte Talente zu finden. Zu viel Halbwissen und Effekthascherei ist allzu häufig in den Küchenschlachten und Co. zu sehen.
Da kommt der Teller von Alexander Hoppe für mich wie gerufen. Ein zwar recht technischer und vor allen Dingen durchdachter, in den Augen von Christian Lohse aber viel zu emotionsloser Teller, der bei ihm keinen Anklang findet. Und hier zeigt sich die Schwäche der Jury in all Ihren Facetten. Wo Christian Lohse den Teller ablehnend durchfallen lässt (er hat noch nicht mal einen Bissen genommen, da entgegnet er schon, dass er im Restaurant beim Anblick dieses Tellers gegangen wäre), geht Christian Jürgens ein Herz auf und das zeigt er offenkundig bereits beim Sichten des Ganges. Er prüft genau. Er lobt diesen Teller und auch den Koch in den höchsten Tönen.
Ich habe immer wieder das Gefühl, dass bei Erkennen einer professionellen Hand, anders bewertet wird, man viel kritischer mit dem Gericht umgeht. Insofern bin ich gespannt, wie sich das Konzept weiterentwickeln wird. Komplett neu scheint mir hier so rein gar nichts zu sein. Vielleicht schafft man es ja, mehr von Köchen wie Christian Jürgens zu zeigen, die durch die anerkennende aber dennoch kritische Art und Weise bewerten aber dabei nie den nötigen Respekt vermissen lassen. Polarisierende Köche, die sich beim Richterspruch vor allen Dingen auf das „in-der Luft-zerreissen“ freuen, gibt es zuhauf und braucht auch eigentlich kein Mensch.
Recht am Bild © VOX / Andreas Friese
Ich bin ganz Ihrer Meinung, bezogen auf andere Castingformate sitzt dort ein zweiter Dieter Bohlen (den definitiv niemand mehr braucht) neben Lenny Kravitz und Co.. Schade, dass es viel zu oft um Effekthascherei geht. Einzig Christian Jürgens kritisiert konstruktiv die einzelnen Komponenten der Teller und geht auch in die Tiefe. Und die anderen Beiden? Der eine verreißt schonungslos exakte Technik und Geschmack während der andere seine Messer nahezu kritiklos an Gott und die Welt vergibt. Da war ja selbst „The Taste“ objektiver in den Blindverkostungen. Schade! Bleibt nur zu hoffen, dass man von Jürgens noch etwas mehr zu sehen und (für mich als Hobbyköchin) zu lernen bekommt.
Zu meiner Entschuldigung: Ich konnte nicht schlafen und habe mich nachts in die Wiederholung reingezappt. Unter anderen Umständen hätte ich mir das nicht angesehen. In meiner Schlaflosigkeit fühlte ich mich aber ganz gut unterhalten. Man darf dabei nicht vergessen, dass es sich eben um Fernseh-Unterhaltung handelt und nicht um eine Abiturprüfung oder einen Medikamententest. Dazu gehört auch die charmante 18-Jährige, die wie ein Model aussieht und der Opa mit dem tragischen Schicksal. Dass da einfach nur drei verdiente Köche sitzen, die nach handwerklichen Kriterien Essensproben beurteilen, wird im Mainstreamprogramm ganz sicher nicht stattfinden. – Warum auch?
Gehe völlig d’accord. Soeben die zweite und letzte Folge gesehen. Ich habe die drei Köche genau beobachtet, und konnte heute für mich eine positive Veränderung bei Herrn Bodenforf feststellen.
Herr Jürgens dagegen, dem ich – kleinkariert wie ich scheinbar bin – bereits letzte Woche über sein Restaurant die Kritik habe zukommen lassen, er möge doch das ständige Ablecken des Messers in der Öffentlichkeit unterlassen, weil man schon kleinen Kindern beibringt, daß sich das nicht gehört, hat heute… tataaaa… nicht nur das Messer abgeleckt, sondern dieses demonstrativ ein zweites Mal in die Soße getunkt, um es dann dem Kollegen zur Rechten zum Ablecken hinzuhalten. Nun könnte man unterstellen, er habe eine gewisse Art Humor. Ich finde es allerdings nach wie vor ungehörig und unappetitlich, zudem ist es ganz offensichtlch ein Affront. Über Herrn Lohse ist alles gesagt. Dies ist eine einzige Demonstration schlechter Manieren; die Freude an guten Lebensmitteln, appetitlichem Essen und dessen Verkostung gerät in dieser Sendung völlig in den Hintergrund.
Ich werde ganz sicher keines der Restaurants dieser Köche besuchen; ich muß davon ausgehen, daß dort gute Umgangsformen nicht an der Tagesordnung sind.
Also ich amüsier mich total über die Sendung, finde toll, dass drei Köche unterschiedliche Herangehensweise an die Gerichte haben. Natürlich geht es ungerecht, weil subjektiv zu. Das passiert jedem Koch mit Restaurantkritikern genauso. Auch die sind von Laune und Tagesform abhängig und urteilen danach.
Am besten hat mir gefallen, dass der Typ mit dem Paläoessen, der die Lüge von der Steinzeiternährung promotete und der Veganerguru mangels Qualität von Analoglebensmitteln rausflogen. Die Zusammenstellung der Teams ist schön heterogen, die Teamchefs haben alle Ahnung von dem was sie tun und ich bin gespannt, was beim Kochen rauskommt.
Bislang gab es noch keine Sendung im deutschen Fernsehen, in der moderne Kochtechniken massiv vorgestellt wurden, vielleicht ändert sich das in dieser.
Andree, ich rate Dir mal die aktuellere TV- Kritik von gestern durchzulesen, darin erfährst Du auch, was konkret dazu führt, dass man diese Art der Beurteilung nicht zulassen sollte. Es geht hier ja nicht um einen Blumentopf oder Ruhm und Ehre. Es geht um einen gehörigen Batzen Geld. 100.000 Euro sollten auch entsprechend fair zu erreichen sein. Subjektivität ist bei Geschmacksfragen immer ein heikles Thema, trotzdem kann man das auch noch nach obejktiven Gesichtspunkten bewerten. Sensorik, fachliche Umsetzung, Schwierigkeitsgrad oder eben auch die geschmackliche Wahrnehmung kann man bewerten, gerne auch mal mit polarisierenden Phrasen, das macht der Gault & Millau ja auch micht anders. Lies Dir das mal durch.
Ansonsten finde ich es toll, dass diese Sendung normalen Köchen den Weg ebnet, den Beruf mal ordentlich zu präsentieren.