Die Australier haben in letzter Zeit rein kochtechnisch recht viel zu bieten. Kochgrößen wie Peter Gilmore, Ben Shewry, Brent Savage oder nun auch Martin Benn geben auf dem kleinsten Kontinent dieser Erde Vollgas. Kränkelt die Kochbuchlandschaft hierzulande meiner Meinung nach mit recht monoton produzierten kulinarischen Momentaufnahmen, liefern die Jungs von Down Under einen Exportschlager nach dem anderen. Peter Gilmore brachte kurz vor Weihnachten sein zweites Buch mit dem Titel Organum noch heraus und Martin Benn steht nun zusammen mit der Betreiberin Vicki Wild in den Startlöchern und das nimmt uns mit auf eine beeindruckende Reise.
„Sepia: The Cuisine of Martin Benn“
Martin Benn
Photographie: Gary Heery & Jennifer Soo
Murdoch Books
2014, Australia
256 S., gebunden
42,00 €
ISBN: 978-17433-6063-7
Ihr gemeinsames Projekt heißt „Sepia“, es handelt sich hierbei aber nicht um ein gewöhnliches oder gar alltägliches Restaurant. Das Vorwort von Martin Benn eröffnet dem Leser sogleich eine höchst offene Umgangsweise mit den hier zur Verfügung gestellten Rezepten. Diese Sammlung von 66 rezeptierten Gerichten, die unterteilt in 4 große Menüs mit je 14 Gängen und einem Dessertteil ist, soll ausdrücklich dazu genutzt werden, um mit diesem Wissen zu experimentieren, sich dabei inspirieren zu lassen um dabei eigene Gangfolgen zu kreieren. Dieses Buch repräsentiert verschiedene Gerichte der letzten fünf Jahre seines Schaffens.
Der gebürtige Engländer, welcher in Hastings aufwuchs, erzählt aber zuerst in diesem Buch seinen Werdegang und über den Weg an die Spitze der australischen Kochgrößen. Schon mit 14 Jahren, war er sich sicher, ein Koch werden zu wollen. Die Eingebung seiner Mutter, dass ein guter Koch Hastings als bald als möglich verlassen muss, folgte er. Er ging nach London und die erste Stelle war auch gleich ein Härtefall für ihn. In diesen Zeilen berichtet er vom ständigen Druck, der Angst dabei zu versagen und von Tellern, denen man schon ansieht, dass sie von einem überforderten Postenkoch zubereitet worden sind. Wunderbar beschreibt er das Schicken eines so banalen wie auch anspruchsvollem Klassikers, welcher im „Le Méridien Hotel“ am Picadelly Circus jeden Tag aufs Neue serviert wurde. Die Annonce des „Omlette mit saisonalen“ Beilagen jagte nicht nur ihm jedes Mal Angst und Schrecken ein. Seine Darstellung dazu ist einfach köstlich und authentisch, beinahe jeder Koch hat solch ein Märtyrium durchleben müssen.
Martin Benn auf Twitter
Die folgenden Stationen lesen sich nicht weniger amüsant und erinnern dabei teilweise an die Erzählungen ganz im Stil von Anthony Bourdains „Geschichten eines Küchenchefs“ auch wenn Sie bei weitem nicht so umfangreich sein mögen.
Was sich aber als recht umfassend erweist, ist die Darstellung der Ergebnisse seiner spannenden Laufbahn als Herdkünstler. Die oben schon erwähnten Menüs, vier an der Zahl, sind jeweils in der nun zeitgemäßen Variante aufgeführt. So belässt er es bei der simplen Benennung der hauptsächlich benutzten Rohstoffe. Das klingt dann in etwa so:
„Urchin Roe, Miso, Eggplant, Seaweeds“.
Doch das Abstrakte währt nicht lange, wird doch auf den anschließenden Seiten der Leser recht schnell und ausgiebig über die Zusammenstellungen aufgeklärt. Neben der Abbildung finden sich natürlich die benötigten Rezepturen des Ganges, welche in aller Regel für 8 Personen gedacht sind. Obendrein gibt es dafür noch eine sehr konkrete Weinempfehlung, das halte ich für sehr sinnvoll und sollte bei jendem Kochbuch zwingend mit angegeben sein. Die Mengenangaben sind dabei gleichzeitig in metrischen als auch amerikanischen Maßen angegeben.
Sepia Restaurant Sydney – A Day in the Life
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Beim Sichten der Rezepte scheint Martin Benn ein Faible für selbst hergestellte Pulver und Puder zu haben. Auch scheint er den asiatischen Edelprodukten wie Hamachi, Yuzu, Yellowfin Thunfisch oder Miso erlegen zu sein. In eine regionale Schublade kann man ihn aber auf keinen Fall stecken, setzt er doch auch stark auf importierte Ware. Den regionalen Aspekt berücksichtigt er nicht so dramatisch, wie andere Köche Australiens.
Vom Design des Buches ist man hier zu meiner Freude auch wieder etwas mutiger gewesen. Ein seidig gewebter Stoff, der ganz in der Optik des Bodens vom Sepia gehalten ist, umgarnt dieses Hardcover. Das vermittelt Stil und Geschmack. Dieser geht also einher mit dem restlichen Inhalt, welcher von der Schriftart immer gut lesbar und übersichtlich gehalten ist. Einzig und allein das Hochglanzpapier verlangt vom Leser immer saubere Hände ab, verewigt sich sonst jede Fettspur auf alle Zeiten. Dafür treten aber die Foodbilder umso kontrastreicher und knalliger in Erscheinung.
Dieses Werk offenbart dem Leser eine große Bandbreite an Techniken der Rohstoffverarbeitung und macht sich bei diesem günstigen Preis ganz gewiss in vielen Kochbuchecken gut. Sepia ist also ein weiteres sehr gelungenes Importbuch.