Der Po ist der größte Fluss Italiens und zugleich eine zentrale Achse einer sehr stark vom Handwerk geprägten Kultur. Zu diesem Handwerk zählt freilich auch das Kochen. Kaum eine andere Tätigkeit ist derart von Traditionen und Ritualen durchzogen, wie das Zubereiten der täglichen Speisen. Ob es der Adel ist oder die bürgerliche Küche, die Italiener haben eine ganz besondere Beziehung zu ihren Produkten und der Umgebung aus der sie stammen.
“Il Po: Kulinarische Impressionen”
Michael Langoth
Gestaltung: Studio Trizeps
edition styria
2014, Wien
224 S., gebunden, 39,99 €
ISBN: 978-3-99011-070-6
Hierzulande hat sich noch lange nicht eine derart liebevolle und qualitativ hochwertige Hausmannskost an den heimischen Herden entwickelt. Eine solche zentrale Funktion hat das Essen in den deutschen Haushalten nie gekannt. Ein Buch zeigt seit einigen Wochen, welche Faktoren ursächlich verantwortlich sind. Sie offenbart wie Menschen ihre Lebensmittel produzieren und warum man in dieser Region Italiens, in der Nähe zum Po also, so gut kocht und welche Kochtechniken hier zum Tragen kommen. Vordergründig ist dies aber wiederum kein Kochbuch, dafür beschäftigt sich „IL PO“ zu sehr mit den kulinarischen Glaubenssätzen. Einer großen Ebene südlich der Alpen wird auf mehr als 220 Seiten ein Podium geboten.
Für dieses Buch zeigt sich in erster Linie Michael Langoth verantwortlich. Er ist Fotograf, Musiker und auch Koch möchte mit diesem Titel einen profunden Einblick in eine herausragende Kochkultur gegen. Wie gelingt ihm das? Er lässt zuerst die Bilder sprechen. Impressionen von Land und Wasser, Städte die von Hängen und Gebirgen umgeben sind und so ein ganz eigenes Mikroklima entwickelt haben, gefolgt von alten Wasserwegen, die fast schon eine Parallelwelt voller Einsamkeit und innere Ausgeglichenheit fern der Autobahnen, Industrieanlagen und Touristenmassen widerspiegelt. Gefolgt von ein wenig Nachhilfe in Sachen „Kulinarischer Geschichte“, die von der aus heutiger Sicht vielleicht abstrakten Steinzeit (10.000 v. Chr.) in mehr als 21 entscheidenden Zeitsprüngen vermittelt wird.
Daraufhin wird es konkreter. Märkte verschiedener Städte und Orte gilt es nun zu erkunden. Man erfährt von einem der größten Lebensmittelmärkte Europas. „Il Mercato di Porta Palazzo“ in Turin überzeugt laut diesem Buch durch seine Vielfalt und Qualität, ist er zudem noch im Vergleich zu den Nachbarländern sehr günstig. Abbildungen gibt es auch von Plätzen kleinerer Sorte, wie dem Fischmarkt in Chioggia, welcher an jedem Vormittag Angebote mit Lieferungen aus der Lagune und dem Adriatischen Meer aufwartet. Noch detaillierter wird es bei den urtypischen italienischen Produkten, die auch bei uns zumeist erhältlich sind.
Die Rede ist vom Parmigiano Reggiano, dem Prosciutto die Parma, der Culatello di Ziebello (Salumi), Polenta und dem wohl in Deutschland auch sehr bekannten Balsamicoessig „Aceto Balsamico tradizionale di Modena“. Allen wird auf einigen Seiten ein umfassendes Porträt gewidmet. Sehr eindrucksvolle Aufnahmen der Produktionsstätten und der fertigen Güter geben auch die zuvor angesprochene Identifikation zum Handwerk und dem daraus resultierenden Produkt wieder.
„Handwerkliche Intelligenz“
Der weitere Umgang mit diesen tollen Zutaten ist nun im nächsten Kapitel der wesentliche Inhalt. Hier trifft der Leser zum ersten Mal auf so etwas Ähnliches wie eine Kochanleitung in der primär man unter dem Stichpunkt „Basics“ über die Prinzipien und Varianten informiert wird. Was braucht man eigentlich für die grundlegende Zubereitung der meisten italienischen Klassiker. Diese Ingredienzien passen auf gerade einmal zwei Doppelseiten, was erneut symbolisch für die Einfachheit dieser südländischen Mittelmeerküche steht. Auch diese Kochphilosophie legt besonderen Wert auf gute Qualität bei der Auswahl und stellt zu einigen Produktgruppen noch ein paar sinnvolle Hinweise zur Verfügung. So wird zum Beispiel bei der Zubereitung von Tomatensuppe explizit von frischen nachgereiften Tomaten abgeraten, mit einer Dosentomate (Pelati) ist man viel besser bedient.
„Gutes Essen ist einfach“
Verständlicherweise wird der Pasta, neben dem Risotto die Mutter aller Beilagen aus Italien, ein extra Abschnitt mit 12 Seiten voller Geschichte, Techniken, geeigneten Utensilien und einigen Sorten überhaupt gewidmet. Die Rezepteabteilung wird zudem mit einem einfach gehaltenen Gericht von „Tagliatelle ai Funghi Porcini“ eröffnet. Aufgebaut sind die vorgestellten Gerichte alle gleich. Einige Zutaten aus den Gerichten werden mit ausführlicheren Geschichten oder auch Weisheiten näher umschrieben.
Der Einkaufszettel und die Zubereitung folgt auf dem Fuße. Zusätzlich kann sich der Betrachter ohne auch nur eine Zeile Text zu lesen über die unten abgebildeten Produktfotos ein Bild machen, inwiefern welche Waren denn gebraucht werden. Praktisch und unmittelbar. In diesem Stil werden so einige italienische Gänge, oft auch bekannte Kompositionen, vorgestellt. Die beliebten „Penne alla Carbonara“ genauso wie die Salbeignocchi.
„Kochen als regionale Identität“
Auch technisch anspruchsvolle Pastakreationen wie den „Raviolo all` Uovo“, einem Riesen- Raviolo, welcher vorsichtig mit einem flüssigen Dotter im Blattspinatring gefüllt wird, runden das Potpourri ab.
So wird hier viel an italienischem Flair auf dem Tisch geboten. Bis auf Desserts findet hier wohl jedes Geschmäckle eine passende Speise.
Hinweis der Redaktion
Ein Teil der besprochenen Produkte wurden von Unternehmen zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.