Berlin, ick liebe Dir! Die Stadt ist bunt und quitschfidel. So könnte ein sehr kurzes aber auch prägnantes Fazit für dieses Buch lauten. Aber Ihr habt es ja gerne auch einmal ausführlicher, so gibt es für dieses Buch natürlich eine Rezension im gewohnten Umfang.
Ein wesentliches Merkmal der Berliner Gastronomie ist das wirklich gute Netzwerk jenseits allen Konkurrenzdenkens. Hier kennt jeder jeden und man versucht auch des öfteren Aktionen miteinander zu veranstalten. Im Kern gibt es da so einige Protagonisten, die dieses Netzwerk pflegen und vieles dafür geben, es am Leben zu erhalten.
“Berlin: Das Sommer- Kochbuch: Die Stadt kocht“
Cathrin Brandes & Florian Bolk
Fotografie: Florian Bolk
Le Schicken Verlag
Berlin, 2014
192 S., gebunden, 19,95 EUR
ISBN: 978-395-64200-3-0
Cathrin Brandes und Florian Bolk sind solche Personen.
Sie wuchs auf in Madrid, war einst Juristin und ist nun Gastronomieberaterin und seit 2010 Foodbloggerin. Gäbe es den Beruf einer Kartografin für die kulinarischen Landschaften von Berlin, sie könnte das zweifelsohne übernehmen.
Er ist gebürtiger Berliner, Food- Fotograf, Gründer des „Le Schicken“ Verlag und Herausgeber des gleichnamigen Kochmagazins und ebenso absoluter Kenner der Berliner Gastroszene.
Diese beiden Macher haben sich zusammengetan und stellen nun schon zum zweiten Mal Berlin als den sommerlichen Hotspot in Deutschland dar. Das Buch ist knallig in den Farben und genauso werden auch die vielen Akteure porträtiert und eingerahmt. Selbstbewusst aber nicht selbstverliebt. Bauch rein und Brust raus ist die Devise. Wir zeigen, was wir können und nehmen uns dabei aber nicht zu ernst.
Dabei geht es aber nicht bloß um die Köche. Auch Schauspieler, Designer und andere Bewohner der Spreemetropole kommen hier zu Wort. Maxim Mehmet isst zum Beispiel gerne Eis und kann auch ganz gut Risotto kochen. Esther Perbandt ist bekennende Nicht- Köchin und begründet das mit ihrer Ungeduld, essen macht ihr trotzdem Spaß. Wo das in Berlin mit am schönsten zu zelebrieren ist, erfährt man weiter hinten. Michael Höpfl, mit einem noch ganz frischen Stern des Guide Michelin ausgezeichnet, zeigt das täglich im „Pauly Saal“. Hier mit einer „Makrele von der Roti mit Gartengemüse und Landschinken“.
Bei Jörg Behrend aus dem „Hotel de Rome“ nahe Friedrichstraße gibt es hochwertige italienische Küche aus dem Restaurant „Parioli“ zu bestaunen. „Sardinen am Stock, Beccanifico“ und ein Rezept von „Gegrillten Calamares, mit mediterranem Gemüse gefüllt“ darf auch nicht fehlen. Alle Gerichte sind dabei neben ihrer reinen Präsentation natürlich noch mit den Zutaten und Zubereitungsanleitungen ausgestattet.
Zwischen all den verschiedenen Köchen kommen auch die Eisproduzenten zum Zuge und man kann Eiskreationen verschiedenster Couleur bestaunen. Mit dabei sind Marion Schmid („Eisbox“), Falk Rahn („Vanille & Marille„), Reimar Philipps („Rosa Cantina„) oder der über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Niko Robert mit einem Limettensorbet aus dem „Hokey Pokey“. Überall dort ist eine kreative Abkühlung garantiert.
Was wäre aber Berlin ohne Wein- & Barszene? Sie wird in diesem Buch gebührend dargestellt. Oliver Lloyd Boehm kredenzt eine „Rose of Spanish Harlem“ während Philip Bischoff von der „Amano Bar“ mit einem „Wonderland“ und „The Henry“ für eine frische Brise sorgt. Für Weinliebhaber dürften die Empfehlungen von Holger Schwarz („Viniculture“), Frank Krüger („Wein & Glas“), Marco Weinhold („Monkey Bar“) und Nancy Großmann („Weinladen Schmidt“) erwähnenswert sein.
Nicht auszudenken, gäbe es in der Hauptstadt kein Streetfood? Die Burger haben ihren Aufstieg gehabt (Jürgen Klümpen | „Burger de Ville„) und auch asiatisches Fastfood ist allgegenwärtig (Si An Truong | „District Môt“) .
Das Buch spiegelt das Berlin wunderbar wieder. Mannigfaltig. Künstlerisch. Rotzfrech. Laut. Weltoffen. Gesellig. Bunt. Gut gelaunt. Inspirierend. Multikulturell. Schmackhaft. Bezahlbar. Vibrierend. Einzigartig.
Hallo,
leider gehören zu den Contras auch Fehler in der Rezeptur von Martin Buchholz beispielsweise (ich kann mir kein Rezept für einen Schokoladenkuchen mit 80 g Backpulver vorstellen!) und Fehlangaben im Quelltext. Der Verweis auf den Weinladen Schmidt mit der Seite 160 ist leider nur dicht daneben, richtig ist die Seite 166.
Ich habe das Buch gekauft, um es zu verschenken. Nun leider mit einem bisschen schlechten Gewissen.
Berlin ick liebe dir. Und vermisse dich seit über 2 Jahren.