Holger Bodendorf kocht schon seit so einiger Zeit im Landhaus Stricker. Er steht deswegen nicht umsonst für Beständigkeit und ausgesprochene Gastfreundlichkeit. Sein letztes Jahr herausgegebenes Kochbuch „Eine Prise Sylt“ mag für den einen oder anderen ein unfreiwilliges Werbeprospekt für Sylt vom Verlage „Collection Rolf Heyne“ sein, welches die Insel aber so kaum braucht und von den Schaffern schon gar nicht als solches verstanden werden will. Vielmehr wird auf den 320 Seiten eine Woche beim Landhaus Stricker zelebriert, mit all seinen Protagonisten, die Tag für Tag für das leibliche Wohl im Restaurant sorgen und natürlich die kulinarischen Genüsse nicht zu vergessen, welche zudem wunderbar abgelichtet und, wie es sich ja für ein Kochbuch gehört, auch noch rezeptiert sind.
“Eine Prise Sylt:
Sieben Tage. Hundert Rezepte.″
Holger Bodendorf
Fotografie: Christa Engstler & Marc Rehbeck
“Willkommen im Landhaus Stricker”
München, 2012
320 S., gebunden, 49,90 EUR
ISBN: 3-89910-516-8
Bodendorf ist anders. Er kocht nicht so radikal regional, wie bei vielen fachmännischen Landsmännern derzeit der Trend es ihnen aufzwingt, vielmehr ist seine Küche schwer in eine spezielle Schublade zu drücken. Er bedient ein weites Feld an lukullischen Themen, oft mit mediterranen Einflüssen aber auch asiatische Tendenzen sind hier und da zu erkennen Manchmal dürfen es auch französische Klassiker sein oder der punktuelle Einsatz von Inselprodukten wie Nordseekrabben dient als Inspirationsquelle. So begibt er sich nicht auf Terrain, welches durch Grenzen der regionalen Verfügbarkeit einschränkt.
Auf eine einwöchige Gourmetsafarie wird geladen und diese sind in dem Buch zu sieben Kapiteln für die entsprechenden Wochentage zusammengefasst. So dient der erste Tag dem Leser als Ankunft und dem Team als Möglichkeit die Insel Sylt und das Landhaus samt Team vorzustellen. Einleitend gibt es dazu acht Appetitanreger, wie zum Beispiel einen getrüffelten Bohnensalat mit marinierter Foie gras, geräucherter Kabeljau mit Kartoffel- Lauch- Fond oder gebratene Lammfilets mit grobem Pesto.
Um sich selbst noch etwas dem Leser darzustellen, zeigt Bodendorf zuerst noch sieben Lieblingsgerichte seiner Wahl, und signalisiert somit die hochwertige Qualität, welche in dem Buch folgen wird.
Den folgenden Morgen lässt man sodann, in Erwartung an einen guten Tag, im Landhaus Stricker mit einem gelungenen Frühstück angehen. So folgen dem Rezepturen für ein Müsli mit der Bezeichnung „Landhaus Stricker“, ein hausgebeizter Lachs und ein Klassiker namens „Ei- Benedikt“ nach Holger Bodendorfs Art mit Hummer, Brioche, Wachtelei und Trüffelhollandaise. Ein nicht bescheidener aber doch stilvoller Start in den Tag. Gerade auf Sylt mit seinen sonnigen aber auch sehr wolkenverhangenen Tagen braucht man ganz besondere Abwehrkräfte. Wenn ich mich nicht falsch erinnere, hat man doch Müsli früher sogar als Arznei verschrieben bekommen, …also denn.
Der dritte Tag dient absolut der Erholung. Wellness und dazu passende leichte Kost wird diesem zugeschrieben. Er bedient sich im diesem Teil leichter und kurzgebratener Produkte, wie Kalbstafelspitz, Garnelen und Calamaretti und arrangiert sie zusammen mit sautierter Melone, Petersilienvinaigrette und Pfeffermarinade. Bei einem Mahl rückt Bodendorf die tierischen Beilagen gar nicht erst in den Mittelpunkt, indem er eine gebackene Artischocke mit Chorizzo- Sabayone kredenzt. Sowas findet man heute kaum noch.
Auf diese Art und Weise wird der Leser die restlichen 4 Tage auf Sylt begleitet. Unter anderem geht es dabei um „Einen Abend im Landhaus Stricker“, „Einen Mitternachtsnack“, „Easy Rider für große und kleine Jungs“ oder „Moin, moin bei Sonnenuntergang“. Ein volles Programm bucht der Käufer dieses Buches, welches keine Ecken auslässt.
Diese Tour der Genüsse wurde von Christa Engstler und Marc Rehbeck in Szene gesetzt, welche die Teller absolut passend im typischen Sylter blau- grauem Farbraum platzierten und so eine harmonische und unaufgeregte Fotografie bewerkstelligt haben. Wunderbare Porträts des Personals und Bilder von Holger Bodendorf, welche in solch einzigartig inszenierten Varianten eher in der Gala zu finden sein sollten, sind wohl dem extrovertiertem Charakter seiner selbst geschuldet. Nicht viele Köche verstehen es, sich so zu präsentieren.
Aber gerade auch die wolkenverhangenen Bilder Sylts sind für mich in diesem Buch sehr beeindruckend. So habe ich Sylt bei meinen Besuchen meistens kennen gelernt, aber auch diese Seite ist unwiderstehlich und auf jeden Fall eine einwöchige Tour wert, erst recht mit diesem Reiseführer.
Quellenangaben:Copyright 2012 Christa Engstler & Marc Rehbeck Hinweis der Redaktion
Ein Teil der besprochenen Produkte wurden von Unternehmen zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.