Die alljährliche kritische Ansprache des Gault & Millaus galt dieses Mal unter anderem all` denjenigen, welche mit breiter Brust behaupten, sie köcheln Ihr Süppchen mit saisonalen und vor allen Dingen regionalen Produkten. Als widersprüchlich bemängelt dieser Führer dann das Ordern der gepriesenen Ware beim Großhandel.
“Ole Deele – Das Kochbuch″
Andreas Tuffentsammer
Fotografie: Mona Binner
Gestaltung: Michael Allocca
Burgwedel 2012
174 S., gebunden, 39,00 EUR
ISBN: 978-30003-974-62
Die eigene Darstellung der Küche „Ole Deele“ geht sogar noch einen Schritt weiter. Ganz selbstbewusst wird auf der eigenen Internetseite von „genial regional“ geschrieben. Andreas Tuffentsammer erhielt zusammen mit seinem Team 2012 den 1. Stern vom Guide Michelin und untermauert die oben genannte ortsbezogene Warenbeschaffung mit der Nennung von 20 verschiedenen Händlern, welche ihn mit Produkten versorgen. So kann sich jeder selbst seine Meinung bilden und hier wird einmal mehr das Medium Internet konsequenterweise als aufklärendes Mittel richtig eingesetzt.
Verarbeitet er denn die Ware auch wirklich so genial? Das verrät ein Blick in das zuletzt erschiene verlagsfreie Buch im Softcover. Dort geht es dann auch gleich unverbindlich nach einer kurzen Einleitung mit den ersten Amuse Bouches los.
Da liest man „Senfei“, „Mettstulle“ und „Strammer Max“. Zeitgemäße und unaufgeregte Interpretationen der immer wieder gern aufgegriffenen Klassiker offenbaren sich hier.
Daneben haben noch vier weitere Appetitanreger sowie 4 Brotrezepte Platz und der Anfang wäre gemacht, soweit so gut.
Genauso überzeugend ist die Darbietung des Hauptteils, welche hier und da auch sich dem Thema der Neuerfindung kulinarischer „Evergreens“ unterwirft, sich aber dennoch vorbehält vorwiegend eigene Wege zu gehen.
Ein schönes Beispiel hierfür sind Gänge wie z.B. die „Taube & Quinoa“ mit Topinambur, Brombeere und Gänseleber oder wie das „Juvenil- Ferkel“ mit Kräuterbrioche, Malzbier- Jus und Kapuzinerkresse. Alle Gerichte wirken sehr aufgeräumt und in Ihrer Darbietung in sich stimmig.
Die Käsegänge als auch die Desserts reihen sich allesamt in das Konzept des Buches ein, nicht durch überladene Teller und extravagante Techniken der Zubereitung zu brillieren, sondern bei aller Weiterentwicklung immer noch nachvollziehbar zu kochen.
Die Bildersprache geht einher mit dem, was auf dem Teller passiert. Sie zeichnet sich durch einen harmonischen und gut ausbalancierten Stil aus. Dabei kommt sie gänzlich ohne allzu starke Schattenspiele aus und lenkt so nicht vom Geschehen ab. Das Gericht ist der Star.
Es ist auch für mich das erste Buch dieser Qualitätsgüte, welches komplett in Eigenregie gehandhabt wurde. Es steckt dahinter kein Verlag. Man wollte sich keinen Kompromissen beugen, um ein möglichst unverfälschtes, ehrliches und authentisches Werk herauszubringen.
Obendrein wird in diesem Buch auch die stets geforderte Nachkochbarkeit der Gerichte suggeriert, trotz des hohen Niveaus, welches hier durchweg geboten ist.
Und so können die Herrschaften der Restaurantführer tausendmal gegen allzu lyrische Gerichtsbezeichnungen, welche auch hier Anwendung finden (z.B. „Spargelfeld“, „Reh im Wald“ oder Gemüsebeet), wettern. Ich finde das nicht so schlimm, ganz im Gegenteil.
Ein zweites Werk wird hier und da angekündigt. Es bleibt zu hoffen, dass es in die Tat umgesetzt wird, weil wunderbar ästhetische Ansätze einer nachvollziehbaren aber doch sehr gehobenen Küche gezeigt werden, und diese zudem immer wieder Garant für die besten Inspirationen eines Lesers sind. Und in diesem Team unter der Führung eines Andreas Tuffentsammer scheint noch viel entstehen zu können.
Quellenangaben:
Bilderrechte © Mona Binner
Hinweis der Redaktion
Ein Teil der besprochenen Produkte wurden von Unternehmen zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.