Ikarus wurde auferlegt, niemals zu hoch zu fliegen, da er ansonsten seine nur mit Wachs befestigten Flügel verlieren und er beim Griff nach der Sonne, dramatisch abstürzen würde.
Ein Absturz aus dem Kocholymp ist im Restaurant „Ikarus“ wahrscheinlich nicht zu erwarten, gleich wohl die auftretenden Stars der irdischen Kochlandschaften, welche nicht nur hier in kaum zu erahnende kulinarische Höhen enteilen.
So wird aus einer Flugzeughalle ein Treffpunkt der Kochszene. Seit Bestehen des Restaurants gibt es dort jeden Monat einen Gastkoch, welcher seine Art des Kochens dort zusammen mit Roland Trettl & seinem Team zelebriert.
„Das Hangar-7 Kochbuch 2011“
Roland Trettl
Gestaltung: Athelier Seethaler, Hallein
Fotografie: Helge Kirchberger
Collection Rolf Heyne
München, November 2011
262 S., gebunden, 49,90 EUR
ISBN: 978-3-89910-375-0
„Wer hier auftritt, darf sich also ruhig geadelt fühlen.“
Die Gästeliste liest sich wie das „Who is who“ der weltbesten Küchenchefs und vermittelt nur ansatzweise, auf welches Netzwerk hier R. Trettl und sein Patron
E. Witzigmann zurückgreifen können:
Massimo Buttora, Christian Jürgens, Margot Janse, Daniel Couet & Paul Svensson, Andreas Caminada, Grant Achatz, René Redzepi, Stefano Baiocco, David Higgs, Cornelia Poletto, Hans Välimäki, Sergio Herman, Jordi & Joan Roca, Marcus G. Lindner, Tim Raue und D. Redondo & H. Rizzo
Und das waren noch längst nicht alle. Wer hier auftritt, darf sich also ruhig geadelt fühlen. Wenn man weiß, dass R. Trettl fließend Deutsch, Italienisch, Spanisch und Englisch spricht, stellt sich dann eigentlich nicht mehr die Frage nach der Kommunikation bei all den internationalen Größen.
Grund genug dem ganzen jährlich ein Buch zu widmen. Das ist bereits das Vierte und es ist wahrhaftig eine Bereicherung, da es eine enorme Bandbreite bietet. Die verschiedenen Köche aller Kontinente bringen das automatisch mit sich.
„Die Food Fotos von Helge Kirchberger brillieren…“
Eine kleine Sammlung der außergewöhnlichsten Momente und Situationen, welche Roland Trettl in den acht Jahren dort erfahren hatte, wird am Anfang des Buches höchst unterhaltsam vermittelt. Wie zum Beispiel der aberwitzige Diebstahl des Audi S4 von Eduard Hitzelsberger, der zu diesem Zeitpunkt noch in seinem Kofferraum sämtliche Fonds, Gewürze & Kräuter zwischen lagerte. Dessen illegaler Transfer Richtung Osten wurde schlichtweg an der tschechischen Grenze gestoppt, konsequenter weise mit eröffnetem „Feuer“. Das Auto und der Kofferrauminhalt waren danach nicht mehr zu genießen, in jeglicher Hinsicht.
Danach geht es dann sofort mit den einzelnen Menüs los, welche in ihrem Umfang exklusive der Amuse bouches und Snacks 9 Gänge umfassen.
„Von Anfang bis zum Ende wird das Buch nicht langweilig,…“
Den Start macht Sven Elverfeld. Fünf Rezepte sind hochwertig aufgemacht und werden komplett und sehr ausführlich rezeptiert. Die Food Fotos von Helge Kirchberger brillieren allesamt durch die permanente Schärfe und knackigen Farben. Exakte Bilder, welche auf den Punkt gleichmäßig ausgeleuchteten Kunstwerke anschaulich darbieten. Dass dabei auf schwarzes Porzellan zurück gegriffen wird, mag vielleicht am Anfang kurz irritieren, aber wirkt dann mehr und mehr.
Es folgen noch: Mauro Colagreco, Enrico & Roberto Cerea, Marcus G. Lindner, Claus- Peter Lumpp, Daniel Humm, Anatoly Komm, Emmanuel Renaut, Peter Goossens,
Alvin Leung & Xavier Pellicer
Von Anfang bis zum Ende wird das Buch nicht langweilig, im Gegenteil, es ist faszinierend, mit welcher Präzision hier teilweise gekocht und angerichtet wird.
Als Host lässt es sich R.T. nicht nehmen, bei jedem Gastkoch auch selbst einmal den Part eines Besuchers einzunehmen. So bekommt der Leser auch einen genauen Eindruck der Gaumenfreu(n)de mittels der wunderbar geschriebenen Stories über die getätigten Stippvisiten. Untermalt wird die Reise natürlich auch mit sehr schön anzuschauenden Collagen.
An sich wäre das bis jetzt gesehene für mir schon längst Grund genug gewesen, Euch eine Kaufempfehlung auszusprechen. Am Ende angekommen und schon kurz vor dem Zuschlagen des Werks gibt sich eine Rarität zum Vorschein. Dort sind auf der Innenseite des Buchdeckels als Zugabe noch zwei DVDs abgelegt, welche die Arbeit mit den Kollegen als Dokumentarfilm beinhalten.
Wer also schon immer mal sehen wollte, wie Sven Elverfeld mit einem Jäger die Wälder inspiziert und die „Beute“ dann im eigenen Restaurant verarbeitet, sollte dann diesen Anreiz zum Kauf nutzen. So hochwertig und schön produziert sucht man wahrscheinlich lang nach vergleichbaren Dreingaben in den Kochbuchgefilden.
Ein absolut ästhetisches und sehr inspirierendes Kochbuch! Es muß unglaublich sein, dort als Koch zu arbeiten, da man so an wahnsinnig viel Input kommt, und wohl jeden Monat eine vollkommen andere Kochphilosophie gelebt wird, die aber immer auch ein gemeines Ziel kennt: Vollgas, …aber sowas von!
Copyright sämtlicher Bilder: Helge Kirchberger
Hinweis der Redaktion
Ein Teil der besprochenen Produkte wurden von Unternehmen zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.